Kreis Germersheim Ein Joint gegen die Schmerzen

Wenn ein 40-Jähriger aus dem nördlichen Landkreis Germersheim keine Spenderleber bekommt, wird er bald sterben. Drogen haben ihn krank gemacht, mit Drogen versucht er jetzt die Schmerzen zu betäuben. Wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz verurteilte ihn das Amtsgericht zu einer Gesamtstrafe von einem Jahr auf Bewährung. Die Bewährungszeit dauert drei Jahre.

Für den Drogenkonsum des Angeklagten hatte die Amtsrichterin in der Urteilsbegründung sogar Verständnis, weil er mit Marihuana seine Schmerzen lindert. Gleichzeitig erinnerte sie daran, dass der 40-Jährige vom Kokain überhaupt erst krank geworden ist. Deshalb sei nicht zu verstehen, dass er andere Menschen mit Drogen in Kontakt brachte. Ging es doch in der Anklage um über 20 Fälle des Handels mit Marihuana und Amphetamin. Als die Polizei an einen frühen Julimorgen 2012 seine Wohnung durchsuchte, traf sie zwei junge Frauen an. Vor ihnen auf dem Couchtisch zwei Lines mit Amphetaminen. Im Zeugenstand behaupteten die beiden steif und fest, sie hätten diese Drogen nicht konsumieren wollen. Auch vier weitere Zeugen stritten energisch ab, jemals Marihuana vom Angeklagten gekauft zu haben. Aber eine damals hoch schwangere Frau hatte in einem anderen Verfahren zugegeben, vom Angeklagten Drogen gekauft zu haben. Doch sie blieb dem Gerichtstermin fern. So wurde ein Fortsetzungstermin anberaumt, bei dem die Belastungszeugin gehört werden sollte. In den Zeugenstand musste sie dann doch nicht, denn inzwischen hatte der Angeklagte ein umfassendes Geständnis abgelegt. 0,5 Gramm des Cannabis-Wirkstoffes THC (Tetrahydrocannabinol) brauche er täglich, um seine Schmerzen zu lindern, hatte der Angeklagte angegeben. Auf legalem Wege habe er sich das nicht besorgen können. In Baden-Württemberg sei es leichter, ein Rezept für den Cannabis-Wirkstoff zu bekommen, so ein Bewährungshelfer. In Rheinland-Pfalz bedürfe es einer richterlichen Zustimmung. Auf Nachfrage teilte das rheinland-pfälzische Justizministerium mit: „Die Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) regelt in Paragraf 2, welche Betäubungsmittel vom Arzt auf einem speziellen Rezeptformular, dem sogenannten BtM-Rezept für einen Patienten verschrieben werden dürfen. Der Cannabis-Extrakt darf nur als Fertigarzneimittel (Handelspräparat Sativex) oder als in der Apotheke herzustellende Rezeptur (mit dem aus Cannabis gewonnenen Wirkstoff Dronabiol) verordnet werden. Eine direkte Verordnung von Haschisch auf (BtM-) Rezept ist nach den Bestimmungen der BtMVV nicht möglich.“ Für austherapierte Patienten wie den Angeklagten gebe es allerdings noch die Möglichkeit bei der Bundesopiumstelle im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM, Bonn) eine Ausnahmeerlaubnis zum Erwerb von Cannabis zu beantragen. Bei diesem Antrag wird die Verteidigerin dem 40-Jährigen nun helfen. Sofern der Drogenkonsum der Schmerztherapie diene, sei dieser zu dulden, sagte der Staatsanwalt. Auch machte er deutlich, dass die Bewährung trotz der schweren Krankheit widerrufen werden könne, wenn der Angeklagte Dritte in den Drogenkonsum hineinziehe. (mldh)

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