Kaiserslautern Butterweich ins Bluesriff

Das Publikum war in seiner Mehrzahl männlich und über 50, die Mannheimer SAP-Arena natürlich ausverkauft. Bei Eric Claptons einzigem Deutschland-Konzert in diesem Jahr mussten die Fans zwar auf eine mitreißende Show verzichten, dafür zeigte der Altmeister des Bluesrock noch einmal sein großes Können.

Der Mann ist cool. Das muss man zuallererst einmal festhalten. Nicht so eine schlurfige Die-großen-Zeiten-sind-vorbei-Wurstigkeit, die man bei einem bald 70-jährigen Popstar mit Millionenauflagen und Drogenkarriere erwarten könnte. Clapton verfügt über eine Coolness mit Stil, alles scheint durchdacht, geplant, jeder Song, jedes Solo. Sogar die Jeansjacke sieht gebügelt aus. Das könnte leicht in eine abgeklärte Klassiker-Attitüde kippen, bei Clapton entsteht daraus immer noch große Kunst. Nach ausgiebiger Tour 2013 hat er noch einmal ein paar Konzerte nachgelegt, Mannheim gehörte dazu. Allzu oft werde man ihn nicht mehr live erleben, lässt er schon mal wissen. Auch wenn er immer noch einen beneidenswert fitten Eindruck macht. Der Auftritt in der SAP-Arena ist frei von jeglichem Eventgetue: Auf der Bühne Clapton und fünf Musiker, alle im fortgeschrittenen Alter, dazu zwei Sängerinnen für die Soulfärbung der poppigeren Songs. Ansonsten alles sehr übersichtlich und aufgeräumt, ein bisschen Lightshow-Geflimmere und zwei Leinwände, auf die vor allem Nahaufnahmen von Claptons Fingerfertigkeit geliefert werden. Auch die Programm-Choreografie vertraut ganz den inneren Werten jedes einzelnen Songs, überwiegend Bluesstücke und Balladen, auch ein paar Midtempo-Sachen zum Munterwerden und ein ausgiebiger Akustikteil in der Mitte, in dem auch der Superhit „Layla“ seinen Platz findet. Gleich den Opener „Somebody’s Knocking“ verwandelt Clapton mit einem träge gesteigerten Solo zu einem energiegeladenen Bluesrock. Viele dieser konzentriert und knapp vorgetragenen Improvisationen folgen, und immer geht Clapton mit Geduld und perfektem Timing zu Werke, entwickelt Spannungsbögen und bringt seine Stratocaster genüsslich zum Singen. Und selbst wenn Mr. Slowhand mal den großen Gang einlegt, beschleunigt und über Taktgrenzen hinwegrauscht, wird kein einziger Ton ausgelassen oder weggefuddelt, und am Ende landet er butterweich im Bluesriff. Nicht bloß musikalisch strahlt der Mann eine betörende Gelassenheit aus. Ein langer, kurvenreicher Weg war nötig, um dorthin zu gelangen. Das fing an mit einer Kindheit in einem langweiligen Kaff in Surrey in Südengland. Was der kleine Eric für seine Eltern hielt, waren in Wahrheit die Großeltern, die Mutter war bei seiner Geburt 16 Jahre alt, der Vater ein verheirateter kanadischer Soldat, der bald zu seiner Familie zurückkehrte. Folksongs und das Gitarrespielen wurden da zu Rettungsinseln in einem ziemlich unsteten Gewässer. Die Liebe zu Blues und Folk, zu den einfachen Songs mit den lebensnahen Botschaften, schien immer Claptons Triebfeder. Daran konnten auch die großen Bands nichts ändern, mit denen er Rockgeschichte schrieb: Yardbirds, Bluesbreakers, Cream, Blind Faith. Der ganze Rockstar-Hype ist Clapton nicht bekommen, Drogenexzesse, Alkohol, endlose Affären haben ihn in den Siebzigern ganz nach unten befördert. Als Solokünstler hat er sich wieder hochgeschafft, blieb zwar Gitarrengott, aber einer mit Bodenhaftung, so weit sich dies im Stadionformat realisieren lässt. Die 11.000 in Mannheim waren da fast schon ein intimer Rahmen. 16 Songs füllten die konzentriert durchgespielten 90 Minuten, zahlreiche Cover darunter: Willie Dixons „Hoochie Coochie Man“, „Cross Road Blues“ und „Little Queen of Spades“ von Robert Johnson, zwei Stücke von J.J. Cale, dessen „Cocaine“ kurz vor Schluss noch mal für Stimmung sorgte. Seinem Keyboarder Paul Carrack überließ er die Gesangsstimme bei „How Long“, dem Ace-Hit, den Carrack in den Siebzigern für diese Band geschrieben hatte. Und Gitarrist Andy Fairweather-Low, der immer wie ein hibbeliger Altphilologe wirkt und den Meister brav mit Riffs und Licks versorgte, durfte mit seiner Version des „Gin House Blues“, dieser schmerzerfüllten Trinkerballade, für eines der Glanzlichter des Abends sorgen.

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