Kaiserslautern Listige Gräfinnen und Dibbelschisser

„Pfälzer Helden“: Bei großen Pfälzern denken wir doch spontan an Helmut Kohl und Fritz Walter. Die SWR-Moderatorin Kerstin Bachtler und der Schauspieler Bodo Redner holten hingegen am Freitagabend im Cotton Club in ihrer „Pfalzrevue“ mehr oder weniger unbekannte Helden aus der Versenkung, schlüpften in ihre Rollen und füllten sie mit Leben. Ein Parforce-Ritt „von domols bis heit“.

Zur Zeit der Bauernkriege, 1525. Die Bauern stürmen die Leininger Burg. Gräfin Eva von Neuleiningen steht oben gelassen am Tor. „Die wolle mei Burg anzünde, des lass ich net zu!“, rief sie entschieden. Sie lächelt. Voll Schlauheit öffnet sie das Tor und bittet: „Kommt rei in die Burg als willkommene Gäscht!“ Und sie serviert den Bauern alles, was Küche und Keller zu bieten haben. Die Bauern lassen sich nicht zweimal bitten und essen und trinken, „was gibschde was haschde“, bis spät in die Nacht und torkeln zufrieden nach Hause. Die Burg ist durch diesen Trick gerettet. Während Bodo Redner, mit Lanze und Hellebarde bewaffnet, das Heer der anstürmenden Bauern mimt, schlüpft Bachtler in die Rolle der Gräfin und „babbelt“ in schönstem Pfälzisch, wie ihr „de Schnabel gewachs is“. Redner hat die Lanze noch nicht abgelegt, und schon geht’s zur nächsten Szene. „Du bischt jetzt en richtige Dippelschisser. Du muscht jetzt e bissel heilig gucke“, gibt die Moderatorin die nächste Regieanweisung. In einer Mischung aus Spiel und Erzählung erfahren die Zuschauer, wie sich die Bürger von Harthausen in der Südpfalz erfolgreich gegen einen Pfarrer vor Gericht durchgesetzt haben, der ihnen zu Unrecht den Zehnt auf Gemüse abgeknöpft hatte. In Erstaunen versetzt so manche Geschichte: Mit List schmuggelte der Bürgermeister von Freinsheim in der Nachkriegszeit Mandelzweige aus Italien ein, die seitdem in dem warmen Klima der Vorderpfalz prächtig gedeihen. Rührend ist die Story über Isidor Strauß, der sich auf der untergehenden Titanic für Kinder und Frauen opferte, ihn seine Frau aus Liebe nicht verlassen wollte, so dass sie gemeinsam in den Tod gingen. Interessant auch die Entstehungsgeschichte der ersten deutschen Freiheitsfahne in Schwarz-Rot-Gold, die auf dem Hambacher Fest 1832 gehisst wurde. Dass Elvis Presleys Vorfahren aus Hauenstein stammen und der aus Edenkoben nach Amerika ausgewanderte Johann Adam Hartmann der Held in James Fenimore Coopers Lederstrumpf-Geschichten wurde, wussten wohl auch nicht allzu viele Zuschauer. Am Fließband beschworen die beiden so die unterschiedlichsten Pfälzer „Helden“, diskutierten und stritten miteinander, spielten Spiel im Spiel und veranschaulichten die Personen durch Requisiten aus ihrer Holzkiste. Kein Hoch auf die Pfalz mit Hilfe einiger Schoppen Wein. Die beiden schwammen nicht in Rührseligkeit und trumpften nicht mit derben Witzen auf, nach dem Motto: „Je schlüpfriger desto volksnäher.“ Auch keine Witze zum Schenkelklopfen. Sie liebten eher die leise Art und hintergründigen Humor. Kerstin Bachtler bestach mit ihrem ungestümen Pfälzer Temperament und Mutterwitz. Was sie sagte, war dampfnudelwarm und bilderreich. Das Aroma der mundartlichen Redeweise hat sie einfach in der Nase. Bodo Redner hingegen blieb eher unauffällig im Hintergrund. Wenn er auch Pfälzisch gesprochen hätte, wäre die Revue sicherlich noch lebendiger geworden. Auch hatten sich die beiden zu viele Beispiele Pfälzer Heldengeschichten vorgenommen, was auf die Dauer ein klein wenig langatmig wirkte. Weniger wäre mehr gewesen. Die wenigen Beispiele aber exemplarisch ausarbeiten. Dennoch am Schluss verdienter Beifall. Wer mehr über Pfälzer Helden erfahren möchte, dem sei das Taschenbuch „111 Gründe, die Pfalz zu lieben“ von Kerstin Bachtler und Heinz Moosmann empfohlen, Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin. Preis: 9,99 Euro.

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