Grünstadt „Privat bin ich mehr Erhardt als Hassknecht“

Seit Kindertagen ein großer Fan von Heinz Erhardt: Hans-Joachim Heist.
Seit Kindertagen ein großer Fan von Heinz Erhardt: Hans-Joachim Heist.
Herr Heist, man kennt Sie vor allem in der Rolle des Cholerikers Gernot Hassknecht aus der „heute show“. Wie schwer fällt es da, auf der Bühne auf den sanftmütigen Heinz Erhardt umzuswitchen?

Zum Glück fällt mir das gar nicht schwer. Ich mache das ja auch schon eine ganze Weile und gebe den Erhardt sogar schon länger als den Hassknecht, mit dem ich ja erst seit 2012 auf der Bühne stehe, nachdem die Figur in der „heute show“ so beliebt wurde. Nicht viele haben daran geglaubt, dass die Rolle auch auf der Bühne funktioniert, aber ich habe dann den Gegenbeweis angetreten. Beide Programme laufen sehr erfolgreich. Sind Sie denn privat eher der Erhardt- oder Hassknecht-Typ? Da bin ich dann glücklicherweise eher der Erhardt-Typ. Was hat Sie denn am Erhardt seinerzeit besonders gereizt? Als Kind haben mich vor allem seine Wortverdrehungen gereizt. Mir ist da zu Schulzeiten mal ein Buch von ihm in die Hände gefallen. Wenn aus dem Schmetterling plötzlich der Metterschling wurde, das fand ich faszinierend. Und für seine Wortspiele ist er ebenso wie für seine Gedichte ja immer noch bekannt. Man verbindet mit Erhardt ja immer eine gewisse Sanftmut und einen etwas onkelhaften Humor. Dabei geht es in seinem Werk ja auch viel um schwere Themen wie um Vergänglichkeit und Tod. Wird Erhardt missverstanden? Man kennt diese Sachen von ihm schon. Ich denke da an ein Gedicht wie „Die Made“. Wenn ich das auf die Bühne bringe, dann spricht da das ganze Publikum die Verse mit. Egal ob das alte oder ganz junge Erhardt-Fans sind, die ihn gerade erst für sich entdeckt haben. Würde einer wie Erhardt denn heute noch funktionieren? Ich glaube ja. Er war damals natürlich ein Produkt seiner Zeit, der fünfziger und sechziger Jahre. Und so wäre sein Humor, sein Auftreten in der heutigen Zeit anders gewesen, er wäre anders gewesen. Aber das komische Talent hatte er ja unbestritten. Wie alle anderen heutigen Comedians hätte er sich aber natürlich der Herausforderung einer veränderten Medienlandschaft stellen müssen, mit viel Konkurrenz und unterschiedlichen Kanälen. In der heutigen Zeit Kult zu werden, ist vielleicht schwieriger. Trauen Sie das einem der heutigen Comedians zu? Schwierig. Viele gehen mir da mit ihrem Humor mittlerweile zu sehr unter die Gürtellinie. Aber vielleicht spricht man in 20, 30 Jahren in der schrägen Szene noch hochachtungsvoll von einem wie Helge Schneider. Der Typus des alleskönnenden Entertainers, wie es Erhardt aber auch Schneider waren beziehungsweise sind, scheint aber ausgestorben zu sein. Ja, das ist so. Die Typen wie Erhardt, Rudi Carrell, Hape Kerkeling, der ja leider nichts mehr macht, oder auch Peter Alexander früher – die gibt es heute so nicht mehr. Aber auch viele Formate wie den Musikfilm nicht mehr, in dem sie all diese Talente auch ausspielen konnten. Eine Gemeinsamkeit von Ihnen und Erhardt ist der Umstand, den ganz großen Durchbruch erst recht spät geschafft zu haben. Konnten Sie dennoch immer gut von der Schauspielerei leben? Ja, der große Durchbruch kam bei uns beiden tatsächlich eher spät. Bei mir eben durch die „heute show“, wofür ich auch sehr dankbar bin. Es macht wirklich Spaß, in diesem großartigen Team zu arbeiten. Aber es gab natürlich auch bei mir früher Zeiten, in denen es nicht so lief und ich vor dem stummen Telefon auf Anrufe wartete, auf Engagements. Hätte ich damals nicht das Glück gehabt, dass meine Frau berufstätig war und Geld verdiente, hätte ich jobben müssen, um über die Runden zu kommen. Dann hätte ich vielleicht gekellnert oder wäre wie zu Studienzeiten Taxi gefahren. Ansonsten hätte Ihnen ja auch der Weg ins Handwerk offengestanden. Ja, das hat mich immer auch interessiert. Ich hatte ja Installateur gelernt und wäre vielleicht im Bereich Gas-Wasser-Scheiße gelandet. Habe dann noch mal den Schreiner draufgesetzt und später auch die Ingenieurschule besucht, weil ich mit der Idee spielte, Bauingenieur zu werden. Ich bin dann aber letztlich nach Wiesbaden auf die Schauspielschule, weil ich gemerkt habe, dass Zahlen und Zeichnungen doch nicht so mein Ding sind und es mich eben mehr auf die Bühne zog. Gab es da Vorbilder? Heinz Rühmann, ganz klar. Es hatte mich schon immer eher ins komische Fach gezogen. Und Rühmann hatte einerseits diese gewisse Leichtigkeit, auf der anderen Seite habe ich aber an ihm auch diese Ernsthaftigkeit bewundert, mit der er Pointen setzen konnte. So wie es später auch ein Loriot konnte. Aktuell finden ja gerade in der Entertainment-Branche Sexismus-Debatten statt, über die das eine oder andere frühere Vorbild zu stolpern droht. Wie nehmen Sie das wahr? Die Debatte wird manchmal etwas einseitig geführt, aber prinzipiell hat es diese Übergriffe natürlich gegeben. Und nicht nur im TV- und Filmgeschäft, sondern generell in der Bühnen- beziehungsweise Theater-Szene. Sowohl im Tanz, im Schauspiel und in der Kunst allgemein, wo offenere Lebensweisen vorherrschten und sich der eine oder andere zuviel rausgenommen hat. Ich selbst habe mal mit Dieter Wedel gearbeitet und miterlebt, wie tyrannisch, autoritär und unmenschlich er mit dem Team und den Schauspielern umgegangen ist. Es war schlimm. Tyrannisch heißt in diesem Fall? Cholerisch, menschenverachtend. Wenn man jemanden vor versammelter Mannschaft so runterputzt, dann ist das nicht in Ordnung. Ich habe mir damals gesagt: Selbst wenn Wedel mir danach eine größere Serienrolle angeboten hätte, hätte ich sie abgelehnt. Ich wollte mit ihm nicht noch einmal zusammenarbeiten. Überlegt man sich als Comedian heute zweimal, was man auf der Bühne sagen kann und was nicht? Führt die Angst vor einem Shitstorm da zur Schere im Kopf? Die Schere im Kopf brauche ich nicht, weil für mich gewisse Sachen einfach prinzipiell nicht in Frage kommen. Menschenverachtendes etwa gehört nicht auf die Bühne. Da muss ich mich gar nicht umstellen oder besonders drüber nachdenken, das käme mir sowieso nicht aufs Papier. Unabhängig von Übergriffen war im Comedy-Umfeld die Wahrnehmung von Frauen oft eine sexistische. Jahrelang wurde ihnen das Komischsein abgesprochen. Heutzutage gibt es ja doch viele sehr witzige Kolleginnen. Ich denke da an die wunderbare Martina Hill aus unserem „heute show“-Team. An eine Caroline Kebekus, eine Anke Engelke, eine Mirja Boes. Auch Schauspielerin Andrea Sawatzki beweist in ihren Filmen ja viel komisches Talent. Warum das früher anders war, ist schwer zu sagen. Komische Frauen gab es ja auf der Bühne schon immer, nur waren sie seltener dort anzutreffen als heute. Ich denke etwa an das Ensemble der Wühlmäuse, zu dem ja auch immer Frauen gehörten. Vielleicht gab es aber auch einfach damals zu wenige Frauen, die sich vorgetraut haben und auf der Bühne komisch sein wollten. Heinz Erhardt hatte ja auch den einen oder anderen Witz über das vermeintlich schwächere Geschlecht auf Lager. Haben Sie da einen Favoriten? Den einen oder anderen Scherz hatte er da sicherlich. Meine Favoriten sind da aber andere. Etwa das Gedicht „Kunibert“. Oder der Vierzeiler „Die Nase“. Was kann der Zuschauer ansonsten am Wochenende in Eisenberg von Ihnen erwarten. Eine 1:1-Kopie seiner Nummern ist ja nicht Ihr Ansatz. Nein, ich parodiere ihn ja nicht und nehme mir auch einige Freiheiten, vermische zum Beispiel manche Dinge, die man von ihm kennt. Ansonsten gibt es seine besten Gedichte, Conferencen und Lieder – sobald ich die Hornbrille aufgesetzt habe. Ich verspreche dem Publikum, dass die Lachmuskeln sehr strapaziert werden. Die Gewinner / TIckets Die RHEINPFALZ hat zweimal zwei Karten für den Auftritt von Hans-Joachim Heist verlost und gratuliert Sabine Mittrücker (Tiefenthal) und Ursula Dhom (Eisenberg) zum Gewinn. Ansonsten gilt: Restkarten gibt es eventuell noch an der Abendkasse im Gemeindehaus.

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