Kaiserslautern Zwischen krachenden Dezibel und leicht fließendem Pop

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Krachend, sanft, krachend und zum Schluss wieder sanft: ein musikalisches Wechselspiel der Emotionen bei der jüngsten Ausgabe „No Music in K`Town“ am Samstag im Cotton Club. Dem vorwiegend jungen Publikum hat es bestens gefallen.

Um 20 Uhr herrschte im Cotton Club eine Art Ruhe vor dem Sturm. Aber die fünf Jungs der Lautrer Rock-Cover-Truppe Overdrive dachten sich wohl hinter den Kulissen: „Damit ist jetzt Schluss.“ Sie enterten die Bühne und legten los mit ordentlich Krach. Die bandeigene Jukebox hatte jede Menge Perlen aus der Hochzeit des Rock parat. Darunter das Evergreen „Lola“ der Kinks, eine punkige Version von Johnny Cashs „Ring of Fire“ und eine sehr freie, aber sinngemäße deutsche Übersetzung von „You ain`t seen nothing yet“ von Bachman Turner Overdrive aus den 70ern. Schön schrammelnder Sound, und für das junge Alter der Band eine überraschend reife Songauswahl. Nur Sänger Lukas Kaulen darf ruhig noch ein wenig Power und Treffsicherheit ins Organ legen, um mit seinen kräftig in die Riemen hauenden Kollegen besser mitzuhalten. Aber irgendwie ist das auch wieder Rock `n` Roll und genau dafür gab es viel Applaus und „Zugabe“-Rufe durch den ganzen Raum. Nach so viel krachenden Dezibel kam Jenny Mohnes leicht fließender Pop gerade richtig. Seit zehn Jahren schreibt die Saarbrückerin in den Mittzwanzigern eigene Songs und das in deutscher Sprache und mit Melodien, die sich wie Seide um ihre filigrane Stimme schmeicheln. Sie schafft es, mit Titeln wie „Goldene Straße“ und „Wind aus den Segeln“ zu erden und dann doch wieder mit einem kraftvollen Schub im Gesang in weite Höhen zu treiben. Hin und wieder bedient sie sich aber auch bei anderen Songwritern. Etwa bei ihrem Pianisten Philipp Becker. Um seinen Song „Kopfkino“ singen zu dürfen, musste die Frontfrau ihr „weibliches Durchsetzungsvermögen einsetzen“, wie sie augenzwinkernd erzählte. Gut so, denn die „filmreife“ Nummer passte zu ihr wie die Faust aufs Auge. Ebenso ihr Cover „Ich will nur“, diesmal im Original von Philipp Poisel. Auf die Ruhe folgte wieder guter hausgemachter Krach mit der zweiten Lautrer Rock-Fraktion Straight Curve. Und die Musiker um Frontmann Michael Rivera hatten mächtig was zu feiern: die Veröffentlichung ihrer Debüt-Platte „Colours and Contrasts“. Entsprechend feierwütige Stimmung im Publikum, das seine Helden mit frenetischem Applaus anfeuerte. Feurig, aufbrausend, klassisch und ehrlich auch die Mucke der fünf. Nur eine oder zwei Lieblings-Perlen auszusuchen, ist fast unmöglich. Wer aber trotzdem eine kleine Stichprobe haben möchte: „Changing“ ist brillant und professionell arrangiert, könnte von Bands wie Linkin Park stammen und mit einer sensationellen stimmlichen Leistung von Rivera, der sich durch die Töne kratzt und reibt. „I Relied on You“ wirkt dagegen fast wie eine Hommage an die Red Hot Chili Peppers. Guter Rhythmus, schöne Gitarren-Linien von Tim Mertel-Blinn, klasse Drums von Lukas Trauth. Kurz: Alles richtig gemacht. Gilt auch für Singer-Songwriter und Youtube-Sternchen Eren Can Bektas aus Duisburg. Angefangen hat er mit Coversongs auf dem Schulhof. Mittlerweile ist der 18-Jährige selbst ein hervorragender Songwriter. Entstanden ist das Debütalbum „Traum“, auf dem auch der balladige Song „Endorphin“ zu hören ist. Genau der ließ am Samstag die Herzen der jungen Damen in der ersten Reihe dahinschmelzen, vor allem dank Bektas` warmer und weicher Stimme. Und tatsächlich haben die vielen Presseberichte, die Bektas in seinen jungen Jahren bereits gesammelt hat, mit einem recht: Ein wenig erinnert er an die südländische Version von Justin Bieber – hoffentlich aber mit mehr Klasse, Niveau und Bodenständigkeit.

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