Kaiserslautern Fagott-Workshop mit furiosem Konzert beendet

Eine voll gepackte Bühne gab es in der Fruchthalle beim Fagott-Konzert am Sonntag.
Eine voll gepackte Bühne gab es in der Fruchthalle beim Fagott-Konzert am Sonntag.

Der dreitägige Workshop „Die Fagotte sind los“ endete am Sonntag mit einem Abschlusskonzert unter dem gleichen Motto. Es hinterließ einen überwältigenden Eindruck.

„Die Fagotte sind, nein waren los!“ Und zwar am Sonntag in der Fruchthalle, beim Abschlusskonzert des 24. Fagott-Ensembleworkshops seit 2001. Das dreitägige Arbeiten am Instrument fand heuer zuvor in Kaiserslautern statt. In der Tat wurde die Fruchthalle förmlich überrannt vom Ansturm aus Schülern, Studenten, Dozenten und Interessenten sowie weiteren mitwirkenden Orchester- und Liebhabermusikern des Instruments. Musikalisch und pädagogisch avancierte die Mammutveranstaltung zu einem herausragenden Ereignis für die Stadt.

Organisatorisch wirft allerdings die reduzierte Bestuhlung Fragen auf. Viele Besucher mussten stehen, die jungen Musikerinnen und Musiker drängten sich beim Warten auf ihren Einsatz teils in den Korridoren. Dennoch moderierte gut gelaunt und euphorisch gestimmt Lokalmatador Jörg Klamroth, Solofagottist vom Pfalztheater. Und der Schirmherr der Aktion, Professor Alfred Rinderspacher, der einst Lehrer von Monika Schumacher war, die den veranstaltenden Verein Fagott e.V. führt, und als „Fagottpapst“ als wesentlicher Repräsentant einer Popularisierung des Orchesterinstruments gilt, war sichtlich angetan von der Fülle der überwältigenden Eindrücke.

EIn unterschätztes Instrument

Der werbewirksame Slogan erinnert an den Tier- und Abenteuerfilm „Die Löwen sind los“. Die in der Art eines Bienenschwarms sich ausbreitendende Fagottisten-Riege ließ auch Assoziationen an Rimsky-Korsakows „Hummelflug“ aufkommen. Passend ist auch das Werk „Flying Bassoons“ des eigens für diese Formationen komponierenden Oliver Hasenzahl. Überhaupt eroberte dieser mitgereiste Tross mit Begleitpersonen wie Eltern und Angehörigen die Pfalz, war in Gastfamilien oder Unterkünften der Hotellerie untergebracht. Mit 236 Mitgliedern als Höchststand des vor über 20 Jahren initiierten Workshops sprengte ausgerechnet das oftmals belächelte, unterschätzte Instrument als Doppelrohrblatt-Vertreter der Holzblasinstrumente alle Rekorde und war auch entsprechend im „Buch der Rekorde“ vertreten.

In der Orchesterpartitur steht die Fagottstimme an unterster Stelle des Holzbläsersatzes und hatte im Barock vor allem Generalbass-Aufgaben in ostinaten Basslinien. Seit den Solokonzerten von Vivaldi, Mozart und Weber begann solistisch die Abkehr von barocken Generalbass-Traditionen. Das gewichtige, mit Gurten getragene Instrument begann einen Siegeszug durch Konzert, Oper und Sinfonik mit ansprechenden Solostellen auf Augenhöhe.

Musiker von sechs bis 84 Jahren

Die Veranstaltung widerlegte weitere Vorurteile, etwa, dass es für den frühen Beginn nicht tauge, schwer zu „händeln“ sei. Da standen bei Andreas Freys Komposition „Abenteuer“ schließlich Kinder zwischen sechs und zehn Jahren auf der Bühne, ausgestattet mit kleineren Kinderinstrumenten. Zur Sicherheit und Verstärkung musizierten aber auch Senioren bis 84 Jahren bei diesem abwechslungsreichen Konzertprogramm mit und erinnerten daran, dass im musikalischen Märchen „Peter und der Wolf“ von Prokofjew der Großvater vom Fagott charakterisiert wird. Hier war er mit von der Partie, im harmonischen Einklang mit Anfängern, die ihre Sache sehr gut machten.

Die überlegt und als Steigerung zusammengestellte Programmfolge sollte zeigen, dass das Instrument koboldhafte Züge oder tierisches Vergnügen, etwa in „Sebastian der Fuchs“ von Georg Dreyfus, ebenso treffend illustrieren kann wie einen kecken Spaßvogel. Etwa teilweise in den Tetris-Variationen von Leonard Eröd. Schließlich widerlegten weitere stilistische Abwandlungen, etwa vom Liedklassiker „Happy Birthday“ weitere Vorurteile, denn die gängige Melodie wurde in tänzerischer Walzerseligkeit oder im elektrisierenden Tango von Claus-Dieter Ludwig umgedeutet. Die Kunst der vertretenen Arrangeure (darunter auch Lokalmatador Klamroth) zeigte, dass man vom Fagott hinunter zum Kontrafagott mit mehr als vier Oktaven und bei tenoralen Höhenflügen sehr viel an Klangdifferenzierung, Dynamik und Volumen erzeugen kann, um diese große stilistische und klangliche Vielfalt zu erzielen.

Auf Abenteuerreise

Hinter dieser Präsentation stecken neben Komponisten und Arrangeuren, die eigens wie Andreas Frey oder Martin Peter für solche mehrstimmigen Formationen schreiben, auch neue, zukunftsweisende Konzepte. Etwa bei Freys „Abenteuer“ (nomen est omen), wo visuelle Unterstützung, rhythmischer Sprechgesang und weitere Klangeffekte eingesetzt werden und alle Möglichkeiten der Darstellung ausgereizt scheinen.

Ob barocke Intraden oder Opernmelodien von Verdi: Die in wechselnden Formationen sich präsentierenden Zusammenstellungen zeigten das volkstümlich als „Ofenrohr“ unterschätzte Instrument von einer neuen, reizvollen Seite. Nach unserem ermittelten Kenntnisstand gibt es von keinem anderen Orchesterinstrument eine solche Bewegung, die Berge versetzt und neue Horizonte öffnet.

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