Grünstadt Viel Platz für was?

Spektakulär, aber ohne Heizung: die Multihalle im Mannheimer Herzogenriedpark.
Spektakulär, aber ohne Heizung: die Multihalle im Mannheimer Herzogenriedpark.

«Mannheim.» Was lässt sich mit einem maroden Gebäude mit außergewöhnlicher Architektur wie der Mannheimer Multihalle nur anfangen? Darüber haben sich Bürger drei Tage lang Gedanken gemacht. Das Denkmal hat eine außergewöhnliche Form – und das ist sein größtes Problem.

Das Gebäude mit seiner Holzgitterschalen-Konstruktion ist für die Bundesgartenschau 1975 gebaut worden. Die verantwortlichen Architekten: Frei Otto und Carlfried Mutschler. Mit ihrer spektakulären, organisch gerundeten Formensprache gilt die freitragende Halle als markantes Beispiel der architektonischen Tendenzen der 1970er-Jahre. Inzwischen ist die Konstruktion marode, eine große Sanierung wäre fällig. Die Frage ist, wie man die Halle künftig nutzen könnte. Das Aufregende und Einzigartige an der Halle, ihre frei geschwungenen Formen, ist auch ihr größtes Manko. Über der sichtbaren baulichen Konstruktion aus Holzlatten gibt es nur eine dünne Dachhaut aus Kunststoff. Wärmedämmung? Fehlanzeige. Der riesige Innenraum der Halle ist damit nicht beheizbar. Da sie eigentlich nur für die Dauer der Bundesgartenschau 1975 geplant war, gab es von vornherein keine Heizung. Veranstaltungen außerhalb der warmen Jahreszeit sind deshalb kaum möglich. Das ist ein wesentlicher Grund, warum die Halle in Vergessenheit geriet. Für eine mögliche Sanierung der Konstruktion gibt es seit dem vergangenen Jahr positive Ansätze. Die von einem Gutachter ermittelten Sanierungskosten von etwa 11,6 Millionen Euro könnten vielleicht gemeinsam von Stadt, Bund, Land und einem neuen Verein gefördert werden. Letzterer könnte eine Spendenkampagne starten. Inzwischen macht sich auch die Architektenkammer Baden-Württemberg für das Kulturdenkmal stark. Als wesentlicher Punkt für den Erfolg einer Spendenkampagne gilt aber das künftige Nutzungskonzept. Bereits im Frühjahr 2017 trafen sich Fachleute aus den Bereichen Architektur, Wirtschaft, Kultur und Sport zu einer Ideenwerkstatt. Nun sind die Bürger und Stadtteilbewohner an der Reihe gewesen. An mehreren Tagen erfüllten sie die Multihalle mit Leben. In einer Stadtteil-Konferenz diskutierten Bewohner des Stadtteils Herzogenried und sammelten Vorschläge. „Das war sehr gut. Hier haben Menschen miteinander diskutiert, die sonst nie zusammengekommen wären“, sagt Quartiermanagerin Jennifer Yeboah. Dabei gewesen seien auch Jugendliche und Leute, die sonst nie zu Diskussionen gingen. Ein großes Thema in der Diskussion sei gewesen, Räume zu schaffen. Räume für viele einzelne Gruppen. Vorstellbar wäre es zum Beispiel, die Halle als Spiel- und Sport-Park zu nutzen. Inline-Skating, BMX-Radfahren, Klettern, Rollhockey und vieles mehr könnte hier möglich sein. Am nächsten Tag der Diskussionsveranstaltung, zu der Experten der Fachhochschule Darmstadt gekommen waren, standen gesellschaftspolitische Ansätze im Mittelpunkt. „Die Multihalle war 1975 von Frei Otto gedacht als Ort der Freiheit für die Bürger“, sagt Mannheims für Bauangelegenheiten zuständiger Bürgermeister Lothar Quast (SPD). Er regte an, die in der Architektur enthaltenen Ideale wieder aufzunehmen. In diesem Sinne könnte die Halle wieder zu einem „offenen Ort“, zu einem „Raum der Möglichkeiten“ werden. Ein Vorschlag laute, sie zum Ort der stadtgesellschaftlichen Begegnung und der Demokratie zu machen, meint Quast. „Die Halle ist eine Multifunktionshalle“, betont Christina West von der Hochschule Darmstadt. In der großen Halle würden auch verschiedene Veranstaltungen gleichzeitig funktionieren. Als Experimentierraum, Lernort für Schulen und Hochschulen – jede Veranstaltung sollte möglich bleiben, so ihre Empfehlung. Wie Quast ankündigte, soll es im Frühjahr einen Ideenwettbewerb für Architekten geben. Dort soll in eine neue Richtung gedacht werden. Die Architekten sollen das Konzept eines „Raums im Raum“ verfolgen. Gemeint ist damit der Einbau eines neuen umschlossenen Raums innerhalb der Halle, der klimatisierbar und folglich vielseitig nutzbar wäre. Der Rest der Halle böte immer noch genug Platz für anderes – etwa im Bereich Sport und Freizeit.

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