Kaiserslautern Fast rund um die Uhr fließt der Beton

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So ein „Schuss“ in dunkler Nacht hat schon etwas Bedrohliches: Da oben thront das mächtige Teil und harrt seiner Verwendung. Im September soll die Stahlkonstruktion über die Kante gleiten, Stück für Stück sachte nach vorn geschoben werden, auf hohen Pfeilern dann zur Ruhe kommen. Das aber wird noch ein Weilchen dauern. Erst müssen noch die Pfeiler wachsen, die „Schüsse“ fest verschweißt werden. Ein weiteres Puzzlesteinchen aber sitzt seit gestern an seinem Platz: Das erste Widerlager der Lautertalbrücke steht.

Fast rund um die Uhr sollte der Beton fließen. So war’s geplant, so war noch die Vorgabe, als am Donnerstagmorgen der erste Laster anrollte und das graue Gemisch herausquellen ließ. Aber: Nach etwas mehr als 17 Stunden war die Sache schon erledigt, das Innere der Schalung mit Beton gefüllt. „Prima gelaufen, alles glatt gegangen“, freute sich Baustellen-Chef Elmar König gestern Nachmittag über einen erfolgreichen Verlauf der doch etwas außergewöhnlichen Nachtschicht. Zwar ist ja nun Nachtarbeit nichts wirklich Neues beim Großprojekt Autobahn-Ausbau. Doch darf nicht allzu viel schiefgehen, wenn es gilt, ein tragendes Element einer neuen Brücke zu erstellen. Das Widerlager ist wahrlich wie aus einem Guss gefertigt worden. Rund 550 Kubikmeter Beton sind von Donnerstag bis gestern Morgen ins Innere der Schalung geflossen. „Sechs Kubikmeter passen in den Betonmischer, also sind es rund 95 Fuhren, die da angekarrt wurden“, rechnet Volker Priebe mal grob hoch. Der stellvertretende Leiter des Landesbetriebs Mobilität (LBM) Kaiserslautern droht ebenso mit dem Teilstück der A 6 zu verwachsen wie sein Kollege König. Der sechsspurige Ausbau der Autobahn zwischen den Anschlussstellen West und dem Dreieck zur A 63 hält die beiden mächtig auf Trab. „Ich werd’ damit alt“, stöhnt König – scherzhaft. In der Tat jedoch: Seit 2010 ist König mit dem Projekt beschäftigt. „Und ich gehe davon aus, dass ich wohl bis 2020 damit zu tun haben werde.“ Im Jahr 2018 aber soll der Verkehr bereits reibungslos auf drei Spuren in beiden Fahrtrichtungen fließen. So war’s geplant – und derzeit deutet alles darauf hin, dass das auch klappt. Es mag ja zunächst nicht nach einer großen Herausforderung klingen, eine Autobahn auf einem nur wenige Kilometer langen Stück zu verbreitern. Aber jenes Teilstück hat es in sich: Die Topographie birgt Tücken. Vor allem aber gilt es, zwei Täler völlig neu zu überbrücken. Beim A6-Ausbau laufen ungeheuer viele Arbeiten zeitgleich ab, wie Elmar König erklärt. Beispiel: Waschmühltal-Brücken. „Wir arbeiten ständig auf der alten, denkmalgeschützten Brücke – aber man sieht kaum was davon.“ Das wird sich ändern: Mit dem Aufbau soll es im letzten Juli-Drittel losgehen, die Brücke erhält einen Fahrbahnuntergrund, der auf einer neuartigen Technik beruht. „Der LBM spielt da – wieder einmal – Vorreiter“, sagt König nicht ohne Stolz. Das Gleitlager-Prinzip ermöglicht es, wie Volker Priebe gegenüber der RHEINPFALZ bereits im vergangenen Jahr erklärt hatte (wir berichteten), direkt auf der alten steinernen Bogenkonstruktion einen neuen Fahrbahn-Untergrund zu montieren, der nur an einer einzigen Stelle mit der Brücke verbunden ist. Steingewölbe und Fahrbahn-Konstrukt dehnen sich bei Temperatur- und Belastungsänderungen unterschiedlich stark aus. Indem die Fahrbahn über dem Bogenbau dahin gleitet – Millimetersache – ist dies auszugleichen, ohne dass Risse entstehen, die Brücke irgendwann in sich zusammenzustürzen droht. Während sich die beiden Brücken – die alte und die neue – bereits direkt nebeneinander überm Waschmühltal erheben, steht im Lautertal erst eine. Immerhin ist die zweite alte Brücke dort bereits komplett demontiert. Eines der beiden alten Widerlager, jenes im Osten, steht noch. Es wird nun abgerissen, während das neue Widerlager auf der anderen Seite zurzeit aushärtet. Rund 16 Meter breit, zwölf Meter hoch und 3,70 Meter tief ist die Betonhaut, die demnächst zum Hügel im Westen hin mit Erdreich verfüllt wird. Von dieser Seite aus wird dann auch der Hohlkörper aus Stahl vorgetrieben. Zunächst aber müssen noch die Pfeiler errichtet werden, auf die sich die Stahlkonstruktion stützt. Zwei „Schüsse“ – stählerne Teile von je etwa 20 Metern Länge – liegen schon bereit. Fünf von ihnen werden miteinander verbunden, das 100 Meter lange Stück wird dann über das Widerlager hinweg übers Tal geschoben. Das Kopfende des Stahlkörpers, auf das später der Fahrbahn-Untergrund betoniert wird, das wird allerdings in diesem Jahr nicht mehr auf der Ostseite ankommen, so viel steht laut Priebe und König schon mal fest. Erst im kommenden Jahr wird auch die zweite neue Brücke den Taleinschnitt komplett überspannen. Zwölf Personen waren bis gestern Morgen am Widerlager beschäftigt – dazu die Fahrer, die unentwegt Beton ankarrten. Fünf Betonmischer-Fahrzeuge pendelten am Tag zwischen Betonwerk und Brücke, in den Abend- und Nachtstunden reichten der geringeren Verkehrsdichte wegen deren drei aus, um einen steten Beton-Fluss sicherzustellen. Auf die gestrige Baustellen-Nachtschicht folgt morgen übrigens schon die zweite: Die A6 wird von morgen Abend bis Sonntagabend gesperrt, damit die Schilderbrücken nahe des Vogelwoogs abgebaut werden können. Schritt für Schritt kommt das Großprojekt A6-Ausbau voran.

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