Grünstadt Stoffatelier zieht in Leerstand

Ab heute wird es einen markanten Leerstand in der Grünstadter Fußgängerzone weniger geben: Der Eckladen Hauptstraße 56 – bis Dezember 2011 das Haushaltswarengeschäft Lutz – wird zu einem Stoffatelier. Neu eröffnet wird es nicht, denn es existiert bereits seit fünf Jahren in einem Privathaus in Sausenheim. Kleinunternehmerin Magdalena Matheis-Kissler wagt nun den Schritt hinaus aus ihrer 50-Quadratmeter-Einliegerwohnung.

Das Dreifache an Platz wird ihr im neuen Domizil zur Verfügung stehen. Es wird aber nicht alles Verkaufsfläche für etwa 750 verschiedene Stoffe, Kurzwaren, Nähmaschinen, Schnittmuster und Fachzeitschriften. Der hintere Bereich soll als Kursraum abgeteilt werden. Gegenwärtig verdient Matheis-Kissler fast ausschließlich mit Workshops ihr Geld. Anfangs war sie noch mit ihren selbst genähten Unikaten auf Kunsthandwerkermärkten, doch der Aufwand steht in keinem Verhältnis zum Ertrag. Heute gibt sie an mehreren Tagen in der Woche Nähkurse. „Ich habe mit einer Teilnehmerin begonnen, jetzt habe ich eine lange Warteliste“, erzählt die Sausenheimerin, die ihr Hobby zum Beruf gemacht hat. „Die Nachfrage boomt.“ Es scheint derzeit „in“ zu sein, sich Röcke, Blusen und Hosen selbst anzufertigen. Wer sich für den 15-stündigen Lehrgang im Umgang mit Nadel und Faden anmeldet, hat meist kaum Vorkenntnisse. In der Regel sind es Frauen aller Altersstufen, bislang war erst ein Mann dabei. Matheis-Kissler ist Dozentin der Volkshochschule Grünstadt und unterrichtet zudem Kinder ab acht Jahre. Eine Arbeitsgemeinschaft aus der Käthe-Kollwitz-Schule kommt regelmäßig zu ihr nach Sausenheim. Ab nächster Woche haben die Kinder einen deutlich kürzeren Weg. Einen richtigen Laden in der Innenstadt wollte die kreative Physiotherapeutin, die 20 Jahre lang Hausfrau war und ihre beiden Söhne großzog, eigentlich schon 2009 zusammen mit einer Freundin eröffnen. Doch deren Familie zog nicht so mit, und die Immobilien im Herzen Grünstadts sind teuer. Deshalb eröffnete Matheis-Kissler ihr Atelier zunächst in der eigenen Einliegerwohnung. Seitdem sich der kleine Gewerbebetrieb nach einer Phase mit roten Zahlen selbst tragen kann, entstand der Wunsch, das – abgelegene – Souterrain zu verlassen. Ein passendes Objekt fand sich im ehemaligen Porzellanhaus Lutz, wozu auch drei Mietwohnungen und ein Nebengebäude gehören. „Es soll eine Alterssicherung sein“, sagt die 58-Jährige. Über den Kaufpreis sei Stillschweigen vereinbart worden. An Christi Himmelfahrt wurde mit der Renovierung begonnen, für die nur rund 10.000 Euro investiert werden mussten. „Wir haben etliche Einrichtungsgegenstände wie beleuchtete Glasregale übernehmen können“, so die Unternehmerin. Außer der Erneuerung des Fußbodens wurde alles in Eigenleistung bewältigt, maßgeblich durch Ehemann Joachim Kissler, freiberuflicher Ingenieur für Fahrzeugtechnik, und Sohn David, der Metallbauer gelernt hat. Dessen älterer Bruder Simon, der zurzeit in Lissabon Internationales Management studiert, begleitet das elterliche Projekt mit nützlichen Tipps und Hinweisen. „Er ist unser Kopf“, sagt die Mutter und schmunzelt. In dem Geschäft, das von montags bis samstags geöffnet sein soll, werden die Schwester Maria Matheis und eine Freundin mitarbeiten. Matheis-Kissler: „Und daheim brauche ich wohl eine Reinigungskraft.“ (abf)

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