Kreis Germersheim „Alles hier ist besser als dort“
Die Pamina-Verbandsversammlung am Mittwoch in Wörth war durchweg mit erfahrenen Kommunalpolitikern besetzt: Bürgermeister, Landräte und Kreistagsmitglieder. Routiniers also, die sich seit Monaten mit den Flüchtlingsströmen befassen. Vor allem, weil sie die Menschen unterbringen müssen. Mit einer Ausnahme: Der Karlsruher Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD). Seine Stadtverwaltung muss keine Flüchtlinge unterbringen. Der Grund: An der Durlacher Allee steht die bis vor kurzem einzige Erstaufnahmestelle in Baden-Württemberg. Sie beherbergt mit Außenstellen rund 5000 Neuankömmlinge, die stetig wechseln. Dennoch ließ Mentrups Lageeinschätzung aufhorchen: Es gebe Erkenntnisse, dass mit den Flüchtlingen nicht nur „Zufallskriminalität“ sondern auch „organisierte Kriminalität“ verbunden sei: „Es gibt organisierte Strukturen.“ Mentrups Einschätzung stieß am Donnerstag bei Karlsruher Polizei auf Unverständnis: „Beim Polizeipräsidium gibt es keine Erkenntnisse für organisierte kriminelle Strukturen in Asylbewerberheimen oder von Asylbewerbern“, sagte eine Sprecherin. Das sei kein Widerspruch, versuchte darauf der Leiter des städtischen Presseamts eine Erklärung. Für die Polizei sei „Organisierte Kriminalität“ eine andere Kategorie als für Mentrup, sagte Bernd Wnuck. Der Polizei gehe es um Schleuserbanden und die Mafia. Mentrup hingegen habe den Bereich der Kleinkriminalität im Blick gehabt: etwa Taschendiebe und Dealer. Dort könne man mittlerweile den Eindruck haben, dass es organisierte Strukturen gebe – aber keine organisierte Kriminalität im klassischen kriminologischen Sinne. Ganz andere Probleme bewegen den Germersheimer Landrat Fritz Brechtel (CDU). „Der Wohnraum ist nahezu ausgeschöpft, wir stoßen an unsere Grenzen“, sagte er. Sein Mittel dagegen: „Wir wollen neuen Wohnraum schaffen.“ Für 2016 erwartet er noch einmal so viele Flüchtlinge wie in diesem Jahr – „oder doppelt so viele“, falls der Strom anhält. Landrätin Theresa Riedmaier (SPD) sagte ebenfalls, dass Wohnraum knapp wird. Im Jahr 2012 musste der Kreis Südliche Weinstraße noch 93 Asylbewerber unterbringen, in diesem Jahr werden es um die 1000 sein. Sie wies aber auch auf das sehr große ehrenamtliche Engagement hin. „Die Integration wird die große Aufgabe der nächsten Jahrzehnte sein“, sah sie eine historische Dimension. Dafür würden jetzt die Weichen gestellt, jeder Fehler wird uns in einigen Jahren einholten, so Riedmaier. Landrat Jürgen Bäuerle (Rastatt, CDU) berichtete von Notfallplanungen. Falls über den Jahreswechsel eine Turnhalle gebraucht werde, müsse dies vorbereitet werden. Landrat Hans Jörg Duppré (Südwestpfalz, CDU) überlegt, große Liegenschaften anzumieten. Denn die dezentrale Unterbringung stoße an Grenzen. Gleichzeitig bedauerte er die Zustände in den Sammelunterkünften, die den Flüchtlingen keine Privatsphäre ließen. Kreisrätin Evelyn Herz (Rastatt, CDU) teilte diese Sichtweise nicht. Die Ärztin sagte, sie habe bei Hilfseinsätzen Teile Afrikas kennengelernt: „Alles was wir bieten, ist besser als dort.“ Im Moment flüchte vor allem die Mittelschicht. Sie verstehe zwar jeden Einzelnen, der dort weg will, betonte Herz. Aber wenn die Mittelschicht weg sei, seien nur noch die Armen dort und niemand mehr, der etwas aufbauen könne. „Dann wollen alle kommen. Ich weiß nicht, ob wir das aushalten.“ Ihr Appell: Jetzt in diesen Ländern helfen, damit die Menschen eine Perspektive dort haben. (lap)