Karlsruhe Rund um die Uhr flüssig

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In Wachenheim eröffnet im März eine Bank, die ohne Überziehungskredite auskommt und für die ein Börsencrash wohl keine ganz großen Konsequenzen hätte. In den Tresoren lagert kein Geld, sondern Wein. Die Kunden suchen nicht nach dem besten Zinssatz, sondern nach dem größtem Genuss. Was bietet diese Winebank?

Drehen die Pfälzer jetzt völlig durch? Eine eigene Bank nur für Weinflaschen? Alltäglich ist es jedenfalls nicht, was Christian König derzeit in Wachenheim auf die Beine stellt. Der 65-Jährige ist seit kurzer Zeit Geschäftsführer der Weinbusiness GmbH und war bis zu seinem altersbedingten Ausscheiden im erweiterten Vorstand der Sparkasse Rhein-Haardt tätig. Einmal Banker, immer Banker könnte man sagen. Bei der zukünftig von ihm geleiteten Winebank Pfalz handelt es sich um den bundesweit vierten Standort eines Franchise-Konzepts, das es dem jeweiligen Winebank-Kunden ermöglicht, seinen privaten Wein unter perfekten Bedingungen zu lagern und mit Gästen vor Ort zu probieren. Das jedoch muss man sich leisten können. Das kleinste von 320 Fächern in insgesamt 252 Tresoren im 350 Quadratmeter großen Gewölbekeller kostet 39 Euro pro Monat. „Günstiger als ein Monat im Fitness-Studio“, sagt König. Er kann 40.974 Flaschen unterbringen im Keller des in Wachenheim als Haus Rettinger bekannten Hauses. Zu neuem Glanz verholfen hat dem denkmalgeschützten Wohnsitz eines früheren Bürgermeisters ein einstiger Bank-Kollege Königs. Thomas Distler ist aktuelles Vorstandsmitglied der Sparkasse Rhein-Haardt und mit seiner Frau Inhaber der Weinbusiness GmbH. König war bis Anfang des Jahres 2013 Vorsitzender des Aufsichtsrates der Dürkheimer Winzergenossenschaft Vier Jahreszeiten. Die Affinität zum Wein blieb bestehen und die berufliche Verbundenheit mit Thomas Distler ließ die beiden hellhörig werden, als die Zeitschrift „Kapital“ im Jahr 2011 über die Winebank berichtete. Der Unternehmer Christian Ress, Geschäftsführer des im Rheingau gelegenen VDP-Weinguts Balthasar Ress, hat im Jahr 2009 die erste Winebank in Eltville eröffnet und daraufhin mit drei Partnern ein Franchise-Unternehmen gegründet. Neben dem Standort im Rheingau existiert heute eine weitere Winebank in Hamburg. Tendenz steigend: In Mainz, Basel und Frankfurt verwirklichen Unternehmer gerade ebenfalls Winebanks. Nimmt man die Nachfrage als Maßstab, scheint das Konzept zu funktionieren. Europäische Metropolen wie München, London, Paris und Zürich seien ein langfristiges Ziel, heißt es aus dem Rheingau. „Manche haben eben zu Hause keinen Keller, in dem sie ihren Wein aufheben können. Wir sprechen ein kaufkräftiges Publikum an und rentabilisieren relativ günstige Kellerflächen“, lässt sich Ress zitieren und bringt damit die Einfachheit der Winebank-Idee auf einen Nenner. Der Franchise-Vertrag mit der Weinbusiness GmbH Wachenheim bringt ihm und seinen Partnern eine einmalige Zahlung von 29.000 Euro ein und eine jährliche Gebühr. Dieser Betrag beinhaltet die Unterstützung bei der Planung und beim Bau, ein Start-up-Management, Rückgriff auf bewährte Verwaltungssysteme, digitale Vermarktung und Kommunikation sowie Unterstützung beim Betrieb. Bei voller Belegung aller Fächer in allen Tresoren erwartet die Weinbusiness GmbH Wachenheim für die Winebank Pfalz einen Umsatz von bis zu 390.000 Euro brutto pro Jahr. Der Keller wird gerade eingerichtet. Im März soll Eröffnung gefeiert werden. Zwischen teuren Möbeln, besonderer Beleuchtung und dezenter Musik sollen sich die Winebanker aus der gesamten Metropolregion zukünftig wohlfühlen. Es sind Liebhaber guter Tropfen, die sich hier treffen, Unternehmer, die ihre fünf oder sechs Geschäftspartner nach einem gemeinsamen Abendessen nicht mit ins heimische Wohnzimmer, sondern an einen repräsentativen Platz führen wollen. Zudem sind es Privatleute, die sich Zugang zu exklusiven Veranstaltungen sichern wollen. Diese soll es geben, denn die Winebank Pfalz hat bislang schon zwölf Kooperationspartner unter bekannten Winzern gefunden. Die Zutrittsmöglichkeit zur Winebank wird den Mitgliedern an jedem Tag 24 Stunden gewährleistet. Eine Mitgliedskarte öffnet die Tür zum Keller und zur Winebanker-Szene. Vor Ort warten saubere Gläser und Mineralwasser. Neben der Verkostung eigener Weine besteht auch die Möglichkeit zum Kauf einzelner weiterer Flaschen. Der Eintritt in die anderen Winebanks im Rheingau, in Hamburg, Frankfurt und Basel ist für die Mitglieder darüber hinaus frei. (als)

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