Kreis Germersheim Maut schadet dem kleinen Grenzverkehr

Rund 1800 französische Grenzgänger arbeiten laut Edelmann im Wörther Lkw-Werk. „Das sind schon viele.“ Indes bedeute eine Straßengebühr nicht nur für die Kollegen, die jenseits der Grenze wohnten, zusätzliche Kosten, sondern womöglich für alle Pendler. Die Leute führen schließlich nicht aus „Jux und Dollerei“ durch die Gegend. „Ich bin generell kein Fan davon, die Arbeitnehmer weiter zu belasten“, erklärt Edelmann weiter. „Lieber sollte man die Reichen von ihrem Geld entlasten!“ Nach den Plänen von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sollen zwar deutsche Autofahrer im Gegenzug für die Maut bei der Kfz-Steuer entlastet werden, so dass ihnen im Gegensatz zu Ausländern keine zusätzlichen Kosten entstehen. Diese Plänen stoßen bei der EU-Kommission aber auf Vorbehalte, weil sie darin eine Diskriminierung der Autofahrer aus anderen Mitgliedsländern vermutet. Nach Schätzungen des staatlichen französischen Statistikamtes Insee überqueren täglich rund 50.000 französische Grenzgänger auf dem Weg zur Arbeit den Rhein. Das meldet die Nachrichtenagentur AFP. Außerdem kauften viele Elsässer oder Lothringer in deutschen Städten nahe der Grenze ein, weil zahlreiche Produkte billiger sind als in Frankreich. Folglich wecken Dobrindts Mautpläne im Elsass Sorge und Empörung: „Eine Maut auf allen Straßen finde ich ein bisschen zu viel“, sagt Robert Heimlich, Aufsichtsratsvorsitzender der Grenzgängervereinigung Elsass-Lothringen und Bürgermeister des französischen Ortes Forstfeld nahe der Grenze bei Iffezheim. Für Berufspendler befürchtet er Kosten von 120 bis 150 Euro pro Jahr. Auch wer nur „geschwind“ zum Einkaufen oder essen gehen wolle, müsse die zehn Euro für die Zehn-Tages-Vignette bezahlen. Heimlich warnt aber auch vor negativen Folgen für deutsche Händler und Betriebe im Grenzgebiet: Viele hätten 30 bis 50 Prozent elsässische Kunden. Die könnten zukünftig ausbleiben. Vor allem empfindet Heimlich die Maut auf allen Straßen als einseitig. Er verweist darauf, dass Wegezoll in Frankreich nur auf Autobahnen gelte. Aber auch hier gebe es Ausnahmen. So sei etwa die grenznahe Autobahn zwischen Straßburg, Lauterbourg und Mülhausen kostenlos. „Wir sind in Europa, da sollten die Länder in solchen Dingen besser übereinstimmen“, sagt Heimlich. „Diskriminierend“, findet auch der elsässische Automobilclub (ACA) die geplante Maut. Dies gelte sowohl für den Preis als auch für die Anwendung. Für den Fall, dass Deutschland seine Mautpläne umsetze, könnte der Automobilclub den französischen Staat auffordern, dagegen zu intervenieren, sagte dessen Präsident Roger Braun der Nachrichtenagentur AFP. Der Club verweist auf die Schweizer Vignette, die pro Jahr 33 Euro kostet und nur für die Autobahnen vorgeschrieben ist. Deutsche oder Franzosen können daher auf der Landstraße gebührenfrei etwa nach Basel fahren, um dort ins Museum zu gehen oder einzukaufen. Der Bundestagsabgeordnete Thomas Hitschler und der Landtagsabgeordnete Alexander Schweitzer (beide SPD) warnen vor möglichen Negativfolgen der Pkw-Maut für die Südpfalz: „Wir leben vom kulturellen und wirtschaftlichen Austausch mit unseren Nachbarn. Eine Pkw-Maut darf keine neuen Grenzen mit negativen Folgen für Regionen wie die Südpfalz schaffen“, geben die beiden Sozialdemokraten zu bedenken. Für den Tagestourismus, grenznahe Geschäfte und grenzüberschreitende Berufspendler könnte eine Pkw-Maut auf allen Straßen neue Hürden aufstellen. Skeptisch äußert sich der Germersheimer Landrat Fritz Brechtel (CDU) in seiner Funktion als Vorsitzender der grenzüberschreitenden Eurodistrict Regio Pamina. Dobrindts Mautkonzept laufe den Bemühungen für einen durchlässigen Arbeitsmarkt entgegen. Zumal der grenzüberschreitende öffentliche Nahverkehr kaum Alternativen zum Auto biete. „Es gilt, wachsam zu bleiben und die deutsche Regierung für die besondere Situation in den Grenzräumen zu sensibilisieren.“ Bei der konkreten Ausgestaltung der Maut müssten die Auswirkungen auf den lokalen Grenzverkehr und die Region genau geprüft und beachtet werden, fordert der südpfälzische Bundestagsabgeordnete Thomas Gebhart (CDU). Die Grundidee einer Pkw-Maut teilt Gebhart. Sie sollte nicht im Widerspruch stehen zu den vielfältigen Bemühungen, den Austausch zum Beispiel zwischen dem Nordelsass und der Südpfalz zu intensivieren. Menschen, die im Elsass wohnten, sollten nicht davon abgehalten werden, gelegentlich die kurzen Wege für einen Einkauf in Kandel, eine Fahrt ins Schwimmbad oder den Besuch bei Freunden zu nutzen. „Der Alltag ist geprägt von einem grenznahen Verkehr, der sich vom Transitverkehr auf den Bundesautobahnen wesentlich unterscheidet“, sagt Gebhart. In Frankreich wird zudem befürchtet, dass Autofahrer aus Luxemburg oder der Schweiz auf elsässische und lothringische Straßen ausweichen könnten, um die deutsche Maut zu umfahren. Seit Einführung der Lkw-Maut in Deutschland ist bereits der Schwerverkehr auf der gebührenfreien Autobahn A 35 im Elsass deutlich angestiegen.

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