Grünstadt „Er steht ja eigentlich für Liebe“

Schwierig ist es, sich ein Bild darüber zu machen, was die Menschen über Xavier Naidoo in seiner Heimatstadt denken. Man kennt den wohl bekanntesten Sohn Mannheims als engagierten Bürger, der sich nicht nur in der Musikszene für gute Zwecke einbringt. Sein neuestes Projekt: einen Musikpark auf dem Gelände der ehemaligen US-Kaserne Taylor Barracks zu errichten. Es ist ein prestigeträchtiges Projekt für die Stadt. Doch nun distanziert sich Mannheim von seinem Sohn. Der Auslöser: Am 3. Oktober, dem Tag der Deutschen Einheit, war Xavier Naidoo mit dem Rad in Berlin unterwegs und hat vor den sogenannten Reichsbürgern eine Rede gehalten. Diese Gruppierung erkennt Deutschland nicht als souveränen Staat an. Anschließend trat Naidoo bei einer Mahnwache vor dem Kanzleramt auf. An jenem Tag trug er ein T-Shirt mit der Aufschrift „Freiheit für Deutschland“. Aus diesem Grund ist für Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) eine „gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit zur Darstellung der Stadt“ zurzeit nicht denkbar. „Naidoo vertritt im Einzelnen radikal libertäre, antistaatliche Positionen, mit denen wir uns als Stadt in keiner Weise identifizieren können.“ Der 43-jährige Soulsänger rechtfertigte seine Aktion, die „spontan“ gewesen sei, damit, er wolle auf alle Menschen zugehen. Auch auf Reichsbürger. Auch auf die NPD. Er behalte sich das Recht vor, „systemkritisch“ zu sein und seine Meinung zu äußern. Deswegen habe er das Gespräch gesucht mit jenen Menschen, die auch systemkritisch sind. Es ist nicht das erste Mal, dass der Sänger seine Meinung verkündet, Deutschland sei kein freies Land. Er meint damit, dass der amerikanische Einfluss auf die deutsche Politik zu groß ist. Viele Mannheimer haben den Wirbel um Naidoo angeblich nur am Rande verfolgt. Rund um die Popakademie schweigen die Studenten – ihnen sei das Thema zu heikel, um etwas zu sagen, was nachher in der Zeitung steht. Der Sänger ist dort als Dozent für Songwriting tätig. Zumindest war er das bis vor Kurzem. Denn die nächsten Lehraufträge hat die Geschäftsführung vorerst auf Eis gelegt. Doch es gibt auch Menschen, die zu dem Thema nicht schweigen. Und die sind sich vor allem in einem Punkt einig: Naidoo kann kein Rechter sein. „Da er selber ausländische Wurzeln hat, passt es nicht, rechtsradikal zu sein“, meint Beatrix Mutschler (40), die Naidoos Musik schätzt. Dem stimmt Bilge Özkan (22) zu. Als „Dunkelhäutiger“ seien seine Aktionen aber seltsam und widersprüchlich. Sonst sei er doch für seine sozialen Aktionen bekannt. Die Studentin hätte vor Kurzem mit Freunden über Naidoo diskutiert. Wirklich durchsichtig sei die Situation um ihn nicht. Boris Korpak meint, dass die Öffentlichkeit schnell dazu tendiere, die Sachen zu vereinfachen und den Sänger zu verurteilen, bevor man wisse, was er eigentlich damit beabsichtigen wollte. „Ich finde es nur schade. Er steht ja eigentlich für Frieden, Liebe und so“, sagt der 45-Jährige. Max (23) und Daniel (25), Studenten der Universität Mannheim, sehen das ähnlich. „Es gibt einen Trend, dass systemkritische Menschen einfach in eine Ecke gedrängt werden, ohne dass ihnen zugehört wird.“ Deswegen sei es schwierig, sich über das Thema eine fundierte Meinung zu bilden. Dass sich der Oberbürgermeister so schnell von Naidoo distanziere, finden sie „heftig“. Das sieht Leo Schnotale (19) anders. Er ist der Meinung, dass das Verhalten der Stadt nachvollziehbar sei. Eine solche Aktion könne man nicht entschuldigen.

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