Kaiserslautern Der Traum vom Millionen-Erbe

Wegen Veruntreuung und Vorenthalten von Arbeitsentgelt musste sich gestern ein ehemaliger Unternehmer aus Landau vor dem Amtsgericht Kaiserslautern verantworten. Obwohl der finanzielle Schaden einige hunderttausend Euro beträgt, kam der 62-Jährige mit einer Haftstrafe von zwei Jahren auf Bewährung davon.

Wie ein gebrochener Mann erscheint Hans K. am Mittwoch Vormittag vor den Schranken des Lauterer Amtsgerichts, körperlich und psychisch sichtbar angeschlagen. „Ich habe die ganze Nacht kein Auge zugemacht und musste ein starkes Beruhigungsmittel nehmen,“ bekennt der heute 62-Jährige. Dabei galt er vor gut zehn Jahren als ein durchaus achtbarer Unternehmer: Inhaber eines Autohauses mit angeschlossener Kfz-Werkstatt in Landau. „Hochgearbeitet aus kleinsten sozialen Verhältnissen,“ wie sein Anwalt Bernd Lütz-Binder später in seinem Plädoyer betont. Doch als die Geschäfte vor gut zehn Jahren wohl nicht mehr so gut liefen, verfiel der Kraftfahrzeugmeister auf eine scheinbar geniale Idee. Er erfand ein „Millionen-Erbe in der Schweiz“, um damit seine Kreditwürdigkeit bei seinen heimischen Banken zu verbessern. Als „Beweise“ für sein plötzliches Vermögen dienten ihm dabei kopierte Konto-Auszüge und Belege einer Schweizer Genossenschaftsbank. „Die waren aber ganz offensichtlich gefälscht,“ erinnerte sich gestern ein inzwischen pensionierter Kriminalbeamter als Zeuge vor Gericht. Ein tatsächliches Konto des Angeklagten bei der Schweizer Bank habe Ende des Jahres 2005 ein Guthaben von rund 50 Franken ausgewiesen. Umso erstaunlicher die Erfolge, die der Unternehmer mit seinem angeblichen Millionen-Erbe hatte: Allein bei seiner Hausbank, einer Kreis- und Stadtsparkasse in der Vorderpfalz, bekam er in den Jahren 2004 bis 2007 frische Kredite in Höhe von mehreren hunderttausend Euro. Später gewährte ihm auch ein Schwester-Institut in Kaiserslautern ein Darlehen von mehr als 100.000 Euro, weil der Unternehmer inzwischen sein Domizil in die Westpfalz verlegt hatte. „Keines dieser Darlehen wäre gewährt worden, wenn die zuständigen Bank-Mitarbeiter nicht getäuscht worden wären,“ resümierte die Vertreterin der Anklage gestern. Damit nicht genug. Spätestens 2007 ging es dem Kfz-Meister finanziell wohl so schlecht, dass er auch die fälligen Sozialabgaben für seine Angestellten nicht mehr abführte. „Vorenthalten von Arbeitsentgelt in mehr als 30 Fällen,“ zählte die Staatsanwältin insgesamt. So ganz nebenbei blieben auch ein Lauterer Juwelier, ein Rechtsanwalt und zwei Handwerker aus der Region auf ihren Rechnungen sitzen, weil sie auf geplatzte Schecks des Unternehmers reingefallen waren. Und selbst als der Gerichtsvollzieher kam, gab der klamme Geschäftsmann noch eine falsche „eidesstattliche Versicherung“ ab: Er „vergaß“ schlicht einen Grundbesitz, den er hätte angeben müssen. Heute, rund sieben Jahre später, gibt der gescheiterte Unternehmer seine Taten „in vollem Umfang“ zu. „Und es tut mir auch sehr leid, dass ich damit Menschen geschädigt habe“, bemerkt er ziemlich kleinlaut. Nach dem Zusammenbruch seines Geschäfts sei er psychisch krank geworden, was auch durch zwei ärztliche Gutachten bestätigt wird. Inzwischen ist er Rentner und lebt nach seinen Angaben von rund 800 Euro im Monat. „Glücklicherweise habe ich eine neue Frau gefunden, die sehr viel für mich tut,“ erklärt er dem Gericht. „Und irgendwelche Geschäfte mache ich garantiert nicht mehr.“ Dieses Geständnis, seine Krankheit und „eine positive Sozialprognose“ für den Angeklagten veranlasst die Staatsanwältin schließlich zu einer recht milden Strafforderung: Eine Gesamtstrafe von zwei Jahren Haft, ausgesetzt auf ebenfalls zweijährige Bewährung. Der Verteidiger schließt sich dem „mit Dank und Anerkennung“ an, auch die dreiköpfige Strafkammer des Amtsgerichts kommt nach einer kurzen Beratung zum gleichen Urteil. Innerhalb weniger Minuten verzichten alle Prozess-Beteiligten auf mögliche Rechtsmittel. Und der angebliche „Millionen-Erbe“ verlässt den Gerichtssaal als freier, wenn auch gebrochener Mann.

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