Kaiserslautern „Intrigation“ mit der Kalaschnikow

91-80982773.jpg

„Wenn man in Deutschland den Fernseher einschaltet, sieht man Werbung von Putenbrust, in Russland sieht man Putin-Brust“: Nur einer von vielen kulturellen Unterschieden zwischen Russen und Deutschen, die die russisch/deutsche Kabarettistin Liza Kos in ihrem Solo-Programm „Was glaub’ ich, wer ich bin?!“ aufgreift. Am Donnerstag gastierte die Komikerin im Lauterer Hardrock-Café und plädierte für „Intrigation“ mit Balalaika und Kalaschnikow. Im Schlepptau: Klischee-Russin Svetlana und Ghetto-Türkin Aynur.

„Was glaub’ ich, wer ich bin?!“: Diese Frage stellt sich Elizaveta Kostyuk, kurz Liza Kos, zurecht, denn sie ist viele. Mal ist sie die herrlich klischeehafte russisch-deutsche Migrantin Svetlana Kalaschnikova, die nach etlichen gescheiterten Beziehungen einen neuen Ex-Mann sucht. Ein anderes Mal ist sie die türkische Migrantin Aynur, die schon lange einen deutschen Mann heiraten wollte und es endlich geschafft hat: Achmed ist sein Name. Beide Damen wollen sich nun in Deutschland „intrigieren“, Verzeihung, integrieren. Liza Kos ist das bereits gelungen. Die charmante Russin aus Moskau ist mit 15 Jahren „aufs Land“ gezogen – gemeint ist Deutschland. Doch zuerst musste sie die hiesige Landessprache lernen – Türkisch. Nachdem die sprachliche Hürde überwunden war, mutierte Kos zu einer regelrechten Migrations-Expertin. Als Russin, die in Deutschland lebt und mit einem Türken verheiratet war, kennt sie sich bestens aus mit den gängigen Klischees. Umso amüsanter, wenn sie mit diesen kokettiert. Unaufgeregt, fast schon gelangweilt, steht sie auf der Bühne und jongliert mit trocken-bösem Humor und viel Augenzwinkern mit einem Vorurteil nach dem anderen. So tragen Russinnen immer Minirock und weiße Stiefel, gehen regelmäßig zur Pedi- und Maniküre, hängen täglich an der Wodkaflasche und heiraten ausschließlich des Geldes wegen – Svetlana personifiziert all dieses Eigenschaften mit sympathischer Nonchalance. Dagegen mimt Aynur die typisch türkische Migrantin mit allem „Dürüm und dran“, einschließlich Kopftuch und langer Robe, die dank ihres Ehegatten nicht mehr zu „überlegen“ braucht, sondern nur noch zu „unterlegen“. Aber auch die Deutschen verschont Kos nicht. Der moderne deutsche Mann – schlaksig, mit Brille, einer Yoga-Matte unterm Arm und noch dazu Veganer – kann einer Frau weder den Hof machen, noch sie verteidigen. Dafür kann er den Müll trennen. Kos schlüpft mühelos in ihre verschiedenen Alter Egos und persifliert und parodiert die multikulturelle Gesellschaft mit frappierender Genauigkeit. Ihre gesanglichen Ausführungen sind die Höhepunkte des Programms. Mit fein gehauchter Stimme, einer weißen Gitarre und herrlich ironischen Texten mit allerlei sprachlichen Stolperfallen, verfehlen ihre fröhlichen Lieder nie das Ziel. Ob Aynur als aggressive Gangsta-Rapperin mit Sonnenbrille und Goldkettchen für Emanzipation rappt, Svetlana die heimliche Bisexualität von Präsident Putin offenbart oder Kos selbst als laszive Diva im fließend-langem roten Kleid die jazzige Bluesballade „Cry Me A River“ ins Deutsche umdichtet und die männlichen „Wampen und Glatzen“ besingt. Tosender Applaus und Lachtränen sind garantiert.

x