Kaiserslautern „Ratten“ sind die neuen Stars

Mit 600 bis 800 Autos hatten die Organisatoren des Tuning-Treffens auf dem Parkplatz Schweinsdell im vergangenen Jahr gerechnet, dann wurden sie vom Ansturm total überrascht: Über 3000 Wagen waren zu bestaunen. Heute ist wieder Tuning-Treffen und noch mehr aufgemotzte Schlitten werden erwartet – bis zu 4500.

Letztes Jahr hatte es erstmals ein großes Treffen am 19. April auf dem Park-und-Ride-Platz Schweinsdell gegeben. Es ging – manchen wird das wundern – auf eine Initiative der Polizei zurück. Tuner-Treffen fanden bis dato meist in der Von-Miller-Straße im Industriegebiet Einsiedlerhof statt – unangemeldete Zusammenkünfte, die Anwohner auf den Plan riefen, es hagelte Beschwerden über laute Motorengeräusche und hinterlassenen Müll. Das brachte Wolfgang Schäfer, Leiter der Polizeiinspektion II, auf die Idee, einen Platz zu suchen, wo die Tuner niemanden stören. Die Wahl fiel auf die Schweinsdell, die Stadt spielte mit und stellte den Parkplatz zur Verfügung, in Vorgesprächen wurden Vorgaben für das Treffen gemacht, etwa dass der Platz sauber hinterlassen werden muss und an Wagen nur Teile angebaut sein dürfen, die beim TÜV eingetragen sind. Auch dieses Jahr gab es wieder Vorgespräche zwischen Polizei, Stadt und Tuning-Szene Kaiserslautern. Die ist nur über das soziale Netzwerk Facebook aktiv und besteht im Prinzip lediglich aus drei Leuten, die ihre Identität öffentlich nicht preisgeben – obwohl derzeit überlegt wird, einen Club zu gründen, wie eine Frau aus der Szene gegenüber der RHEINPFALZ ausführte. Nach ihren Worten hat die Polizei bei den Vorgesprächen angekündigt, dass die Verkehrskontrollen auf der Autobahn verstärkt werden, es auch mobile Geschwindigkeitskontrollen geben werde. Ebenso müsse der Müll wieder entsorgt werden, das sei eine teure Angelegenheit, deshalb werde heute auf der Schweinsdell eine Spendenkasse aufgestellt. Eintritt für die Veranstaltung werde nicht erhoben. Wer sein Auto ausstellen möchte, sollte selbstverständlich alle Teile beim TÜV eingetragen haben. Im vergangenen Jahr gab es vorab 1700 Zusagen, gut 3000 Wagen standen dann auf der Schweinsdell, dieses Jahr gab es vorab 5500 Anmeldungen, worunter auch Beifahrer seien. Außerdem könne mit vielen Amerikanern gerechnet werden. Ab 17 Uhr ist offizieller Beginn des Treffens, aber ab 10 Uhr kann man kommen. An der Autobahnabfahrt Ost wird mit Staus gerechnet. Zu sehen ist heute alles, was das Tuner-Herz begehrt. Von „der letzten Schrubberschüssel“, so die Organisatorin, über italienische Sportwagen bis zu Musclecars. Das sind amerikanische Schlitten, meist V 8 aus den 60er- und 70ern, die auf Serienmodellen basierten, jedoch wesentlich stärker motorisiert waren. Von ihnen wird heute einiges aufgefahren werden, dank der US-Amerikaner in der Region. Möglicherweise wird auch der eine oder andere Showcar antransportiert, Fahrzeuge, die wegen ihrer Umbauten nicht mehr am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen dürfen. Manche von ihnen hüpfen auf vier Rädern, wieder andere haben Monster-Beschallungsanlagen. Der Wert der getunten Wagen liegt meist im fünf-, aber auch im sechsstelligen Bereich, je nachdem ob die Besitzer Schrauber sind oder alles in der Werkstatt machen lassen, so die Organisatorin. Zu sehen sind heute auch „Ratten“; so heißen in der Szene Autos, die bewusst auf alt und gammelig getrimmt sind. Oft seien es Kisten, die für ein paar hundert Euro gekauft werden, beispielsweise werde die Motorhaube dann abgeschliffen und mit Essig übergossen, damit sie schneller rostet, auf das Dach komme gerne ein Gepäckträger mit einem rostigen Ölfass, verlautet aus der Lauterer Tuning-Szene. Dort ist auch zu hören, dass das letztjährige Tuner-Treffen sehr geholfen habe, den Ruf der Szene zu verbessern. Und schaut man ins Internet, gibt es auch Lob aus der Szene für das Verhalten der Polizei bei der Veranstaltung im vergangenen Jahr. „Die Befürchtungen mancher, dass die Polizei zum großen Schlag ausholen und mit massiven Kontrollen gegen die anwesenden Tuningenthusiasten vorgehen würde, erwiesen sich als Verschwörungstheorien“, oder „Die Ordnungshüter verließen sich offenbar darauf, dass die Tuningszene ihren Teil der Vereinbarung einhalten würde. Dieser Fakt darf anhand der generell polizeikritischen Grundhaltung vieler nicht unter den Teppich gekehrt werden“, heißt es dort. (dür)

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