Karlsruhe Das Rennboot aus Jute und Kunstharz

Zu Lande, zu Wasser und in der Luft: Studenten der Hochschule Karlsruhe (HsKA) lassen offenbar keine Disziplin aus, um unter anderem ihr Ingenieurwissen in der Praxis einzusetzen. Ob mit Rennwagen, einem Segelflugzeug (wir berichteten), oder einem Regattaboot für den internationalen Hochschulwettbewerb „1001 Vela Cup 2018“: Das hat ein 20-köpfiges Team der Hochschule entworfen und gebaut.

„Eco Sail Karlsruhe“ heißt das Boot, das jetzt im Golf von Palermo sein Potenzial im Vergleich mit den Booten von 13 weiteren Hochschulen unter Beweis gestellt hat. „Die Studierenden konnten im Rahmen des Projekts neue innovative Ideen sowohl theoretisch entwickeln, als auch eigenständig fertigen und realisieren“, sagt Dr. Fahmi Bellalouna, Professor an der Fakultät für Maschinenbau und Mechatronik, der das Projekt an der Hochschule betreut und 2016 erstmals ein Team zusammengestellt hat, das als erstes ausländisches Team am vormals rein italienischen „Vela Cup“ teilnahm. Bellalouna spricht vom Entstehungsprozess des Produkts, Wechselwirkungen, Domänen und Projektmanagement. Alles „Erfahrungen, die auch für die berufliche Praxis sehr wertvoll sind“, findet der Professor, der aber auch zugibt: „Am Ende überwiegt jedoch – trotz vieler Überstunden – der Spaß und die Freude am Sport.“ Eine Besonderheit der „Eco Sail Karlsruhe“ liegt in der Formel „Jute statt Plastik“: Eine der Hauptanforderungen des Wettbewerbs lautet nämlich, dass mindestens 70 Prozent der verbauten Materialien aus recycelbaren Naturfasern bestehen müssen. Das Vorgängerboot war noch aus Holz, jetzt sollte es Verbundmaterial sein: Schichten von Jute in Kunstharz eingebettet. Rund 120 Kilo bringt die 4,60 Meter lange und 2,20 Meter breite „Eco Sail“ damit auf die Waage – nicht viel, wenn man die Gesamtsegelfläche von 33 Quadratmetern sieht. „Das ist schon beeindrucken für die Leute, wenn sie das erste Mal zum Mast hochschauen“, sagt Bellalouna mit einem Lachen. Dennoch müsse das Boot im Vergleich zur Konkurrenz noch „schlanker“, also leichter werden, findet der Professor. Das Team der Hochschule habe sich aufgeteilt, um passend zu den Eckdaten ein funktionierendes, schnelles und robustes Boot zu konstruieren, berichtet Bellalouna. Eine Gruppe habe Rumpf, Schwert und Ruder des Bootes am Computer entwickelt, eine zweite Segel und Mast während eine dritte sich mit Materialien und vor allem Materialtests beschäftigte. Die BASF habe unter anderem Styrodur zur Verfügung gestellt, um daraus die Negativform zu fräsen, in der die „Eco Sail“ dann mit Jute und Kunstharz laminiert wurde. Die ersten Probeschläge auf dem Wasser wurden schließlich am Altrhein in Eggenstein-Leopoldshafen absolviert. Dort wird das Boot auch ab und zu zu sehen sein, beispielsweise bei Regatten des örtlichen Segelvereins, wie Bellalouna erklärt. „Wenn nicht gerade das Boot von einem Sponsor ausgeliehen und auf einer Messe gezeigt wird“, so der Professor. Die Bedingungen im Golf von Palermo haben der „Eco Sail“ übrigens ziemlich zugesetzt: Johannes Bruns, Skipper und Teamleiter aus dem Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen, berichtet: „Im Vergleich zu anderen Teams, die sozusagen das Meer vor der Haustür haben, hatten wir es in diesem Punkt etwas schwerer und konnten das Boot nicht unter realen Bedingungen testen.“ Das Ergebnis war Bruch: Am ersten Tag der Regatta ging das Ruder entzwei. Für die Folgetage habe jedoch das Technikteam den Schaden schon wieder repariert, berichtet Bruns. Kleine Rückschläge, die aber weder die Studenten noch den Professor in ihrer Begeisterung bremsen. Gestern fand die „Kick off“-Veranstaltung für das dritte Regattaschiff der Hochschule statt. Man werde diesmal daran arbeiten, andere Fertigungstechniken für das Laminat einzusetzen, ist Bellalouna überzeugt. Von den Ideen, die dabei entwickelt werden, lasse er sich aber gerne überraschen.

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