Kreis Germersheim Zwei Jahre Rechtsstreit für zwei Monate Geld

Die Geschichte geht zurück auf das Jahr 2005. Der Kandeler Peter Becker wurde mit seinem damaligen Arbeitgeber Siemens über Altersteilzeit einig und arrangierte sich mit der Aussicht, mit 62 Jahren in Rente zu gehen. So weit, so gut. Becker ist in Rente, aber bis vor wenigen Wochen lebte er im Rechtsstreit mit der Arbeitsagentur Landau, die ihm Arbeitslosengeld für zwei Monate Übergangszeit zwischen Altersteilzeit und Rente verweigert hatte. Becker hat mittlerweile zwei Prozesse gegen die Agentur gewonnen und sein Geld nachgezahlt bekommen – er hat aber auch den Glauben an eine funktionierende Arbeitsagentur und ihren gesellschaftlichen Sinn verloren. Auf seiner Internetseite, wo er seinen Fall dokumentiert hat, schreibt er: „Es ist verlogen, ein Amt in ’Agentur’ und Arbeitslose in ’Kunden’ umzubenennen, wenn sie weiterhin wie zu Kaiser-Wilhelm-Zeiten wie Bittsteller behandelt werden, denen man mit bürokratischen Spitzfindigkeiten oder Ignoranz Dinge verweigert. (Bei Hartz-4-Empfängern soll es ja noch viel schlimmer sein.)“ Ob zwei Monate Arbeitslosengeld einen jahrelangen Rechtsstreit wert sind, mag jeder für sich selbst entscheiden. Die Arbeitsagentur pochte auf Gleichberechtigung aller Antragssteller – und scheiterte damit in zwei Instanzen vor dem Sozialgericht. Informatiker Becker war bei Siemens ausgeschieden, im Glauben, nach über 35 Beitragsjahren nach der Altersteilzeit mit 62 Jahren und den damals üblichen Abschlägen in Rente gehen zu können. Mittlerweile führte die Bundesregierung die Rente mit 67 ein, alles wurde nach hinten verschoben. Peter Beckers Rente mit 62 um genau zwei Monate. Kein Problem dachte sich Becker, zwei Monate Arbeitslosengeld zum Überbrücken, dann Rente. Diese Rechnung machte er allerdings ohne die Arbeitsagentur. Die pochte auf Gleichberechtigung mit all jenen, die ihr Arbeitsverhältnis (wie Becker mit seinem Altersteilzeitvertrag) selbst kündigen. Deshalb wird eine sechswöchige Sperrzeit für das Arbeitslosengeld verhängt. Wohl wissend, dass eine Jobvermittlung – siehe Gleichberechtigung – zwei Monate vor Rentenbeginn nicht richtig sinnvoll ist. Kurze Umschreibung vieler Briefwechsel und Telefonate: Becker klagt vor dem Sozialgericht in Speyer, bekommt Recht. Die Agentur akzeptiert das nicht, schöpft Fristen bis zum Ende aus, erhält sogar einmal Fristverlängerung und legt Berufung ein beim Landessozialgericht in Mainz. Doch auch dort entscheidet das Gericht zugunsten Beckers, hängt die Hürden für eine Revision so hoch, dass die Arbeitsagentur verzichtet. Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig, der Kandeler hat sein Arbeitslosengeld für die beiden Monate bekommen. Was mit dem geplanten Renteneintritt am 31. August 2011 als Streit um zwei Monate Arbeitslosengeld begann, endet jetzt also nach zweieinhalb Jahren, zwei Gerichtsinstanzen, unzähligen Briefwechseln, etlichen Telefonaten und zwei Zeitungsberichten. Und damit, dass ein Bürger den Glauben an das Funktionieren der sogenannten Arbeitsverwaltung komplett verloren hat. Für die Agentur ist der Fall abgehakt. Die Agentur werde sich in ähnlich gelagerten Fällen an dieser Entscheidung orientieren, sagte der stellvertretende Leiter der Arbeitsagentur Landau, Konrad Stephan. „Wenn es zwei unterschiedliche Rechtsauffassungen gibt, entscheidet das Gericht“, so Stephan. Die Agentur habe die Altersteilzeit-Kündigung Beckers als Maßstab genommen, das Gericht habe bewertet, dass Becker ja nie vorgehabt habe, arbeitslos zu werden.

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