Kaiserslautern Interview mit dem Geschäftsführer des Westpfalz-Klinikums:„Masterplan 2025“

Gut gelaunt: Westpfalz-Klinikums-Geschäftsführer Peter Förster (rechts) im Kräutergarten des Krankenhauses mit RHEINPFALZ-Redakt
Gut gelaunt: Westpfalz-Klinikums-Geschäftsführer Peter Förster (rechts) im Kräutergarten des Krankenhauses mit RHEINPFALZ-Redakteur Benjamin Ginkel.

Sommerinterview: In den kommenden Wochen warten in Mainz wichtige Gespräche auf Peter Förster, den Geschäftsführer des Westpfalz-Klinikums. Mit Benjamin Ginkel hat er über den „Masterplan 2025“, Wartezeiten in der Notaufnahme und gruselige deutsche Krankenhausserien gesprochen.

Sie sitzen ziemlich entspannt da – haben Sie Ihren Jahresurlaub schon hinter sich? Oder sind Sie wegen der Aussicht auf baldigen Urlaub so gelassen?

Meine Frau und ich waren mit der Familie meiner Tochter, schon Anfang Juni zwei Wochen am Comer See. Meine Enkelin ist eine Wasserratte und hat viel Zeit im Pool des Ferienhauses verbracht. ... während Oma und Opa aufgepasst haben und die Eltern ihre Freizeit genießen konnten? Ach nein, das war schon ganz ausgewogen. Wir haben dort fast alles zusammen gemacht. Uns war’s jedenfalls nie langweilig. Darüber dürften Sie sich im Arbeitsalltag ja ebenfalls nicht beklagen, als Chef von mehr als 4000 Menschen ... Das stimmt, hier tut sich immer etwas. Beispielsweise stehen wieder Chefarztwechsel an. Für die Radiologie und die Neuroradiologie sind wir gerade auf der Suche nach geeigneten Personen. Zeitlich ist das für mich nicht unerheblich, es müssen viele Gespräche geführt werden. Speziell bei Chefarzt-Besetzungen kommen da allerdings noch Findungskommissionssitzungen, eventuell Vor-Ort-Besuche und dann die Vertragsgespräche dazu. Gibt’s da so viele Bewerbungen? Die Anzahl der Bewerbungen generell – egal auf welche Position und in welcher Berufsgruppe – sind aktuell bei uns, wie überall im Gesundheitssektor, leider stark rückläufig. Wir machen uns gerade verstärkt Gedanken darüber, wie wir diese Problematik in den Griff bekommen. Den oft beschworenen Fachkräftemangel gibt es also wirklich? Bei uns ist er zu spüren. Je höher die geforderte Qualifikation, desto schwieriger ist es, Bewerbungen zu bekommen. Gerade an den kleineren Standorten wie Kusel, Kirchheimbolanden oder Rockenhausen ist es sogar oft noch schwieriger. Früher hatten wir auf eine Stelle Wäschekörbe voll mit Bewerbungen. Heute sind wir froh, wenn eine Handvoll kommen. Lassen Sie uns das Thema wechseln: Ich hatte eigentlich vor, Sie vorm Interview etwas warten zu lassen, damit Sie wissen, wie sich das anfühlt. Lange Wartezeiten in der Zentralen Notaufnahme sind schließlich immer wieder ein heißes Thema. (lacht) Nur, dass wir das nicht aus Untätigkeit oder gar Bösartigkeit tun. In der Notaufnahme wird nach medizinischen Gesichtspunkten gewichtet, nicht nach der Ankunftszeit. Was die Sache zusätzlich verschärft, ist die Tatsache, dass auf der Seite für den Rettungsdienst der Notaufnahme auch Patienten angeliefert werden, die andere Wartende gar nicht sehen. Die Wartezeiten in Notaufnahmen sind generell ein ganz großes Thema – nicht nur bei uns. Kann man beispielsweise am Wochenende nicht einfach mehr Ärzte arbeiten lassen? Zunächst muss man sagen, dass gut die Hälfte der Patienten eigentlich gar keine Patienten für unsere Notaufnahme sind. Die Behandlung hier müsste eigentlich im ambulanten Bereich erfolgen. Wir haben momentan an Wochenenden in etwa 20 Mediziner im Regeldienst und circa weitere zehn Personen im Bereitschaftsdienst arbeiten, die allesamt die Notaufnahme inklusive dem gesamten Klinikum betreuen. Wenn allerdings beispielsweise eine Not-OP dazwischenkommt, sind schnell einige Ärzte gebunden. Ich habe Verständnis, wenn Angehörige mit einem Patienten von der Wartezeit genervt sind – denn für Sie handelt es sich um einen Notfall. Aber objektiv muss das nicht unbedingt einer sein. Ich habe hier höchsten Respekt vor der Leistung unserer Mitarbeiter aus dem pflegerischen und ärztlichen Bereich in der Zentralen Notaufnahme. Zu den überfüllten Notaufnahmen gab es vor kurzem den Vorschlag, eine Gebühr einzuführen, damit die Menschen zuerst zum Hausarzt und nicht direkt ins Krankenhaus gehen. Was halten Sie davon? Da bin ich eigentlich aus ethischer Sicht grundsätzlich dagegen. In der Zentralen Notaufnahme sollte nicht mit Geld gearbeitet werden, und niemand sollte Angst haben müssen, für eine Notfallbehandlung Geld bezahlen zu müssen. Aber auch aus wirtschaftlicher Sicht macht es für mich keinen Sinn, denn am Ende bleibt der Aufwand, das Geld einzutreiben, bei uns. Gehören tut es allerdings jemand anderem. Nein, danke! Die Wartezeiten, beispielsweise in der Notaufnahme, sind immer auch wieder Thema in Online-Bewertungsportalen. Gucken Sie sich das an oder interessiert Sie sowas nicht? Also ich kann Ihnen schon sehr genau sagen, was bei Google & Co. über das Westpfalz-Klinikum geschrieben steht. Wir nehmen die Kommentare im Internet ernst und versuchen uns dadurch gezielt zu verbessern. Leider lassen sich Kommentare im Nachhinein oft nicht mehr nachvollziehen, weil anonym oder nur mit einer E-Mail-Adresse gepostet wurde. Da fällt es uns schwer zu handeln. Wir versuchen im Moment allerdings auch verstärkt, zufriedene Patienten zu einer positiven Bewertung zu motivieren. Wie äußere ich meine Zufriedenheit oder Unzufriedenheit richtig? Am besten noch während des Aufenthalts auf der Station oder bei uns in der Geschäftsführung. Das Lob geben wir dann gerne an die handelnden Personen weiter, Missverständnisse können meist direkt aufgelöst oder Probleme abgestellt werden. Wir haben dazu seit Jahren ein Lob- und Beschwerdemanagement etabliert, das in meinem Sekretariat angesiedelt ist. Sollte es Beschwerden geben, schaue ich mir das genau an. Das ist für mich Chefsache! Lassen Sie uns thematisch nochmal springen: Im März haben Sie mit dem Aufsichtsrat den „Masterplan 2025“ öffentlich vorgestellt. Wann startet der durch? Wir haben schon angefangen! Beispielsweise werden an unseren vier Standorten insgesamt 160 Kilometer Netzwerkkabel verlegt, um sogenannte Access-Points anzuschließen. Damit wird im Westpfalz-Klinikum bald flächendeckend WLAN verfügbar sein. Geplant ist das für die erste Jahreshälfte 2019. In dem Zusammenhang gibt es weiterhin eine neue Telefonanlage und die Patiententerminals an den Betten werden ebenfalls ausgetauscht. Bis Ende 2019 investieren wir in die Projekte acht Millionen Euro. Das ist eine Menge Geld. Oh ja, allein die Telefonie-Software kostet sehr viel Geld. Aber die Maßnahmen zusammen bilden die Grundlage für das, was darauf aufbaut. Das wäre? Beispielsweise die Verfügbarkeit der elektronischen Patientenakten auf den mobilen Endgeräten der Mitarbeiter. Oder beispielsweise die Nutzung einer App für die sichere Übertragung von medizinischen Daten. Mit einer Münchner Entwicklerfirma arbeiten wir gerade daran, solch einen sicheren Kurznachrichtendienst zu schaffen, mit dem sensible Patientendaten von Mitarbeiter zu Mitarbeiter geschickt werden können. Das kommt im Rathaus sicher gut an, wo Kaiserslautern sich doch gerne als „herzlich digitale Stadt“ bezeichnet. Um ehrlich zu sein, weiß ich das nicht genau. Aber ich weiß, dass wir uns in Sachen Digitalisierung nicht zu verstecken brauchen. Kann da Kaiserslautern einen Stich machen? In dem Bereich elektronische Gesundheit und Telemedizin spielen doch namhafte Universitätskliniken und Institute mit ... In erster Linie kümmern wir uns um die hochwertige medizinische und pflegerische Versorgung unserer Patienten in der gesamten Westpfalz und darüber hinaus. Die Forschung ist somit nicht unsere Hauptaufgabe. Und in der Patientenversorgung sind wir – so meine ich – schon ganz gut. Die Entwicklungen im digitalen Bereich sollen ja einen Nutzen für den Menschen bringen. Durch unsere Nähe zum Patienten kennen wir oft die Anforderungen besser und können so meist schneller reagieren als die großen Klinik-Schlachtschiffe. Sagt der Chef eines der größten Arbeitgeber in der Pfalz. Allein das Haus in Kaiserslautern ist riesig. Hier kann man sich schon verlaufen ... (lacht) Ja, es gibt Ecken, wo man Sie nicht gleich finden würde. Kennen Sie die Wege zu allen Abteilungen und Stationen? Auf jeden Fall. Na ja, bis vielleicht mal auf kleinere Einheiten, die vor kurzem im Haus umgezogen sind. Und manchmal kann es sein, dass ich vor einer Wand stehe, wo gestern noch ein Flur war. Wo wird denn gerade gearbeitet? Für den Hybrid-OP am Klinikum starten in Kürze die Vorarbeiten. Der wird quasi von außen auf das Flachdach neben dem bestehenden OP-Trakt gesetzt. Das ist übrigens ebenfalls ein Teil des „Masterplans 2025“, wie auch die Anschaffung von verschiedenen, ziemlich teuren, Großgeräten: Ein neuer Computertomograph für die Notaufnahme, ein neues Röntgengerät für die Endoskopie, ein Operations-Roboter, zwei Linearbeschleuniger sowie zwei Magnetresonanztomographen kommen in der nächsten Zeit. Danach sind Sie und die Belegschaft wunschlos glücklich? Also ein paar Wünsche hätten wir da schon noch. Die haben wir in einem Schreiben an das rheinland-pfälzische Gesundheitsministerium für den Landeskrankenhausplan formuliert. Darin haben wir aufgeschrieben, was wir in den nächsten Jahren erreichen wollen und was dazu notwendig ist. Details dazu kann ich aber erst nach unserem Gespräch in Mainz Ende August verraten. Dass die für uns relevanten Punkte in den neuen Landeskrankenhausplan aufgenommen werden, so viel kann ich sagen, wäre die Basis, dass wir den „Masterplan 2025“ vernünftig umsetzen können. Zum Abschluss nochmal weg von der Politik: Welche Krankenhausserie schaut sich der Geschäftsführer des Westpfalz-Klinikums nach Feierabend an? Früher habe ich gern Emergency Room gesehen, aber das ist nach und nach verflacht. Da gibt’s ja mittlerweile so viele Staffeln. Das tue ich mir heute nicht mehr an. Keine deutsche Serie? Nein, die kann ich mir alle nicht ansehen! In „In aller Freundschaft“ operiert beispielsweise der Chefarzt in allen Fachgebieten alles. Das ist nicht realistisch! Außerdem stört mich, dass die Geschäftsführer in den deutschen Serien immer als Geizhälse dargestellt werden. Das hat mit der Realität ebenfalls nicht viel zu tun. Dann lieber die Übertragung des Springreitturniers in Aachen. Hätten Sie dazu gern mehr Zeit? (skeptisch) Wieso fragen Sie? Mit 61 gäbe es vielleicht ein passendes Altersteilzeitmodell für Klinikchefs, um es ruhig ausklingen zu lassen ... (lacht) Vielleicht eine halbe Stelle? Ernsthaft: Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich will arbeiten, bis ich in Rente gehe. Aber länger als bis zum 65. Lebensjahr werde ich auch nicht arbeiten. Ich will nicht solange machen, bis die Mitarbeiter sagen: „Hoffentlich hört er bald auf.“

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