Kreis Germersheim Offiziere fordern Wein und Fleisch

GERMERSHEIM. Nach dem Tod des letzten spanischen Habsburgers Karl II. führten Frankreich und das habsburgische Österreich einen Krieg um die „frei“ gewordene spanische Krone. Der Konflikt, der als „Spanischer Erbfolgekrieg“ in die Geschichtsbücher einging, dauerte von 1701 bis 1714 und wurde mit unterschiedlichen Allianzen in vielen Regionen Europas ausgetragen, wobei Kurpfalz auf kaiserlicher Seite gegen Frankreich stand. Germersheim hatte mit seinen Besatzungstruppen schon immer eine große Last zu tragen (wir berichteten Freitag, 21. November).

Zu den von den Bürgern erhobenen „gemeinen Umblagen“ gesellten sich durch die Aufenthalte der häufig wechselnden Besatzungstruppen von Anfang an auch Naturalleistungen, die sich aus den zahlreichen Bedürfnissen des Militärs ergaben. Zu den offiziellen Fouragierungen kamen zahlreiche Leistungen an französische Offiziere, die ihren persönlichen Bedarf auf diese Weise sicherstellten. So erhielten die beiden Kommandanten der in Germersheim liegenden Garnison, de Perrent und d’Heronville, von Mitte Juni bis Ende August 1714 Fisch, Fleisch, Brot, Butter, Gemüse und Gewürze im Wert von 360 Gulden, was nahezu schon ein Sechstel der Gesamtausgaben des Rechnungsjahres 1713/14 ausmachte. Aber auch andere Offiziere, die nicht der Germersheimer Garnison angehörten, ließen mehr als einmal Wein abholen. Ein beredtes Zeugnis dieser Praktiken ergibt sich aus der Rubrik „Ausgab Gelt zu Parthey Zehrungen“ des Jahrgangs 1713/14 der Germersheimer Stadtrechnungen, in der der Germersheimer Stadtschreiber nur noch resigniert zusammenfassen konnte: „Ebenmäßig hat der Capitain des Guides seinen Flaschen Keller mit altem wein, die maß ad 12 Batzen füllen laßen, so thut 5 fl. [Gulden] 36 xr [Kreuzer]. In gleichem hat der Obrist Wachtmeister von Hußaren seinen Flaschen Keller mit altem wein füllen laßen mit 6 Maß 1 Schoppen thut 5 fl., Item hat auch Lieutnant Provos seinen Flaschen Keller füllen laßen mit altem wein thut 5 fl. 24 xr., Item der General Quartiermeister hat an altem wein holen laßen pro 5 fl. 12 xr.“ In besonders maßloser Weise betrieb der bereits erwähnte Kommandant d’Heronville offenbar diese Art der „persönlichen Requisition“, da er im Rechnungsjahr 1714 nicht weniger als 288 Maß alten und 35 Maß neuen Weines zu seinem persönlichen Bedarf abführen ließ, was die Stadt übrigens eine Summe von über 155 Gulden kostete. Diese Beispiele verdeutlichen, welchen Beschwernissen man in Germersheim während der Kriegsjahre von 1701 bis 1714 ausgesetzt war. Die Folgen der permanenten wirtschaftlichen Belastungen wirkten sich nachhaltig auf die Lebensverhältnisse der Bürger aus: So finden sich in den Quellen Hinweise, wonach in mehreren Jahren die Bauern ihre Felder nicht bestellen konnten, da „die Armee“ – welche auch immer! – dort ihre Zelte aufgeschlagen hatte. Die oftmals willkürliche Entnahme von Holz zu Bau- und insbesondere Heizzwecken durch das Militär führte wiederum zu massiven Schäden in den Wäldern der Stadt, die den Nutzwert als Einnahmequelle beeinträchtigten. Der althergebrachte Pfingstmarkt, durch den die Stadt Einnahmen in Form von Standgeld erwirtschaftete, konnte 1714 infolge der „hier gestandenen Frantz. Truppen“ nicht stattfinden, wie der Stadtschreiber in den Rechnungsbänden vermerken musste. Im gleichen Jahr wurde zusätzlich darauf verzichtet, die „Beet“, eine Steuer, deren Ertrag der Stadt zustand, „wegen großer Armuth der Leuthen“ zu erheben.

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