Karlsruhe Sparkurs erschwert Richtersuche

Die Aktenberge im Sozialgericht Karlsruhe sind in den vergangenen Monaten etwas niedriger geworden. „Da liegt aber nicht daran, dass wir weniger Arbeit haben“, stellte Sozialgerichtspräsident Michael Zimmermann bei der Jahrespressekonferenz klar. Grund für einen Rückgang bei den Papierakten sei vielmehr Teilnahme am Pilotprojekt zur Einführung der elektronischen Akten in der baden-württembergischen Sozialgerichtsbarkeit.

In den vier Karlsruher Pilotkammern werden seit Mitte Juli zwischen 70 und 90 Prozent der Prozessakten elektronisch geführt. „Noch bedeutet dies wegen der teilweise umständlichen Handhabung allerdings einen Mehraufwand“, so Zimmermann. Deshalb müsste das Programm vor der geplanten landesweiten Einführung auch dringend weiter überarbeitet werden. Über mangelnde Arbeit konnten sich die derzeit vier Richter und zwölf Richterinnen im Sozialgericht im vergangenen Jahr auch sonst nicht beklagen. Mit 4028 Klagen und 385 Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz bewegte sich die Arbeitsbelastung in etwa auf dem Niveau der Vorjahre. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer ist dagegen in den vergangenen fünf Jahren auf derzeit 9,1 Monate gesunken. „Wir wollen keine Aktenberge mit unerledigten Verfahren anhäufen“, so Zimmermann. „Aber noch immer steht die Qualität klar im Vordergrund.“ Bei fast der Hälfte der eingereichten Klagen gehe es um die Arbeitslosengeld, Sozialleistungen und Rentenansprüche. Einen starken Zuwachs verzeichne man bei den Kostenerstattungs-Klagen von Krankenversicherungen und Krankenhäusern. „In diesem Bereich hat sich eine regelrechte Klageindustrie entwickelt“, betonte Richter Carsten Nickel. Etwas Sorgen bereitet Zimmermann die personelle Besetzung der einzelnen Kammern. Die vakante Stelle einer Richterin, die sich im November in den Mutterschutz verabschiedet hat, konnte bislang noch nicht besetzt werden und in diesem Jahr werden aller Voraussicht nach drei weitere Richterinnen mehrere Monate lang ausfallen. „Das Justizministerium hat offenbar Probleme, freiwerdenden Stellen adäquat zu besetzen“, so Zimmermann. Ein Grund für den drohenden personellen Engpass sei dabei der Sparkurs der baden-württembergischen Landesregierung mit einer Absenkung der Eingangsbesoldung um acht Prozent. „Dadurch begeistert man keine junge Juristen für den Staatsdienst“, betonte Zimmermann.

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