Kreis Germersheim Schwarzfahren entkriminalisieren? Das sagen Unternehmen

Fahrscheinkontrolle: 2017 wurden in Rheinland-Pfalz 1777 Personen wegen Schwarzfahrens verurteilt.
Fahrscheinkontrolle: 2017 wurden in Rheinland-Pfalz 1777 Personen wegen Schwarzfahrens verurteilt.

Bislang Straftat nach Paragraf 265a Strafgesetzbuch - RNV, KVV und Busunternehmen Pfadt mit unterschiedlichen Standpunkten

Manche sprechen sich dafür aus, „das Erschleichen von Beförderungsleistungen“ – so die juristisch korrekte Bezeichnung – nicht mehr als Straftat, sondern als Ordnungswidrigkeit zu ahnden. Vor wenigen Tagen wurde eine vierfache Mutter wegen mehrfachen Schwarzfahrens vom Amtsgericht Germersheim zu einem halben Jahr Gefängnis verurteilt. Wie sehen das die Betreiber öffentlicher Verkehrsmittel in der Region? Die RHEINPFALZ hat dazu den Rhein-Neckar-Verkehr (RNV), den Karlsruher Verkehrsverbund (KVV) sowie das Busunternehmen Pfadt-Reisen aus Germersheim befragt.

Rhein-Neckar-Verkehr

Wie steht der RNV dazu, Schwarzfahren als Ordnungswidrigkeit einzustufen?

Schwarzfahren ist kein Kavaliersdelikt. Es verursacht große wirtschaftliche Schäden, ist Betrug an allen ehrlichen zahlenden Fahrgästen und letzten Endes auch Betrug an der Allgemeinheit. Von daher sehen wir die Planungen, Schwarzfahren zur Ordnungswidrigkeit herabzustufen, zumindest kritisch. Schwarzfahren darf dadurch auf gar keinen Fall bagatellisiert werden. Welchen Aufwand bedeutet es für Ihr Unternehmen, Schwarzfahrer aufzuspüren? Wir sind ohnehin seitens des Verkehrsverbunds dazu verpflichtet, eine gewisse Prüfquote zu erreichen. In den letzten Jahren haben wir unser Prüfpersonal etwas verstärkt. Wie viele werden erwischt? Und bei wie vielen wird tatsächlich ein Strafverfahren eingeleitet? Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir keine absoluten Zahlen veröffentlichen. Bezüglich der Strafverfahren ist es so, dass es bei Ersttätern einen gewissen Ermessensspielraum gibt, ob wir einen Fall zur Anzeige bringen oder nicht.

Karlsruher Verkehrsverbund

Wie steht der KVV dazu, Schwarzfahren als Ordnungswidrigkeit einzustufen?

Der Karlsruher Verkehrsverbund befindet sich bei diesem Thema auf einer Linie mit der Einschätzung des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). Schwarzfahren ist in Deutschland eine Straftat und sollte es aus Sicht des KVV auch bleiben. Eine Herabstufung des Schwarzfahrens zu einer Ordnungswidrigkeit würde beispielsweise bedeuten, dass die Kontrolleure nicht mehr die Möglichkeit zur vorläufigen Festnahme eines Schwarzfahrers hätten. Eine Feststellung der Personalien vor Ort wäre damit so gut wie nicht mehr möglich. Das käme einem Freifahrtschein fürs Schwarzfahren gleich. Durch Schwarzfahren geht jährlich eine hohe Summe an Ticketeinnahmen verloren. Wer schwarzfährt, schadet durch sein Verhalten letztendlich der Allgemeinheit – alle ehrlichen Kunden müssen dies über die Ticketpreise mitbezahlen. Welchen Aufwand bedeutet es für Ihr Unternehmen, Schwarzfahrer aufzuspüren? Täglich sind in den Bussen und Bahnen der Verkehrsunternehmen im KVV-Gebiet zahlreiche Teams von Kontrolleuren – häufig in Form von bis zu drei Kontrolleuren – unterwegs. Es handelt sich hierbei also um ein personal- und damit auch kostenintensives Thema. Wie viele werden erwischt? Und bei wie vielen wird tatsächlich ein Strafverfahren eingeleitet? Die Zahl der Schwarzfahrer ist im KVV-Gebiet seit mehreren Jahren ziemlich konstant und liegt bei rund 2,1 Prozent der Gesamtzahl an Fahrgästen. Hierdurch gehen den Verkehrsunternehmen jährlich rund 6 Millionen Euro an Fahrgeldeinnahmen verloren. Wer beim Schwarzfahren erwischt wird, muss ein erhöhtes Beförderungsentgelt entrichten. Bei wiederholtem Schwarzfahren wird vonseiten des KVV zudem Anzeige erstattet.

Pfadt-Reisen

Wie steht ihr Unternehmen dazu, Schwarzfahren als Ordnungswidrigkeit einzustufen?

Besser als Ordnungswidrigkeit einstufen und Bußgeld tatsächlich beitreiben als ein Straftatbestand, der nicht verfolgt wird. Welchen Aufwand bedeutet es für Ihr Unternehmen, Schwarzfahrer aufzuspüren? Unser Fahrpersonal macht eine Sichtkontrolle der Tickets beim Einsteigen der Fahrgäste, ist also kein Zusatzaufwand, Fahrscheinkontrolleure liegen im Aufgabenbereich des Verkehrsverbundes und/oder des Konzessionsinhabers. Wie viele werden erwischt? Und bei wie vielen wird tatsächlich ein Strafverfahren eingeleitet? Schwarzfahrer werden in Ermangelung des Einsatzes von Fahrscheinkontrolleuren nur sehr selten erwischt. Schwarzfahren ist im Überland-Linienverkehr wohl eher ein kleineres Problem als im ÖPNV in Ballungszentren. Von einem jemals eingeleiteten Strafverfahren ist uns nichts bekannt.

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