Kommentar Ein Dilemma für alle

Jedes Kita-Kind hat in Rheinland-Pfalz einen Anspruch darauf, werktags durchgehend sieben Stunden betreut zu werden.
Jedes Kita-Kind hat in Rheinland-Pfalz einen Anspruch darauf, werktags durchgehend sieben Stunden betreut zu werden.

Dass ein Kind keinen Ganztagsplatz mit Mittagessen in der Kita bekommt, ist kein Einzelfall. Bei dem Rechtsstreit der Hatzenbühler Familie geht es ums Prinzip.

Sieben Stunden lückenlose Betreuung steht jedem Kind ab zwei Jahren in Rheinland-Pfalz seit Mitte 2021 laut Gesetz zu. Das Land will die vielbeschworene Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern. So die Theorie. In der Praxis sieht es leider anders aus: Die Kitas haben zu wenig Personal und zu wenig Räume, um den Rechtsanspruch für alle umzusetzen. Viele Familien müssen mittags ihre Kinder abholen. Manche kriegen es irgendwie gebacken, oft helfen Verwandte aus. Andere müssen ihre Arbeitszeiten den Betreuungszeiten anpassen. Dabei ist es genau andersherum gewollt. Zwischen Anspruch und Realität klafft eine Riesenlücke. Der Gesetzgeber, das Land, ist dafür verantwortlich.

Die Voraussetzungen, dass alle Kinder mit Mittagessen in der Kita bleiben können, können die Träger schlicht nicht schnell erfüllen. Die Gemeinden sind komplett überfordert: Sie müssen an- oder neu bauen. Schon die Genehmigungen ziehen sich ewig hin. Sie müssen zusätzliches Personal auf einem leer gefegten Arbeitsmarkt finden. Und Geld haben sie schon gar nicht. Nicht nur die Familien sind in einem Dilemma, sondern auch die Kommunen und die anderen Träger.

Die meisten Familien nehmen ihre ausweglose Situation hin, eine Hatzenbühler Familie schlägt den juristischen Weg ein. Dafür gebührt ihnen Respekt. Letztlich kämpfen sie für unzählige Betroffene, es geht ums Prinzip. Das Land hat ein Gesetz verabschiedet, ohne sich offenbar den Auswirkungen voll und ganz bewusst zu sein. Kritik der Kommunen und rechtliche Schritte von Eltern sind die Quittung dafür.

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