Kaiserslautern „Nie bequem, nie sicher, nie zufrieden“

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Spätestens seit er 2002 den Kunstpreis Rheinland-Pfalz, die höchste Auszeichnung des Bundeslandes im künstlerischen Bereich, erhalten hat, gilt der Schweizer Tänzer und Choreograf Martin Schläpfer international als einer der Ballettstars. Was treibt ihn an? Dieser Frage vor allem geht Regisseurin Annette von Wangenheim in ihrer Dokumentation „Feuer bewahren – nicht Asche anbeten“ nach.

Von 1999 bis 2009 leitete Martin Schläpfer das ballettmainz am Staatstheater Mainz. Mit Neuinterpretationen von Tanzklassikern wie „Der Feuervogel“ und Uraufführungen, etwa „Quartz“, hat er hier Weltruhm errungen. Seit 2009 reiht er als (Noch-)Ballettdirektor und Chefchoreograf an der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf und Duisburg Erfolg an Erfolg. Einer seiner Leitsätze: „Es geht um Seele. Es geht um Poesie. Und trotz allem Drama, trotz allem Schmerz, ist da auch immer die Hoffnung.“ Wie lässt sich das am besten in einem Kinofilm spiegeln? Annette von Wangenheim hat sich für eine wohltuend konventionelle Form entschieden: Sie hat Momentaufnahmen aus Aufführungen, Selbstaussagen von Martin Schläpfer und Interviews mit einigen seiner Weggefährten zu einem aus der Ruhe stillen Beobachtens effektvoll aber nicht grell schillernden Porträt verwoben. Das ist leicht zugänglich und sehr verständlich, auch für Kinobesucher, denen die Kunst des Tanzes eher fern ist. Damit entspricht sie Martin Schläpfer aufs Beste, will doch auch der mittlerweile 56-Jährige nicht für einen kleinen Kreis Eingeweihter arbeiten, sondern mit seinen Choreografien möglichst viele Menschen erreichen. Die Spiegelung der Schöpferkraft eines Mannes, der in seiner Kunst oft auf aufregende Weise die Grenzen zwischen Tradition und Moderne aufhebt, hätte leicht zu einer Show des Spektakulären geraten können. Nichts davon bietet der Film. So sanftmütig und sensibel, wie Schläpfer bei der Arbeit, in seinem Zuhause oder beim Wandern durch die Natur anmutet, ist auch der Ton der Dokumentation. Damit entspricht diese hervorragend einem Mann, der meint: „Ich finde es immer sehr schwierig, zu sagen, ich bin ein Künstler. Was ist das genau?“ So sicher der aus einer Bauernfamilie stammende Künstler etwa seinen Umgang mit Musik beschreiben kann, und so deutlich es wird, wie er aus jeder Tänzerin und jedem Tänzer und aus sich selbst das Optimum herausholt, bleibt er doch geradezu scheu, wenn es um sein Ich geht. Einmal sagt Martin Schläpfer, es sei für ihn wesentlich, „nie bequem, nie sicher, nie zufrieden“ zu sein. Und sein leises Lächeln wirkt alles andere als kokett: Martin Schläpfers Größe resultiert insbesondere aus seiner persönlichen Bescheidenheit. Er verkauft sich nicht. Und das in einer Zeit, da die schrille Selbstvermarktung weithin als A und O gilt. Die Begegnung mit diesem Mann, der in Demut der Kunst und damit dem Publikum dient, schenkt einem Augenblicke voll gedanklicher Tiefe. Da entfacht sich dann wie selbstverständlich eine strahlende Schönheit.

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