Nackterhof Reinhard Stephan ist tot: Wenn die Musik verstummt

Reinhard Stephan
Reinhard Stephan

Musiker, Veranstalter, Lokalpolitiker, Sportler: In seine 73 Jahre hat Reinhard Stephan sehr viel hereingepackt. Am 11. August ist der Organisator des „Rock im Hof“-Festivals und Betreiber des Tiefenthaler SunHouses gestorben. Eine Erinnerung.

Das Ende besiegelte Reinhard Stephan mit einem Zitat der Doors. „When the music's over ... Turn out the lights ... For the music is your special friend ... Dance on fire as it intends ... Music is your only friend ... Until the end.“ Die Passage aus dem Song „When the Music’s over“, von Reinhard Stephan auf seiner Website gepostet, markierte 2021 das endgültige Aus seiner beliebten Veranstaltungsreihe „Rock im Hof“. Diese begann 1994 als Hofparty mit vielleicht 50 Leuten im Publikum und entwickelte sich über die Jahre zum mehrtägigen Festival. Bei der letzten Ausgabe 2019 fuhr Reinhard Stephan noch einmal richtig auf, es gab eine Riesenbühne, satten 20 kw-Sound, eine tolle Lightshow und acht (!) Bands. Eine stammte dabei sogar aus den Philippinen. Das letzte „Rock im Hof“ war sicherlich eines der besten, ein Highlight, auch für den Organisator selbst. Die Pandemie verhinderte dann eine Fortsetzung der Reihe, Reinhard Stephan selbst hätte sie zumindest wohl gerne noch mindestens 2020 über die Bühne gebracht, zu seinem 70. Geburtstag.

Dass er den Abschied von seiner geliebten Veranstaltung mit einem The-Doors-Zitat verzierte, ist kein Zufall. Der Songtitel ziert nun auch seine Todesanzeige, von ihm selbst noch ausgewählt. Musik war der Freund von Reinhard Stephan, vor allem auch jene der Doors. Die Band hat ihn beeinflusst, ebenso die Musik von Deep Purple, Led Zeppelin, Pink Floyd, Jethro Tull, Beggar's Opera oder Colosseum. Der Musikkonsum war ihm aber schon früh nicht genug, er wollte auch selber welche machen. 1968 ist „Steffen“, wie er von Freunden genannt wurde, mit seiner Philicorda-Orgel Teil der Redcoats aus Hettenleidelheim geworden. Im Juni 1969 war er dann Gründungsmitglied der Rockband Punished Sun, aus der später dann Sun wurden.

Traum von der Profi-Musik

Sun waren „ein Produkt revolutionär gesonnener Jungs aus Hettenleidelheim und Umgebung, die auf dem Kerzweilerhof in einer Kommune lebten und in Tiefenthal in einem alten Kuhstall ihre psychedelischen Krautrocksongs von teilweise epischer Viertelstundenlänge entwickelten und probten“, schrieb unser Autor Roland Happersberger mal in einem Porträt über die Band, und weiter: „Sie waren Zivildienstleistende und arbeitslos, hatten also Zeit, kamen bald zu regionaler Bekanntheit, wurden zweimal in Vinyl gepresst und träumten von einer Profikarriere.“ Die Discowelle machte derlei Träumen aber einen Strich durch die Rechnung. 1982 wurde die Band aufgelöst, erst 2005 formierte sie sich wieder, vor einem knappen Jahrzehnt gab es dann nochmal einen größeren Besetzungswechsel. Reinhard Stephan, der Mann an den Keys, der eine klassische Klavierausbildung genoss, blieb der Band dabei immer treu – bis zu ihrem letzten Auftritt, 2018, im Blauen Haus. Er war auch unter anderem Teil der Gruppen Heatwave, Brain Drain, 8 Atü und Rock & Riesling.

Reinhard Stephan wollte mit seinen Veranstaltungen – seien es nun etwa jene im Rahmen von Rock im Hof oder die Events im SunHouse – Bands aus der Region eine Plattform geben. Das Finanzielle spielte dabei eine untergeordnete Rolle, ihm ging es um gute, handgemachte Live-Musik, bei der Auswahl der Künstler legte er Wert auf Qualität. Die Atmosphäre bei den Konzerten war einzigartig, Security nie notwendig.

Das sagen Weggefährten

„Ein Macher“, antwortet Edwin Gaub, Bürgermeister von Tiefenthal, wenn er Reinhard Stephan beschreiben soll. Auswärtigen sei er vor allem als Musiker und Veranstalter ein Begriff gewesen. Die Tiefenthaler erlebten ihn aber auch anders. „Reinhard Stephan war als Kulturschaffender unheimlich wichtig für den Ort. Aber er hat auch die Kerweborsch mitgegründet, war fast zehn Jahre als Kerweredner aktiv“, erinnert sich Gaub. Auch nach seiner aktiven Kerwe-Zeit habe er sich weiter eingebracht, stand mit seinem Musiker-Netzwerk parat, wenn er gebraucht wurde. Gaub: „Reinhard Stephan war mit vollem Herzen Tiefenthaler. So einer wie er ist unersetzbar. Solche Leute findet man heute nicht mehr.“

Lokalpolitisch war Reinhard Stephan allerdings vor allem in Neuleiningen aktiv, wozu sein Wohnort, der Nackterhof, ja auch gehört. In Neuleiningen führte er um die Jahrtausendwende zeitweise die örtliche Freie Wählergruppe an, 2004 wäre der gelernte Betriebswirt auch gern Bürgermeister des Burgdorfs geworden. Am Ende setzte sich aber Franz Adam (CDU) durch. „Er war immer engagiert, hat sich voll eingebracht und liebte die Diskussion. Er hat die Widerrede nicht gescheut“, sagt Martin Kranz, FWG-Fraktionsvorsitzender im Neuleininger Gemeinderat.

Was viele ebenfalls nicht wissen: Reinhard Stephan war auch ein begeisterter Faustball-Spieler, hat mit der TSG Tiefenthal in der Ersten Bundesliga gespielt. „Er war Teil der Mannschaft, die damals aufgestiegen war und dann in der Klasse aktiv war“, erinnert sich Robert Happersberger, Abteilungsleiter Faustball bei der TSG. Er selbst hat noch mit Reinhard Stephan zusammengespielt. „In den 1970er, 1980er Jahren. Er war Abwehrspieler, ein guter. Und einer, der motivieren konnte und gute Stimmung in die Mannschaft gebracht hat“, sagt Happersberger über den alten Team-Kameraden, der in Kindertagen auch sein Nachbar war.

Reinhard Stephan sei auch nach seiner aktiven Zeit der TSG verbunden geblieben, hat noch AH gespielt, ist als Sponsor aufgetreten – und hat die Mädchenmannschaft trainiert. „Er hat viele Spielerinnen geformt, die später auch bei der Aktiven-Damen-Mannschaft Erste Liga gespielt haben“, so Happersberger. Reinhard Stephan sei im Verein einer gewesen, der angepackt habe, egal, um was es gegangen sei. Bis zuletzt habe er die Mannschaften der TSG als Zuschauer unterstützt, auch, als er schon krank war. „Er war bis zuletzt interessiert und froh, dass die TSG nun ihren eigenen Platz hatte. Er hat sich über den Aufstieg in die Erste Liga sehr gefreut.“ Reinhard Stephan werde fehlen.

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