Kreis Germersheim Einst prachtvolle Allee muss fallen

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Heute ist es besonders ruhig auf dem Windener Friedhof. Von den Feldern her hört man entfernt das Krächzen einer Krähe. Nur das Rascheln der Blätter im Wind unterbricht ansonsten die vormittägliche Stille. Doch selbst dieses Geräusch werden die Friedhofsbesucher bald schon vermissen. Zumindest vorerst. 20 Linden – und damit die gesamte Allee zwischen Friedhof und Leichenhalle – fallen in den kommenden Monaten der Axt zum Opfer.

Keine einfache Entscheidung für Ortsbürgermeister Peter Beutel. Selbst 65 Jahre alt, kann er sich an eine Zeit ohne Linden-Allee auf dem Friedhof gar nicht mehr erinnern. Doch so eindrucksvoll die Laubbäume lange den knapp 100 Meter langen Kiesweg umsäumten - heute bieten sie ein trauriges Bild. „Unsere Bäume sind sehr krank“, erklärt Beutel. Teilweise sind bereits mit bloßem Auge tiefe Löcher in der Rinde erkennbar. Deutlich tritt an den Stämmen der Pilzbefall hervor. Die Kronen sind in der Mehrzahl sogar bereits abgestorben. „Zwei Bäume waren bereits so morsch, das sie in den vergangenen Jahren einfach umgefallen sind“, berichtet der Bürgermeister. Um die Sicherheit auf dem Friedhof weiter zu gewährleisten, sah sich die Gemeinde in der Pflicht. Georg Roth von der Naturschutzbehörde der Kreisverwaltung unterzog die Linden deshalb einer fachmännischen Untersuchung. An Ende der Inspektion stand schließlich das fatale Urteil. „In der freien Natur kann eine solche Winterlinde auf 20 bis 25 Meter Höhe anwachsen“, erklärt der Diplom-Ingenieur für Landespflege. Mit der Absicht, einen natürlichen Torborgen zu schaffen, seien die Bäume allerdings sehr dicht zueinander gepflanzt und deshalb entsprechend häufig an der Baumkrone gekürzt worden. Über Jahrzehnte hinweg fügte man den Bäumen auf diese Weise tiefe Schnittwunden zu. Von oben konnten allmählich Regen, Schnee, Eis und Wind ins Bauminnere eindringen. Die Vitalität und Stabilität der Linden litt und es bildeten sich zunehmend morsche Stellen. „Ein auf diese Weise angeschlagener Baum ist zudem deutlich anfälliger für Sekundärkrankheiten“, weiß Georg Roth. So wurden die Linden ein leichtes Ziel für Käfer und Pilze. Beim Anlegen und der Unterhaltung des Kieswegs und später auch um das Einwachsen auf naheliegende Gräber zu verhindern, wurde außerdem das Wurzelwerk der Bäume massiv beschnitten. Abseits der Allee, finden sich in der Nähe des Komposts eine Kastanie und eine Linde, die sich in deutlich besserem Zustand befinden. Natürlich bleiben diese Bäume von den Fällarbeiten verschont. Trotz des Verlusts der beinahe 80 Jahre alten Bäume sieht Bürgermeister Beutel die Umgestaltung des Friedhofs auch als Chance. Nach der Fällung und der Aushebung des Wurzelwerks sollen gerade für Senioren angenehmer begehbare Wege angelegt werden. Zudem begegne man dem steigenden Bedarf an Urnengräbern mit der Gestaltung eines neuen Grabfeldes, sagte Beutel. Schließlich soll auch wieder eine neue Allee angelegt werden. Die Probleme sollen dieses Mal allerdings an der wortwörtlichen Wurzel gepackt werden: Auf Empfehlung der Naturschutzbehörde werden bald schon schlanke und von Natur aus kleinwüchsigere Bäume in etwa 50 Zentimeter tiefen, nach unten offenen Ringschalen in den Boden eingelassen werden. Zusätzlich zu diesem Wurzelschutz sollen starke Rückschnitte der Kronen und der Wurzeln vermieden und damit einhergehende Baumkrankheiten in Zukunft zumindest eingedämmt werden. Spätestens zum Frühjahr soll der Wind dann auch auf dem Windener Friedhof wieder durch die Blätter rascheln. (dasc)

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