Cheerleading Mit Cheerleading-Team nach Verona zur EM

Die Scars während ihrer Routine bei der Europameisterschaft. Wegen ihrer Uniformen bekamen sie später noch Ärger.
Die Scars während ihrer Routine bei der Europameisterschaft. Wegen ihrer Uniformen bekamen sie später noch Ärger.

Julian Dobras hat früher in Enkenbach geturnt, kam dann aber zum Cheerleading nach Pfungstadt. Mit seinem Team Scars durfte er zur Europameisterschaft nach Verona fahren. Kurz war unklar, ob das Team wegen der Uniformen disqualifiziert werden würde, doch als führende Mannschaft zog es ins Finale ein und wurde Europameister.

2017 fuhr Julian Dobras, der in Enkenbach aufgewachsen ist, das erste Mal zum Cheerleading-Training der FTG Pfungstadt. Eine Freundin hatte den früheren Turner überredet, und er hatte schnell Gefallen daran gefunden. Inzwischen trainiert er drei Mal in der Woche für je zwei Stunden unter der Führung von Daniel Smit mit den Scars, seiner Mannschaft. Diese besteht aus 21 Sportlern, wovon acht Mädels sind. Was ihm gefällt: Hier darf jeder seine Stärken ausspielen. Bei Julian sind das die turnerischen Aspekte, er ist also Tumbler, turnt Saltos, Schrauben und Doppelschrauben, während die Stunter die Hebungen ausführen. Am Mannschaftssport mag er vor allem, „dass man jemanden hat, mit dem man Erfolge teilen kann“.

Qualifikation zur EM

Im März fand in Düsseldorf die deutsche Meisterschaft statt. Zum zweiten Mal in Folge wurde das Team im Level sieben, der höchsten Schwierigkeitsstufe, deutscher Vizemeister und qualifizierte sich damit für die Europameisterschaft (EM) in Verona, Italien. Jedes Team entscheidet selbst, ob es zur EM fährt oder nicht, denn die Kosten müssen eigenständig getragen werden. Für die Scars stand die Teilnahme an der EM nicht in Frage, und über selbstständig organisierte Spendengelder und Zuschüsse wurden die Kosten für den Eigenanteil minimiert. Bis zur EM wurde das Training aufgestockt: Vier Mal in der Woche traf die Mannschaft in der Sporthalle zusammen und wurde laut Julian Dobras „viel sicherer und konstant besser“.

Einzug ins Finale

Dann war es so weit: In der Nacht von Donnerstag auf Freitag fuhr das Team im Bus nach Verona. Den Freitag über hatte das Team Zeit anzukommen, sich die Stadt anzuschauen und das Essen zu genießen. Am Samstag um 12 Uhr galt es dann, das Geübte zu präsentieren. Im Anschluss bekommt jede Mannschaft die Möglichkeit, die eigene Performance in der After Routine, einem zeitverschobenen Livestream, anzuschauen. Bis zum Final Announcement um 18 Uhr blieb die Spannung hoch: Aufgrund bauchfreier Uniformen der Mädels war unklar, ob die Scars disqualifiziert werden. „Als dann das Ranking veröffentlicht wurde und wir auf dem ersten Platz lagen, wussten wir gleichzeitig, dass es nur eine Verwarnung gab und dass wir weitergekommen sind“, so der 28-Jährige.

Als Führende zogen sie also mit weiteren vier der zehn teilnehmenden Teams in das Finale am Sonntag ein. Zur Sicherheit wurden zusätzlich schwarze Bodys gekauft, auch wenn im Regelwerk diesbezüglich nur eine Empfehlung steht.

Sonntags waren die Scars das Team, deren Routine den Abschluss der gesamten EM bildete. Der Druck war deutlich höher, denn „da muss man noch mal abliefern“. Die Scars zeigten eine fast fehlerfreie Routine, nur Julian Dobras war danach etwas geknickt und hatte Bedenken, dass es aufgrund eines kleinen Fehlers nicht für den ersten Platz reichte: „Ich bin bei einem Element mit den Händen auf den Boden gekommen. Doch ich habe gemerkt, dass man als Team gewinnt und verliert, denn selbst wenn man mal einen Fehler macht, hat man den Rückhalt der Mannschaft.“

Europameister!

Für Julian Dobras war das Schönste die Siegerehrung, denn die Scars wurden als Europameister aufgerufen. „Dann steht man da und die Nationalhymne wird gespielt; das kennt man sonst nur aus dem Fernsehen. Es war ein sehr besonderer Moment für das ganze Team und irgendwie verrückt, weil wir nicht damit gerechnet haben.“ Pro Person wurde eine Medaille übergeben, und das Team ist nun auch stolzer Besitzer eines Pokals, „der größer ist als alle unsere Mädels“, so der Europameister. Es wurden noch Erinnerungsfotos geschossen, und dann war es auch schon Zeit aufzubrechen, denn am nächsten Tag ging für alle wieder der Alltag weiter.

Für Julian Dobras heißt das, Vollzeit als Friseur in Frankfurt zu arbeiten. Darauf ist er stolz und auch darauf, dass er parallel dazu professionell sein Hobby betreibt und selbst als Trainer tätig ist.

Die Sache mit den Klischees

„Man wird abgestempelt. Cheerleading ist nicht tanzen und mit Poms andere Sportler anfeuern“, so der 28- Jährige: „Cheerleading ist eine eigenständige Sportart.“ Dass dem so ist, zeigt auch, dass kurz nach der EM ein sogenanntes Try out stattfand. Das heißt, dass die Teams je nach individuellem Leistungsstand neu zusammengesetzt werden. Auch externe Sportler haben die Möglichkeit, daran teilzunehmen.

Der erste Cheerleading-Wettkampf der neuen Saison wird Mitte November sein; vor der neuen Trainingsphase gibt es jedoch noch eine wohlverdiente zweiwöchige Sommer- und Trainingspause.

Mirko Djordjevic (links) und Julian Dobras (rechts) mit dem Mannschaftspokal, der „größer ist als jedes der Mädels“.
Mirko Djordjevic (links) und Julian Dobras (rechts) mit dem Mannschaftspokal, der »größer ist als jedes der Mädels«.
x