Grünstadt Neu nachdenken

Der Bockenheimer Ortsgemeinderat hat sich am Dienstag in der Emichsburghalle vor rund 60 Zuhörern für eine Fristenverlängerung zur Erstellung eines baulichen Gesamtkonzeptes für den Bebauungsplan „An der Jakob-Böshenz-Straße, Schule und Kindergarten“ ausgesprochen.

Bis Ende März soll das Planungsbüro Piske, Ludwigshafen, ein Bebauungskonzept erstellen für das 8000 Quadratmeter große Gelände neben der Tankstelle an der Weinstraße, zwischen großem Festplatz, Kindergarten und Weißenborner Weg. Netto hat nach Angaben der Verbandsgemeindeverwaltung Grünstadt-Land nach wie vor „grundsätzliches Interesse“, einen Markt in der Dorfmitte zu bauen. Ursprünglich sollte am Dienstag ein städtebaulicher Vertrag für 16 Wohnhäuser abgesegnet werden und über die 27 Stellungnahmen, die bei der Öffentlichkeitsbeteiligung vor allem von Bürgern eingingen, gesprochen werden. Beides geschah nicht. Ein städtebaulicher Vertrag wird dann gemacht, wenn eine Kommune und ein Privatmann zusammenarbeiten. In diesem Fall geht es um die Erschließung, die vom Investor übernommen werden soll. Neue Idee: Warten Bauamtsleiter Erwin Fuchs schlug dem Rat vor, er solle bis zum 31. März eine Entscheidung zur Bebauung treffen. Auch Netto „braucht noch bis zu acht Wochen Zeit“, um den Standort aus wirtschaftlicher Sicht prüfen zu können, sagte Fuchs. Er brachte eine neue Variante ins Spiel, die am 1. Dezember (bei einem Gespräch mit Netto-Vertretern und allen Verantwortlichen) eingebracht worden sei: „Wäre es denkbar, den Festplatz zu verlegen und auf dem gesamten Areal eine Wohnbebauung plus Discounter einzurichten? All diese Überlegungen brauchen Zeit.“ Die eingegangenen Stellungnahmen gingen „deswegen nicht unter“, sagte Fuchs. Er plädierte für das Erstellen eines Gesamtkonzeptes bis zum 31. März, „auch wenn diese Fristverlängerung mit Risiken verbunden sein könnte, dass bis dahin Grundstückseigentümer abspringen“. Investor Hans Mayer von der bm-Bauträgergesellschaft, der sich für die Grundstücke bereits „Rechte gesichert“ habe für Wohnbebauung, wurde laut Fuchs gestern über den Beschluss des Rates informiert. Bürgermeister Kurt Janson (parteilos) legte vor Beginn der Ratssitzung ein Schreiben einer Grundstückseigentümerin vor, die bereits einen notariellen Kaufvertrag mit dem Investor abgeschlossen hat; laut Schreiben „für eine geplante Wohnbebauung“, nicht aber, „um auf meinem Grundstück angeblich einen Supermarkt zu errichten“. Das sagen die Ratsmitglieder SPD-Fraktionssprecher Gunther Bechtel rief den Rat dazu auf, dem Vorschlag der Fristenverlängerung von Erwin Fuchs zu folgen. Das sah auch Hans-Jürgen Jakoby (CDU) so, der sagte, dass sich alle gemeinsam an den Tisch setzen sollen, um Einigkeit zu bekommen. Jürgen Schumacher (SPD) sprach sich – wegen der eigentlich vorgesehenen Behandlung des städtebaulichen Vertrags in der Sitzung – gegen einen „Schnellschuss“ aus. Der SPD-Mann warb dafür, sich nicht von Grundstückseigentümern „drängen zu lassen“, zudem sei mit dem Interesse von Netto eine Chance für den Ort gekommen, „die wir so schnell nicht wieder bekommen“. Beigeordneter Wieland Benß (FWG) erinnerte daran, dass Investor Mayer der Gemeinde ein günstiges Angebot von 500 Quadratmetern Grundfläche für die Erweiterung der Kita gemacht habe. „Es wäre fatal, wenn uns diese Chance jetzt verloren ginge“, sagte Benß im Hinblick auf die Fristverlängerung. Zudem habe Netto von 1000 Autos täglich gesprochen, die den Markt anfahren würden, sagte Benß, der gegen die Verlängerung stimmte. Das hohe Verkehrsaufkommen durch einen Discounter sah auch Sebastian Schulz (FWG) kritisch, zudem könnte eine „Bauruine“ entstehen, falls der Markt nicht mehr laufe. Karl Schäfer und sein Sohn Christian Schäfer (beide CDU-Fraktion) sprachen sich ebenfalls für eine reine Wohnbebauung aus, zum einen, weil die Gemeinde junge Familien brauche, zum anderen, merkte Christian Schäfer an, sei schon mal ein Edeka-Markt im Dorf gewesen, der dann geschlossen habe. Bürgermeister Janson kritisierte, dass Gunther Bechtel „kurz vor Torschluss“ mit einem Netto-Markt „aufwartete“ und äußerte sich skeptisch, dass alle das zusätzliche Verkehrsaufkommen durch den Discounter wollen. Er sprach sich auf RHEINPFALZ-Nachfrage für einen Discounter im Ort aus: „Aber nicht an dieser Stelle.“ Janson sagte in der Ratssitzung, er könne mit einer Fristverlängerung von drei Monaten leben – und stimmte dann trotzdem dagegen. So stimmen die Ratsmitglieder ab Gegen eine Fristverlängerung und gegen einen Discounter an dieser Stelle stimmten Bürgermeister Janson, Beigeordneter Dieter Rösener (parteilos), Beigeordneter Wieland Benß (FWG) sowie Karl und Christian Schäfer von der CDU-Fraktion. Für eine Fristverlängerung und einen Discounter stimmten die sieben SPD-Ratsmitglieder und Hans-Jürgen Jaboby (CDU). Zwei FWG-Ratsmitglieder enthielten sich bei der Abstimmung, ein FWG-Mitglied durfte wegen Befangenheit nicht mitstimmen.

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