Kaiserslautern Viel zu tun auf Nimmerland

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Mit einer sehenswerten beziehungsweise hörenswerten Produktion und Vertonung des Kinderbuch-Klassikers „Peter Pan“ gastierte am Mittwoch das 2008 gegründete Familientheater Liberi aus Bochum in der gut besuchten Fruchthalle.

Bei diesem Theater entwickeln in familiärem Teamgeist Texter, Komponisten oder Arrangeure wie Christoph Kloppenburg und Christian Becker solche Inszenierungen, werden Kostüme und Bühnenbilder konzeptionell auf die Herausforderungen eines Gastspieltheaters abgestimmt. Dabei haben solche „Wandertheater“ unter erschwerten Bedingungen auf die – räumlich und ausstattungstechnisch begrenzte – Bühne zu reagieren, die in der Fruchthalle keine Seiten- oder Hinterbühne oder Versenkungsmöglichkeit für Kulissen bietet. Das Bochumer Unternehmen hat nun durch variable, mehrseitig nutzbare und verschiebbare Dekorationsteile ein Maximum an räumlicher Tiefenwirkung und bildhafter Ausdruckskraft erzielt. Kostüme von Pamela Pfläging und Eva-Maria Lander erhöhten noch den visuellen Reiz der Aufführung, für die Helge Fedder als Bühnenautor eine gut verständliche Version verfasst hat, die allerdings im Hinblick auf die anwesende Zielgruppe (meist Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter) hätte gestrafft werden können. So hätte zum Beispiel die erste Fechtszene wegfallen können. Von den nur sechs Ausführenden wurde erwartet, dass sie sowohl Doppelrollen übernehmen als auch gleichzeitig Schauspiel-, Gesangs und Tanzeinlagen (für letztere verantwortlich: Kama Frankl) übernehmen. Sie waren also letztlich Solisten, Statisten, Choristen, Tänzer und schoben auch noch Kulissen in Windeseile, um einen insgesamt doch reibungslosen, turbulenten und unterhaltsamen Ablauf zu gewährleisten. Dabei mussten manche Akteure ständig zwischen komödiantischen oder akrobatischen Szenen und rein handwerklichen Aufgaben wechseln, wobei letztere bei Theaterhäusern von Bühnenarbeitern übernommen werden. Bedenkt man, dass das Ganze ohne staatliche Subventionen gestemmt werden muss, dann ermisst man den Spagat zwischen künstlerischem Anspruch und dem aus wirtschaftlichen Gründen notwendigen Kompromiss. Während sich die Darsteller in der stringenten Charakterisierung ihrer Rollen und Helge Fedder in der Inszenierung mit diesen Gegebenheiten arrangieren konnten, blieb die Vertonung in guten, jazzigen Idiomen ansatzweise stecken. Die Gesangspartien und instrumentalen Zwischenspiele erschöpften sich oft in wiederkehrenden, stereotypen Mustern von eingängiger, aber monotoner Melodik. Zudem in einheitlich durchziehendem, ostinatem Rhythmus bei einfachen Harmoniefolgen. Da wäre mehr an Abwechslung innerhalb der Musikstücke gegangen, wobei das Finale sehr gelungen und musikalisch mitreißend war, den gelegentlichen Leerlauf zuvor kompensierte. Gravierender war aber, dass Live-Musik fehlte, die Musik eingespielt wurde, und es so zwangsläufig ohne Blickkontakt mit einem musikalischen Leiter zu Verschiebungen kam. Wobei diese Musik meistens mit einem Trio (oder gar Duo) aus Piano/Keyboard, Bass und Schlagwerk mit einem personellen Minimum spielbar wäre, bereichernde Bläser und Streicher fehlten schließlich. Während alle Darsteller insgesamt begeisterten, stach Christina Stephan als exaltierte Tinkerbell doch heraus, sie fand ihr Pendant in Viktor Silvester Wendtners mit seiner emphatischen Darstellung des klassischen Bösewichts Käpt’n Hook. Sasha Bornemann verkörpert ideal den kindlichen Hauptdarsteller Peter Pan auf der sagenumwobenen Insel Nimmerland, wo niemand erwachsen werden muss und Wünsche immer in Erfüllung gehen – wäre da nicht Käpt’n Hook, der als Anführer der Piraten in diese Idylle einbricht ...

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