Kreis Germersheim Vor dem Wahlkampf kommt der Kampf um Kandidaten

Die FDP im Kreis wirbt um Kandidaten für die Kommunalwahl.
Die FDP im Kreis wirbt um Kandidaten für die Kommunalwahl.

Abende im Gemeinderat verbringen, dicke Stapel Papier lesen, Plakate kleben und Ideen mitentwickeln: Auch die Kommunalpolitik benötigt Ehrenamtliche. Doch die sind schwer zu finden. Deshalb hat die FDP schon jetzt die Infostände ausgepackt. Wahlkampfgeschenke gab es nicht, dafür viele Gespräche, sagen der Bundestagsabgeordnete und Rülzheimer Gemeinderat, Mario Brandenburg, und der Kandeler FDP-Sprecher Ernst Rassenfoß.

Aufklären über Kommunalpolitik und zuhören, wenn es um Probleme in den Ortsgemeinden geht. Das war das erklärte Ziel der Infostände. Im Fokus stehe sonst meist der größte Ort der Verbandsgemeinde, sagt Rassenfoß mit Blick auf Kandel. „Auch in Rülzheim fällt bestimmt so manches Herzensthema in den anderen drei Orten hinten runter“, sagt Brandenburg . Aber warum informiert die FDP jetzt, wenn doch erst im Mai 2019 gewählt wird? „Für jemanden, der nicht im Betrieb ist, ist es nicht ersichtlich, dass es jetzt schon losgeht“, sagt Brandenburg. Aber die Listen für die Kommunalwahl 2019 würden derzeit aufgestellt. „Im Wahlkampf kommen dann Interessierte und sagen, jetzt würde ich mitmachen. Dann muss ich sagen: Da musst du leider 5 Jahre warten.“ Zumindest, wenn es darum geht, gewählt zu werden. Ehrenamtler sollen also her. Das Problem: „Die, die was tun, an denen hängt alles“, sagt Rassenfoß und spricht durchaus aus Erfahrung. Rassenfoß ist seit 2005 in der FDP, er hat noch zahlreiche andere Posten – im Singkreis, Musikverein, Bürgerverein, ist Ausbildungspate. „Ich brauche noch einen Terminkalender“, sagt der 72-Jährige schmunzelnd. Außerdem sitzt er in verschiedenen Ausschüssen des Stadtrats. „Am Stammtisch rumschreien bringt nichts.“ Beide wollen ausdrücklich „nicht in den Chor, dass alles schlecht ist, einstimmen“. Die jungen Leute machen nicht nichts, sie machen andere Sachen, lautet ihr Tenor. Aber kann man von Ehrenamtlichen, die in kleineren Orten vom Bratwurstverkauf am Weihnachtsmarkt bis zum Schulbasar alles stemmen, auch noch erwarten, dass sie sich in die Kommunalpolitik einbringen, fragt Brandenburg. Der Bundestagsabgeordnete selbst ist seit 2010 in der FDP. „Man muss raus aus dem wie wir es immer gemacht haben“, lautet seine Überzeugung. Die Parteien – dabei schließt der Wirtschaftsinformatiker seine eigene nicht aus – hätten noch keine Formate gefunden, die der Zeit entsprechen. Junge Menschen skypen mit Oma und chatten mit Opa „und dann kommt die schriftliche Einladung zur Sitzung“, sagt er mit einem Seufzer. Zudem könne man in der Ferne leben und trotzdem mit seinem Heimatort verbunden sein, sagt Brandenburg. Er selbst kennt Menschen in Holland und Singapur, die die Entwicklungen in Rülzheim verfolgen und kommentieren. Brandenburg kann sich deshalb vorstellen, Ratssitzungen zu streamen, also im Internet zu übertragen. Außerdem soll es möglich sein, gemeinsam an einem Text – zum Beispiel einem Wahlprogramm – im Internet zu arbeiten. Und warum muss man bei einer Diskussion persönlich anwesend sein und kann nicht auf einem Monitor dazugeschaltet werden? Aber es ist nicht nur der fehlende Einsatz der technischen Möglichkeiten. Oft fehlt es auch schlicht an Wissen darüber, wie man sich kommunalpolitisch einbringen kann. „Da sind wir in der Erklärschuld“, sagt Brandenburg und schildert ein Beispiel: Wer vielleicht nicht über den Friedhof im Ort diskutieren, aber gerne einmal im Monat über die Wirtschaftspolitik seiner Partei mitreden will, der könne ja in einem Landesfachausschuss gehen. „Das wird in den Schulen so auch nicht behandelt“, merkt Rassenfoß kritisch an. Jüngst wurden bei einer FDP-Mitgliederversammlung die Listen für den Stadtrat und den Verbandsgemeinderat festgelegt. Dabei findet sich zwar noch kein Neuzugang aus den vergangenen Wochen. Aber an dem Abend ging ein Aufnahmeantrag ein – vermutlich ein Ergebnis der Gespräche am Infostand. Und ein neuer Name, der vielleicht das nächste Mal auf einer Liste stehen wird.

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