Kaiserslautern Gegen den „Akademiker-Wahn“

Aus wirtschaftlicher Sicht erfolgreich agiert, den Mitgliederbestand erhöht, zudem die vielen Facetten des Handwerks bei besten Gelegenheiten ins rechte Licht gerückt: All dies sei der Kreishandwerkerschaft Westpfalz im vergangenen Jahr gut gelungen. Für Hauptgeschäftsführer Helmut Knieriemen und den Vorsitzenden Kreishandwerksmeister Gerrit Horn war das gestern am frühen Abend auch Anlass, bei der Frühjahrsversammlung von einem „guten Jahr 2013“ zu sprechen.

An Lichtblicken mangelt es nicht. Unter freiem Himmel hatte sich das Handwerk im September am Altenhof präsentiert, die Freisprechung im Freien vor Publikum zu einem Erlebnis für die Neu-Gesellen gemacht. Die Gelegenheiten zur Image-Pflege habe das Handwerks wahrlich genutzt. Gerrit Horn beleuchtete in seinem Bericht einen weiteren positiven Aspekt: Die Haltung des Mall-Investors ECE zum regionalen Handwerk habe beeindruckt. Das Unternehmen habe in Gesprächen deutlich gemacht, dass es auf in Stadt und Region ansässige Betriebe baue. „Die wollen nicht, dass die Türen klemmen und es drei Tage oder länger dauert, bis mal jemand kommt und danach schaut.“ An noch laufenden Ausschreibungen sollten sich die Betriebe rege beteiligen, empfahl Horn. Was Sorgen bereitet und die Unternehmer sowie ihre Innungen alleine nicht richten können: Dem Handwerk drohe ein eklatantes personelles Problem. Dass es längst höchste Eisenbahn sei, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, wurde deutlich: In diese Kerbe schlug Rita Petry. Die Leiterin des Geschäftsbereichs Berufsbildung bei der Handwerkskammer der Pfalz beleuchtete gestern jenes brisante Thema. Sie stellte das „Leitbild zur Fachkräfte- und Nachwuchssicherung im Handwerk“ vor – dies skizziert Strategien, mit denen einer beängstigenden Entwicklung entgegengewirkt werden soll. „Wir leiden unter einem Akademiker-Wahn“, formulierte es Rita Petry. Die Zahl jener jungen Leute, die Abitur anstreben, sei binnen zehn Jahren von 37,5 auf rund 52 Prozent hochgeschnellt. Viele Ausbildungsstellen seien dagegen in der Westpfalz unbesetzt. „Vor vier, fünf Jahren war das Verhältnis noch anders, da fehlten Stellen, suchten nicht wenige Schulabgänger lange nach einem Ausbildungsplatz.“ Und doch gebe es auch heute noch junge Leute, die keine geeignete Lehrstelle fänden, auf der anderen Seite suchten Betriebe händeringend nach Azubis. Da gelte es, gute Koordinationsarbeit zu leisten. Repräsentanten der Innungen, die unter dem Dach der Kreishandwerkerschaft organisiert sind, hatten sich gestern zur turnusgemäßen Frühjahrs-Delegiertenversammlung eingefunden. Bei der Tagung im Berufsbildungs- und Technologiezentrum im Stadtwald gab es wenig Grund zu klagen. Die Regularien waren Formsache, zeugt doch der Geschäftsbericht nach den Worten von Helmut Knieriemen von erfolgreicher Arbeit im vergangen Jahr. In finanzieller Hinsicht stehe die Kreishandwerkerschaft, wie die Zahlen belegten, gut da. Bedingt durch Fusionen auch über die Landesgrenzen hinweg sei es gelungen, den gesamten Mitglieder-Bestand sogar noch mal zu erhöhen. 43 Innungen gehören der Körperschaft an, die Sitz und Geschäftsstelle in der Lauterer Burgstraße hat und die die Geschäfte für Handwerker-Verbände in den Landkreisen Kaiserslautern, Donnersberg, Kusel und Südwestpfalz sowie in den Städten Kaiserslautern, Pirmasens und Zweibrücken führt. Immerhin 31 der 43 Innungen hatten gestern Vertreter entsandt, um auch die üblichen Formalien zu erledigen. So galt es, Vorstand und Geschäftsführung zu entlasten, Haushalt und Stellenpläne für das Geschäftsjahr 2014 abzusegnen. Repräsentanten von Krankenkassen, Berufsbildenden Schulen, der Agentur für Arbeit sowie der Handwerkskammer hatten – neben anderen – ihr Interesse an der Arbeit der Handwerker-Interessenvertretung bekundet und die Versammlung besucht. (cha)

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