Grünstadt Saumagen für Donald Trump

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Am Mittwochvormittag sind in Kallstadts Straßen mehr Journalisten unterwegs als Einheimische. Um über die Stimmung im Geburtsort von Donald Trumps Großeltern am Tag seiner Wahl zum US-Präsidenten zu berichten, sind manche bereits um 6 Uhr auf der Suche nach Interviewpartnern. Auch zwei Übertragungswagen sind auf dem Platz der 100 Weine postiert. Die jetzigen Besitzer des „Trump-Hauses“ in der Freinsheimer Straße scheinen sich wegen des Rummels weit weg zu wünschen. Ans Hoftor haben sie einen Zettel geheftet, auf dem steht, dass sie gerne das Anwesen verkaufen möchten. Für Verbandsbürgermeister Jürgen Oberholz ist das Ansinnen jedenfalls „das Neuste, das ich höre“. Über Trumps Wahlsieg ist er dagegen nicht allzu sehr überrascht. „In Amerika gibt es viel Armut. Die Leute klammern sich dann an jemanden, der viel verspricht“, meint er. Dass Trump als Präsident nach Kallstadt kommen wird, das steht für Oberholz fest. Auch dass er dann einen Saumagen serviert bekommt. Jürgen Heinrich nimmt den Verkaufswunsch seiner Nachbarn nicht allzu ernst. „Die wollen eben nur ihre Ruhe haben“, meint er. Vielleicht würden ja einige Presseleute von dem Zettel davon abgehalten, zu klingeln. Heinrich beobachtet das Medien-Interesse eher amüsiert. „Nebenan ist ja auch das Haus von Heinz-Ketchup. Ich sehe das gelassen“, sagt er. Gleich gegenüber hat Trumps Großmutter Elisabeth Christ gewohnt. Sie war es, die den Immobilienkonzern Elizabeth Trump & Son gründete, der heute als The Trump Organization bekannt ist und der ihrem Enkel Donald gehört. Heinrich rechnet damit, dass nun auch Amerikaner verstärkt nach Kallstadt kommen, um sich hier umzusehen. Auch dass Trump selbst einen Abstecher nach Kallstadt unternehmen wird, hält er für möglich. Gabriele Riede, Verkäuferin in der örtlichen Filiale der Bäckerei Sippel, kann nachvollziehen, dass der Medienrummel störend sein kann. Sie erzählt den fragenden Journalisten, dass sogar Drohnen über das frühere Trump-Anwesen geflogen seien. „Die haben gar keine Skrupel“, meint die 55-jährige Freinsheimerin. Reporter von einem deutschen Privatfernsehsender hätten um 6 Uhr in der Früh überall dort geklingelt, wo in den Häusern Licht brannte, um eine Reaktion zu Trumps Wahlsieg zu bekommen. „Die haben sogar die Autos angehalten, um die Fahrer zu interviewen“, erzählt Riede kopfschüttelnd. Mehr Zeit lassen sich die Reporter von RPR und FAZ, die in der Bäckerei-Filiale erst einmal richtig frühstücken, bevor sie ihre Runde durchs Dorf fortsetzen. Dass Trump als Präsident nach Kallstadt kommen könnte, glaubt Riede nicht. „Der hat sich ja schon vorher nicht für seine Wurzeln interessiert, dann wird er das jetzt auch nicht“, ist sie überzeugt. Außerdem sei der Aufwand eines Präsidentenbesuches viel zu hoch. „Da müssen wir ja alle Kanaldeckel zukleben“, meint sie. Auch die Kallstadterin Karin Steuer schließt einen Trump-Besuch aus. „Es lebt ja auch niemand mehr hier von seiner Verwandtschaft. Es gab noch eine Tante, aber auch die ist inzwischen verstorben. Warum soll er da kommen?“, meint sie. Im Kallstadter i-Punkt sitzt Jörg Dörr und macht sich aufgrund der Neuigkeiten aus den USA Gedanken, was jetzt auf den Ort zukommt. Der Chef der beiden i-Punkte in Kallstadt und Freinsheim ist von einer Stippvisite Trumps in Kallstadt fest überzeugt. Ob die Gemeinde künftig offensiv mit Trumps Wurzeln werben werde, macht Dörr davon abhängig, wie Trump sich als Präsident gibt. „Wenn er respektiert wird, ist es für Kallstadt natürlich eine Ehre.“ Die zusätzliche Medien-Aufmerksamkeit, die Kallstadt jetzt nach der Wahl wieder erfahre, sei für den Ort nicht schlecht. Jedoch komme die Aufmerksamkeit jahreszeitlich zum falschen Zeitpunkt. „Es ist alles im November vergangenen Jahres hochgekocht, als seine Kandidatur öffentlich wurde und jetzt, wo er zum Präsidenten gewählt wird, sieht es bei uns wieder genauso trübe aus“, hadert er mit den wenig schmucken Bildern, die um die Welt gehen werden. Auch dass so mancher Journalist Kallstadt als spießigen Ort bezeichnet, in der die Gartenzwerge vor Fachwerkhäusern stehen, sei für den Ort wenig schmeichelhaft – „zumal es auch gar nicht stimmt“, wie Dörr betont. Jedoch seien die Berichte insgesamt „eine zusätzliche Aufmerksamkeit, die man nicht bezahlen muss“. Auch sei der Ort, der 300 Übernachtungsbetten bei gerade mal 1200 Einwohnern vorweisen kann, touristisch noch nicht das ganze Jahr über ausgelastet. Dörr rechnet damit, dass mehr Amerikaner den Ort besuchen wollen. Deshalb sei es wichtig, künftig ein Info-Faltblatt in englischer Sprache vorzuhalten, meint er. Ortsbürgermeister Thomas Jaworek glaubt weiterhin nicht an einen Trump-Besuch. Wegen des großen Aufwandes sei das auch nicht erstrebenswert. „Und wenn er doch kommt, dann putzen wir uns eben heraus und ertragen noch mehr Journalisten als so schon.“ Dass die Kallstadter diesem Rummel durchaus gewachsen sind, das glaubt auch Simone Wendel, Regisseurin des Films „Kings of Kallstadt“: „Wir kriegen das hin.“

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