Kaiserslautern Kein Blechschaden zu befürchten

Gut drauf: die Musiker der Leimsieder Jazz-Band. Zum bereits 14. Mal gab die Formation ein Gastspiel in Weilerbach.
Gut drauf: die Musiker der Leimsieder Jazz-Band. Zum bereits 14. Mal gab die Formation ein Gastspiel in Weilerbach.

Bereits zum 14. Mal da und für das nächste Jahr schon wieder fest gebucht: In Weilerbach – und nicht nur dort – ist die 1975 gegründete Leimsieder Jazz-Band eine feste lokale Größe, repräsentiert als älteste Formation ihrer stilistischen Ausrichtung der Pfalz den traditionellen Jazz: Ein Hauch Dixieland, der frühe Chicago-Stil und die erste Swing-Ära zwischen den 20-er und 40-er Jahren des 20. Jahrhunderts sind ihre Stärken und Schwerpunkte. Und da findet die Band immer wieder neue Titel, wie am Sonntag im Reinhard-Blauth-Museum.

Das mit vielen neu erarbeiteten Stücken gespickte Programm war dramaturgisch so aufgebaut, dass auf mitreißende Titel im rasanten Notenflug lyrische Balladen folgten. Etwa ein Gospel oder der Klassiker „Sentimental Journey“. Viele Titel wie „Honey Suckle Rose“ oder „Ain’t misbehavin’“ sind weitere Gassenhauer, tausendfach abgespielt, werden aber immer noch gerne gehört, wenn sie so publikumswirksam im instrumentalen und vokalen Wechselspiel (Posaunist Thomas Wagner) „serviert“ werden. Die Band ist für diesen Mainstream gefragt. Die seit Jahrzehnten kontinuierlich aufgebaute Bühnenerfahrung und stilistische Routine in der Präsentation, Entwicklung oder Variation von solchen Standards bewirkte bei Klassikern wie etwa Duke Ellington oder George Gershwin, dass das tragende Grundgerüst aus Rhythmus mit Pianist Peter Glanzmann und Aushilfsgitarrist Jörg Kirsch sowie Schlagzeuger Ludwig Franz und Kontrabassist Dieter Burghaus stabil und unerschütterlich steht. Darüber setzt bei jedem Chorus der jeweilige Solist der drei Bläser im festgelegten Wechselspiel und unter Einhaltung des Harmonieschemas genau und sicher ein, subtil im Tonfall aufeinander abgestimmt und doch zugleich das Eigenleben der Instrumente wahrend. So setzte Dieter Beck die Klarinette bevorzugt im Dixieland-Stil in der hohen Clarin-Lage und mit lebhafter Spielfreude wie einst Benny Goodman oder hierzulande Hugo Strasser ein: in sanft vibrierender Tongebung und in der Spielanlage brillant. Dagegen grundiert der in der sonoren Tenorlage dezent und kultiviert aufspielende Posaunist in geschmeidiger Beweglichkeit seine abgeklärten Episoden, und der Trompeter Jürgen Fischer wirkt dazwischen wie ein nahtloses Bindeglied, locker im Tonfall und mit trockenem Understatement. Sie haben die Noten verinnerlicht, spielen frei und locker vom Hocker und können auch im Double time (vor allem Beck) geschickt variieren. Mit der stoischen Ruhe eines bayerischen Bierkutschers spielt Burghaus seine ostinaten Bassfiguren, holt selbst den quirligen Pianisten Peter Glanzmann in ruhige Gewässer. Für frischen Wind sorgte der in der Jazzszene vielfach gefragte Bassgitarrist Jörg Kirsch, der in Weilerbach allerdings auf der Rhythmusgitarre für weitere Impulse einstand. Die besondere Klasse zeigte sich exemplarisch beim Standardtitel von Spencer Williams („I found a new baby“), als aus einem agogisch freien, rubatierenden Einleitungsteil des Pianisten sich das Thema ohne Absprache, Zeichengebung oder Anzählen auf Anhieb souverän in Takt, Metrik und Grundtempo fand. Ein Beispiel für sensibles gegenseitiges Einhören. Ob unisono oder im Wechselspiel aus Soli und Tutti, stets begeisterte die Formation durch Akribie und Esprit in der Ausgestaltung der immerhin 20 vorbereiteten Titel. Der Zuhörer kann sich bei dieser erfahrenen Formation stets entspannt zurücklehnen, da gibt es weder Blechschaden noch Bruchstellen. Alles läuft glatt, vielleicht sogar zu geglättet: grundsolide, anregend, aber auch nicht aufregend. Wie hat alles angefangen? Die als Barbarossa Castle Stompers ab 1957 sich findende Formation probte – daher der Name – im Casimirsaal, bis sie in der Klostergasse in einem Jazzkeller ein Domizil fand und dort 1963 ein Wasserschaden jäh die Instrumente beschädigte. 1975 erfolgte eine Wiedergründung im Proberaum in einer Leimfabrik in der Bleichstraße – daher auch die Umbenennung in Leimsieders. Die Band bringt seither zwar keinen Leim, dafür aber die Stimmung im Publikum zum Sieden.

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