Grünstadt Turnen auf dem Kahlenberg

Anfang des 20. Jahrhunderts, als die Idee von Turnvater Jahn (1778 bis 1852) zur Gründung etlicher Sportvereine führte, wurde auch der TV Hertlingshausen ins Leben gerufen. Seit 1957 heißt er TuS und feiert nun sein 110-jähriges Bestehen. Bei der Veranstaltung am Tag der Sommersonnenwende wird es ein buntes Programm für Jung und Alt geben. Dabei werden sich auch sämtliche Abteilungen präsentieren.

In den ersten Jahren konzentrierte man sich im Verein, dem Jakob Schwenk I. vorstand, aufs Turnen. Begonnen wurde damit im Frühjahr 1904. In den Dorfwiesen hinter dem Gasthaus „Zum Klosterhof“ – heute Klosterhofstraße 2 – wurde eine kleine Freifläche dafür hergerichtet. Bei Nässe war sie allerdings kaum zu nutzen. Dann wurden, wie auch im Winter, die Übungsstunden im Saal über dem Lokal abgehalten, wie Reinhard Rößel in seiner Chronik schreibt. Ideal war das natürlich nicht, denn wenn die Sportler richtig loslegten, wackelten buchstäblich die Wände. TuS-Schriftführer Rößel, dessen Urgroßvater Bernhard Kassierer im neu gegründeten TV war, berichtet, dass die Turner aus diesem Grund in die ehemalige Wirtschaft „Linde“ (jetzt Hauptstraße 22) wechselten, wo sich ein Raum im Erdgeschoss befand. Das erste richtige Trainingsareal unter freiem Himmel richtete der Verein am Kahlenberg her, vermutlich in der Nähe des Festplatzes des Verschönerungsvereins. Das Angebot wurde um Leichtathletik und verschiedene Ballsportarten erweitert. 1922 kaufte der TV Grundstücke in der Nähe des heutigen Clubgeländes und legte dort einen Sportplatz an. 17 Jahre später brachen der Zweite Weltkrieg aus und das Vereinsleben zusammen. Sieben Mitglieder verhinderten mit Beitragszahlungen die Auflösung des TV und den Übergang des Vermögens an den Gau. Da der alte Verein aber aus politischen Gründen nicht mehr aktiviert werden konnte, wurde im Oktober 1948 im Lokal „Specht“ der Sportverein Hertlingshausen unter dem Vorsitz von Heinrich Dietzel gegründet. Er hatte sogleich 44 Mitglieder. In dem Verein wurde vor allem Fußball gespielt – auf einem Platz beim Landschulheim. Rund zehn Jahre später wurde dem runden Leder bereits auf dem heutigen Sportgelände nachgejagt. Im Februar 1957 hatten die beiden Vereine mit zusammen 93 Aktiven und Passiven unter dem Namen Turn- und Sportverein Hertlingshausen 1904 fusioniert und ein Clubhaus gebaut. „Nach Fertigstellung der Fundamente bemerkte man, dass diese nicht richtig ausgemessen waren, und die Holzbaracke bis auf Teile der Dachkonstruktion keine Verwendung finden konnte“, erzählt Rößel. So musste das Vereinsheim gemauert werden. Im Januar 1975 wurde eine Turnhalle eingeweiht, Gymnastik- und Tischtennisabteilungen ins Leben gerufen. Der TuS schloss sich mit dem Verschönerungs- und dem Gesangsverein zur „Hertlingsheiser Hellbeerschdorze“ zusammen, um Karneval in der neuen Halle zu feiern. 1980, ein Jahr nach dem 75. Jubiläum – der TuS zählte 280 Mitglieder – wurde der Sportplatz mit einem neuen Tennenbelag versehen. Aus den Überschüssen der Prunksitzungen konnte 1998 das Hallendach saniert werden, auch die Flutlichtanlage wurde erneuert. 2001 gründete sich der Club der Förderer des TuS, um den Verein bei der Mittelbeschaffung für Instandhaltungsmaßnahmen und Neuanlagen zu unterstützen. Zwei Jahre nach dem 100. Geburtstag, den der TuS mit 354 Mitgliedern feiern konnte, hatte man einen Rasenplatz. Es entstand auch ein Kleinspielfeld mit Kunstrasen, was zusammen mit einer Boule-Bahn im April 2007 eröffnet wurde. 2012 stiegen die Fußballer – erstmals in der Geschichte des Vereins, dem nun 420 Beitragszahler angehörten – von der Kreisliga in die Bezirksklasse auf. Nach einem Abstieg im vergangenen Jahr folgte jetzt wieder der Aufstieg. Rößel: „Das ist der passende Höhenflug zum 110. Jubiläum.“ Einziger Wermutstropfen: Die Mitgliederzahl ist auf aktuell 380 gesunken. (abf)

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