Grünstadt Ziviles Gesicht der Machtpolitik?

Atom und Macht sind siamesische Zwillinge. Diese Hypothese vertritt Professor Wolfgang Schluchter in seinem zweiten Atomkrimi „Die unheilige Strahlkraft des Gral“. Auszüge aus diesem Roman liest der promovierte Stuttgarter, der ein bewegtes Leben zwischen Reaktortechnik und Anti-Atomkraft-Bewegung hat, morgen, Dienstag, in der bundesweiten Woche der Sonne (11. bis 21. Juni) in der Alten Papierfabrik Ebertsheim.

Der 71-Jährige hat vor seinem Studium der Volkswirtschaftslehre und der Soziologie an der Uni Heidelberg eine Mechanikerlehre absolviert und nach dem Diplom im Kernforschungszentrum Karlsruhe sowie in verschiedenen Atomkraftwerken gearbeitet. Seit der Planung des AKW in Wyhl in den 1970ern engagiert er sich gegen diese Form der Energieerzeugung. Nach dem Störfall im Kernkraftwerk Gundremmingen am 13. Januar 1977, bei dem der havarierte Block A wirtschaftlichen Totalschaden erlitt und die Donau radioaktiv kontaminiert wurde, veröffentlichte Schluchter seine Schrift „Polizei und Wissenschaft, vereint gegen Bürgerinitiativen“. Diese Publikation kostete ihn seinen Job im amerikanischen Battelle-Institut für Kernphysik, Frankfurt. Die US-Militärpolizei beschlagnahmte seine Manuskripte, er wurde des Hochverrats angeklagt und mit einem jahrelangen Berufsverbot belegt. Wolf Schluchter schloss sich der Anti-Atomkraft-Bewegung an, war beteiligt an der Gründung der Grünen. Ab 1983 arbeitete er an verschiedenen Universitäten, von 1994 bis 2012 war er Professor am Lehrstuhl für Sozialwissenschaftliche Umweltfragen der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) und Direktor des Humanökologischen Zentrums in Cottbus. Im Oktober 2010 erschien sein erster Atomkrimi „Die unheimliche Logik des Halma“. Im zweiten Roman zu diesem Themenkomplex „Die unheilige Strahlkraft des Gral“ wartet Schluchter zunächst mit vielen Fakten zu unterschiedlichen AKWs auf und kommt stets auf die drängende Frage zurück, auf die es noch immer keine Antwort gibt: Wohin mit dem radioaktiven Müll? Dann schickt er den Journalisten Hartmut Küppers auf eine Reise kreuz und quer durch mehr als sechs Jahrzehnte deutscher Geschichte. Dabei versucht der Protagonist Gründe und Abgründe des Widerstandes gegen Kernkraftwerke zu eruieren. Er mutmaßt, dass AKWs nur das zivile Gesicht einer viel weiter reichenden Machtpolitik sind, denn schließlich fällt bei der Kernspaltung Plutonium an. Und das wird für Atombomben gebraucht... (abf) INFO Autorenlesung mit Wolf Schluchter: morgen, Dienstag, 19 Uhr, Alte Papierfabrik, Eduard-Mann-Straße 3, Ebertsheim. Der Eintritt ist frei.

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