Kreis Germersheim Nichts hält sie auf den Bänken

Schaidt. Nicht nur die deutsche Nationalmannschaft, sondern auch die Fußballfans in Schaidt sind gegen Portugal erfolgreich in die WM gestartet: Die Grenzgrawehalle des Clubhauses des heimischen TUS Schaidt hatte sich beim Public Viewing sogar derart gut gefüllt, dass weitere Bierbänke aufgestellt werden mussten. Nur ein Wunsch konnte dem Fußballvolk nicht erfüllt werden. Zumindest noch nicht.

„Miro Klose – Ich will ein Tor von Dir!“ prangt der unmissverständliche Wunsch eines Fans direkt neben der Leinwand. Und vielleicht mag die nervöse Anspannung der Gäste vor dem Spiel auch daran liegen, dass der so direkt angesprochene Heilsbringer nicht in der Startelf steht. Wer außer „Miro Nationale“ soll denn jetzt bitte schön die Tore schießen? Zur Nationalhymne erheben sich erst zwei, dann drei Besucher, ehe sich schließlich ausnahmslos hoch wuchten und die Hymne mitsingen. Und das sogar würdig und gekonnt. Viele haben sich mit Deutschland-Trikot, Gesichtsbemalung und sonstigen schwarz-rot-goldene Accessoires in die dem Anlass entsprechende Tracht geworfen, allen vor allem die Jüngeren. Aber gerade die Älteren begegnen dem nationalen Hochamt eher nüchtern. Ihre gewiss ausschließlich von den unüberdachten Stehrängen des Betzenbergs, Wildparkstadions oder vom Horeb wettergegerbten Gesichter erzählten von einem Fußball, wie er früher einmal war. Von damals, als mit dem Erwerb der Eintrittskarte und der schlichten Präsenz im Stadion das höchste Maß an äußerer Identifikation mit dem Klub der Herzen bereits erreicht war. Das angebotene Speisen- und Getränkeangebot duftet herrlich nach diesen Zeiten. Es gibt Bier, Wasser und Apfelschorle, dazu belegte Brötchen sowie Steaks und Bratwurst vom Holzkohlegrill. Das ist ganz alte Schule und völlig ausreichend. Dass der Grillmeister alsbald die Frage stellt, „Sehen Sie etwas? Ich habe meine Brille vergessen und sehe nur grün, weiß und rot“ irritiert nur für den Moment. Denn sein Handwerk scheint er auch blind zu verstehen, alles ist auf den Punkt zubereitet. Schon bald kommt es bei einer Chance Ronaldos zur ersten kollektiven Panikattacke, die allerdings umgehend abgelöst wird von entsetztem Aufstöhnen, als Khedira das leere Tor verfehlt. Doch dann läuft es und werden alle Fans, gleich welchen Alters oder Geschlechts von Müller und Hummels regelrecht von den Sitzflächen geschossen. Da verlässt selbst der Herr des großen Schwenkgrills seinen einsamen Platz und kommentiert die Torflut mit „saustark, jawoll!“ sach- und fachgerecht als das, was sie ist. Selbst einen folgenden Tonausfall nimmt die Menge mit „högschder Disziplin“ und Gelassenheit hin. In der Halbzeit wird diese Panne für zwei Jungs dann der Anlass zum Frozzeln sein: „Den Ton hat bestimmt Dein Vater abgestellt, damit er moderieren kann!“ Mit der Halbzeit ist von der anfänglichen Nervosität der Fans nichts mehr zu spüren. Die Messe ist für alle gelesen, es darf auch mal geplaudert werden. Der bald vierjährigen Lara wird es nun rasch langweilig und zieht sie bei den Worten „noch eine halbe Stunde“ eine enttäuschte Schnute. Trikot und Wangenbemalung hin oder her, ab jetzt werden von ihr draußen die bruzzelnden Steaks und Würste gezählt und der selbstverständlich äußerst interessierten Mutter als Zwischenstände übermittelt. Die allgemeine Stimmung ist prächtig und steigert sich mit dem vierten Tor sowie den sportlichen und gesichtsmotorischen Entgleisungen des portugiesischen Weltstars Christiano Ronaldo. Hier eine Runde Mitleid, dort wiederum ein kräftiges Gelächter. Dem Schlusspfiff folgt stürmischer Beifall. Und den gibt es wohl nicht nur für die deutsche Elf, sondern auch für eine rundum gelungene Veranstaltung an sich.

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