Grünstadt Kirchheim-Umgehung: „Demnächst staubt’s hier ordentlich“

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KIRCHHEIM: Viele Kirchheimer hatten die Hoffnung schon aufgegeben, dass ihr Ort vom Durchgangsverkehr entlastet wird. 21 Jahre nach dem Raumordnungsentscheid, fünf Jahre, nachdem Baurecht geschaffen wurde, und ein Jahr, nachdem der Bund die Mittel bewilligt hat, aber wird gebaut. Endlich.

„Wir lassen uns doch von dem Regen nicht abhalten“, äußerte sich Bernhard Knoop, Leiter des Landesbetriebs Mobilität (LBM) Worms, symbolträchtig zu Beginn der Feier für den Bau der Kirchheimer Westumgehung. Kräftige Niederschläge begleiteten die von Bürgern und Medien viel beachtete Veranstaltung am Dienstag an der Bahnlinie südlich Grünstadts (wir berichteten gestern kurz). Staatssekretär Norbert Barthle aus dem Berliner Verkehrsministerium unterstrich die Bedeutung des rund 21,8 Millionen Euro teuren Projektes. „Die B 271 ist eine wichtige Nord-Süd-Verbindung zwischen der Pfalz und Rheinhessen“, sagte er. Mit dem Neubau erhalte der Kreis Bad Dürkheim Rückenwind für seine weitere Entwicklung, meinte Barthle. Nach Fertigstellung der Umgehungsstraße könnten die Anwohner endlich aufatmen und die Wirtschaftsbetriebe von der besseren Verkehrssituation profitieren. Die Bundestagsabgeordneten Norbert Schindler (CDU) und Gustav Herzog (SPD) hätten sich sehr dafür eingesetzt, dass bald nur noch ein Fünftel der für 2018 prognostizierten 19.000 Fahrzeuge täglich das Dorf durchqueren werden. Etwa 70 Prozent des Güter- und mehr als 80 Prozent des Personenverkehrs werde über die Straße abgewickelt – Tendenz stark steigend. „Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Netze diesen Zuwachs aufnehmen können, denn Mobilität hat eine Schlüsselfunktion für unsere Gesellschaft: Sie schafft Beschäftigung, Wohlstand und persönliche Freiheit“, so Barthle. Insgesamt kletterten die Investitionen des Bundes in die Infrastruktur zwischen 2014 und 2018 von 10,3 auf 14 Milliarden Euro. „350 Millionen Euro erhalten wir jährlich aus Berlin für die Auftragsverwaltung der Bauprogramme an Bundesfernstraßen“, berichtete der Mainzer Infrastrukturminister Roger Lewentz. Mit rund 18.900 Kilometern habe Rheinland-Pfalz das dichteste Straßennetz in ganz Deutschland. Mit der „B 271 neu“ würden die Kirchheimer von einer enormen Verkehrslast befreit. „Ich freue mich schon darauf, das Band durchzuschneiden“, so Lewentz. Bis dahin „staubt’s hier demnächst ordentlich“, sagte Knoop, der den wichtigen Beitrag herausstellte, den die Landwirte mit der Abgabe von Flächen für dieses Projekt leisteten. Ohne die konstruktive Zusammenarbeit mit den Verwaltungen und der Deutschen Bahn wäre man aber auch nicht vorangekommen. Knoop berichtete, dass allein fünf Ingenieurbüros mit dem Vorhaben beschäftigt seien. Ein großes Lob sprach Verbandsbürgermeister Reinhold Niederhöfer dem LBM Worms aus, insbesondere auch für die öffentlichen Infoabende, die nicht einfach gewesen seien. Als „informativ, gut und angenehm“ bezeichnete Ortsbürgermeister Robert Brunner die Kooperation mit der Behörde unter Knoops Leitung. Er betonte zudem, dass „die VG Grünstadt-Land uns immer vorbehaltlos unterstützt hat“. Nicht locker lassen will Norbert Schindler hinsichtlich der Fortführung der Umgehungsstraße. „Was sich nach Fertigstellung in Herxheim und Kallstadt konzentriert, kann man den Leuten dort keine zehn Jahre zumuten“, kündigte er weitere „deutlich drängende Briefe“ nach Mainz und Berlin an. Die Nord-Süd-Tangente müsse aus einem Guss umgesetzt werden. Eine Forderung, die auch Staatssekretär Barthle unterstrich: Eine durchgehende Umgehung von Deidesheim an der A 65 über Grünstadt an der A 6 bis Alzey an der A 61 sei notwendig. Lewentz versprach: „Wenn wir weitere Schäuble-Millionen bekommen, bauen wir.“ Kirchheimer Bürger – darunter zwei engagierte Kämpfer für die „B 271 neu“, Eva-Maria Wittmann und Henner Kunz – zeigten sich nach den Reden enttäuscht. Sie hätten sich gewünscht, dass ihr jahrzehntelanger Einsatz für die längst überfällige Ortsentlastung auch Erwähnung gefunden hätte. Gunther Bechtel, Ratsmitglied aus Bockenheim, verließ die Veranstaltung dagegen gut gelaunt. „Jetzt wissen wir, wie es geht“, kommentierte er den Spatenstich, der im Übrigen bei strahlendem Sonnenschein stattfand. Voller Hoffnung fügte er an: „Das machen wir in drei Jahren in Bockenheim auch.“ (abf)

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