Kaiserslautern „Krüge hoch“ gerät zum Muss

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ERFENBACH: Sacklzement, sie haben’s schon wieder getan. Mehr als 1000 Besucher haben gestern wieder vor Wonne ein Zelt auseinandergedrückt. Wies’n-Zeit in der Pfalz, da gibt’s nichts Größeres als das Treiben beim TuS Erfenbach. Was als gemütliche Frühschoppenrunde begann, hat heute Volksfest-Charakter.

Da zwängen sich honorige Ratsherren mit Landtagsmandat gern in die Krachlederne, lassen Wohlstandsbäuchlein übern Gürtel lugen und stemmen prall gefüllte Krüge. Da machen sich Einheimische neben Weitgereisten breit, ordern Mädels mit Model-Maßen ausnahmsweise fette Haxen, zutzeln Junge, Junggebliebene und ältere Semester Weißwurst aus dem Darm und stopfen Brezeln ein. Und Durst gelitten hat ohnehin niemand aus der Tausendschaft, die da gestern in Erfenbach einmal mehr das Zelt hat beben lassen. Oktoberfest in Erfenbach: Das hat schon Kult-Charakter, ist zum Pflichtprogramm geworden für all jene, die gern feiern – und andere, die sich gerne blicken lassen. Dralle Madeln und dünne Wadeln waren zu bestaunen. Tiefe Dekolletés und ausladende Hosenbünde. Erstaunlich, wie viele Leute Trachtenkleidung im heimischen Schrank haben. Schlag zehn saßen die Ersten bereits am Tisch, punkt halb elf zählte der Dirigent vor. Und wiederum nur eine halbe Stunde später war, weil eben unvermeidlich, ein Fassanstich zu bewundern. Eine Art „o’zapft is’“ muss zelebriert werden, damit ein jeder auch weiß, dass jetzt gefeiert wird. Nun gut, wenn’s halt vonnöten ist. Ob der Bedeutung, die das Fest mittlerweile einnimmt, holt dafür der OB aus. Der Sparzwang nötigt das Stadtoberhaupt, auch mit den Hammerschlägen hauszuhalten. Nur einmal holte Klaus Weichel gestern aus – schon schäumte das Gebräu im Krug. Das Bier zumindest war nicht dünn, was mehrere Besucher alsbald merkten, weil die Gehwerkzeuge nicht mehr flüssig miteinander korrespondieren wollten. Die Erfenbacher geizen ohnehin nicht; Schmalhans als Küchenmeister? Der hätte beim TuS nicht mal als Beikoch eine Chance. Prallvolle Teller schleppten die hübschen Mädels herum, die alljährlich freiwillig und unentgeltlich in die Rolle der Bedienung schlüpfen. Weichels selbstauferlegter Sparkurs lautet: allerhöchstens zweimal zuhauen. Gestern genügte der OB seinem eigenen Anspruch vollauf. Nur ein Hieb wurde ausgeteilt, und der saß prompt. Das lässt sich auch mit „gekonnt“ kommentieren. Könner samt und sonders sind – das ist nichts Neues – auch die Musiker, die Richard Heieck um sich zu versammeln pflegt. Der Kapellmeister langte gestern nicht nur mit Taktstock und Horn zu, sondern förderte auch mal Dessous aus seines Trompeters Instrument zutage. Heieck konnte es ja nicht lassen, über Bernd Schneider zu witzeln. Der Trompeter sei ab Montag bei „Bauer sucht Frau“ zu bewundern. Und Schneider selbst, der lachte lauthals mit, voll der Vorfreude offenbar auf sein telegenes Wandeln auf Freiersfüßen. Ein Queidersbacher Landwirt auf Brautschau, das taugt schon fürs Fernsehen. Das Erfenbacher Oktoberfest (noch?) nicht. Wenngleich: Gemessen allein an der Einwohnerzahl hat der TuS mehr Besucher als die Münchner Wies’n. Und Prominenz ist ebenfalls zu Gange. So wie Dutch Bialke. Der ist Stellvertretender Generalstaatsanwalt in Bismarck, der Hauptstadt North Dakotas. Gestern schwang er nebst Gattin Kate so manche Maß; geübt hat er vor Jahren schon an Ort und Stelle. Von Ramstein in die Staaten heimgekehrt, hat das Paar jetzt eigens die früheren Nachbarn Uschi und Hartmut Barduna besucht, auf dass man mal wieder gemeinsam in der Pfalz die Wies’n feiere. Tja, das „Krüge hoch“ in Erfenbach gerät für immer mehr zu einem Muss.

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