Kaiserslautern „Goodbye, James!“: Tanzdirektor James Sutherland mit Gala verabschiedet

Begeisterten: die Mainzer Tänzer in der Choreografie „Soul Chain“ der Israelin Sharon Eyal.
Begeisterten: die Mainzer Tänzer in der Choreografie »Soul Chain« der Israelin Sharon Eyal.

Mit einer fulminanten Gala verabschiedete das Pfalztheater am Sonntagabend seinen Tanzdirektor James Sutherland in den Ruhestand. Als Ehrengast war seine Mutter Susan Allan Sutherland aus London angereist, namhafte befreundete Tänzer und Kompanien traten auf.

Der Abend vor ausverkauftem Haus begann und endete mit Ausschnitten aus James Sutherlands größten Erfolgen am Pfalztheater: „Kassandra“ und „Sacre“, außerdem zeigten Gäste aus Ankara, Karlsruhe, Nordhausen, Stuttgart, Mainz und Bern eigene oder in Zusammenarbeit mit James Sutherland entstandene Choreografien.

Verabschiedete sich in den Ruhestand: James Sutherland, hier mit Moderatorin Tanja Hermann.
Verabschiedete sich in den Ruhestand: James Sutherland, hier mit Moderatorin Tanja Hermann.

Dazwischen erzählte der scheidende Tanzdirektor im Gespräch mit Betriebsdirektorin Tanja Hermann , die die Gala „Goodbye, James!“ schwungvoll moderierte, hin und wieder von seinem Leben und seiner Arbeit. So erfuhren die Zuschauer, dass er ursprünglich gar nicht Tänzer werden wollte, sondern klassischer Gitarrist. Für den Tanz entschied er sich dann aus einem ganz pragmatischen Grund: „Ich konnte in einem Studio mit Menschen zusammen sein, als klassischer Gitarrist dagegen muss man sieben Stunden pro Tag allein üben.“

Das Markenzeichen

Dass der Kontakt zu und zwischen Menschen ein zentrales Thema für ihn ist, zeigte sich auch an diesem Abend immer wieder in seinen Choreografien, aber auch in der Tatsache, dass so viele ehemalige Kolleginnen und Kollegen bei seiner Tanzgala auftraten.

Der Ausschnitt aus „Kassandra“ faszinierte vor allem durch eine mitreißende atmosphärische Dichte und Geschlossenheit und zeigte in stimmiger Interaktion, dass Individualität und synchrone, fast schon rituelle Bewegungen keine Gegensätze sind, die sich ausschließen müssen. Im Mittelpunkt stand dabei immer der Körper des Tänzers, in seiner Selbsterfahrung wie in seinen Beziehungen zu anderen Tänzern und zu seiner Bewegung im Raum, ein Markenzeichen von Sutherlands choreografischer Handschrift.

Per Videocall choreografiert

Das völlige Versinken des Körpers in der Musik, wenn er im Raum auf sich selbst zurückgeworfen wird, konnten die Zuschauer in der Choreografie „Loss“ nachvollziehen, die Atahan Tepe vom MAD Dance Theatre in Ankara online mit James Sutherland während des Lockdowns erarbeitet und dann bei einem Festival in Ankara gezeigt hatte.

Einen weiteren berührenden Soloauftritt voller Emotionen präsentierte Pablo Octavio vom Staatsballett Karlsruhe im Solo des Froschkönigs aus dem Bridget-Breiner-Stück „Verzaubert“. Der wünscht sich hier anders als im Märchen keine Krone, sondern sucht ein anderes Happy End: ein normales Leben als Mann. Große, raumgreifende Bewegungen zeichneten dabei die expressiv-gestische Körpersprache von Pablo Octavio in einem universalen Befreiungsprozess aus.

Sprühender Witz

Ein weiterer Höhepunkt war der Auftritt des Balletts TN LOS! des Theaters Nordhausen mit Ivan Albaresis Stück „Poeten“. Dumpfe Trommelschläge hallten durch das fahlgraue Licht, der Raum wirkte fast mystisch-entrückt. Hier entfaltete sich ein nahezu kriegerisch anmutender Ritualtanz, in dem doch jeder Tänzer sowohl auf der Suche nach sich selbst zu sein schien wie auch nach seinem Platz im Kollektiv.

Führte ein „ABC“ von Balletvokabeln humorvoll vor: Shori Yamamoto aus Stuttgart.
Führte ein »ABC« von Balletvokabeln humorvoll vor: Shori Yamamoto aus Stuttgart.

Sprühender Witz zeichnete das Solo von Shori Yamamoto aus. Er präsentierte „ABC“ von Eric Gauthier, dem Chefchoreografen der Gauthier Dance Company des Theaterhauses Stuttgart, den eine lange freundschaftliche Zusammenarbeit mit James Sutherland verbindet und der extra auch selbst anreiste, um sich zu verabschieden. Mit viel Sinn für Humor reihen sich hier assoziative tänzerische Miniaturen aneinander, die den Zuschauer durch das ABC der Tanzwelt führen.

Sichtlich gerührt

Hiro Murato tanzte „False Memories“ von Tu Huang, eine Uraufführung zu Ehren von James Sutherland. Die Kompanie Tanzmainz fesselte mit einem Ausschnitt aus Sharon Eyals „Soul Chain“, das Bern Ballett stellte Auszüge aus „The Loss of Nature“ von Iratxe Ansa und Igor Bacovich vor.

Hiro Murato tanzte „False Memories“ von Tu Huang, eine Uraufführung zu Ehren von James Sutherland.
Hiro Murato tanzte »False Memories« von Tu Huang, eine Uraufführung zu Ehren von James Sutherland.

Auch Teilnehmer des inklusiven Projekts „Begegnungen_6: Diversity“, das professionelle Tänzer und Menschen aus der Stadt Kaiserslautern zusammengeführt hatte, waren anwesend und verabschiedeten sich auf der Bühne von einem sichtlich gerührten James Sutherland.

Auch Teilnehmer des inklusiven Tanzprojekts „Begegnungen_6: Diversity“ verabschiedeten sich von James Sutherland.
Auch Teilnehmer des inklusiven Tanzprojekts »Begegnungen_6: Diversity« verabschiedeten sich von James Sutherland.

Den Abend beschloss ein Auszug aus seiner Choreografie „Sacre“, die mit ihrer magischen Stimmung und ihren kraftvollen Bewegungen das Publikum zu stürmischem Applaus hinriss. Die Gala endete nach fast vier Stunden mit lang anhaltendem Applaus im Stehen für James Sutherland, später gab es im Foyer noch Zeit für Gespräche, auch mit dem scheidenden Tanzdirektor.

Gäste aus Karlsruhe: Lucia Solari und Ledian Soto tanzten „Eine Geschichte vom Aschenputtel", choreografiert von Bridget Breiner
Gäste aus Karlsruhe: Lucia Solari und Ledian Soto tanzten »Eine Geschichte vom Aschenputtel«, choreografiert von Bridget Breiner.
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