Grünstadt „Ein Schiri hat keine Verschnaufpause“

KIRCHHEIM. Schiedsrichter im Amateurfußball werden selten gefeiert und bestenfalls respektiert. Oft haben sie einen schweren Stand und sind Angriffen von Spielern und Zuschauern ausgesetzt. Dennoch lief Maik Noll aus Kirchheim 22 Jahre lang für ein Taschengeld und Spesen mit Trillerpfeife und den gefürchteten Karten über den (Kunst-)Rasen. Mitunter eine undankbare Aufgabe, sagt der 48-Jährige, „aber die schönen Momente überwiegen“. Seit 2006 ist er Mentor für junge Unparteiische.

16 solche erfahrenen Ratgeber gibt es im Rhein-Pfalz-Kreis des Südwestdeutschen Fußballverbandes. Anders als die Schiris selbst erhalten sie nicht einmal die Fahrtkosten erstattet. Lediglich für ein Dankeschön begleiten sie den Nachwuchs, nicht selten über Jahre bis hin zur Landesliga. Sie bestärken und motivieren ihn, analysieren Fehler, identifizieren Stärken und Schwächen. „Nach einer Begegnung findet eine Besprechung statt, in der ich Verbesserungsvorschläge zu einzelnen Bereichen wie Lauffreudigkeit, Stellungsspiel und persönliches Auftreten mache“, so Noll. Insgesamt kostet so ein Einsatz weit über drei Stunden Zeit, zuzüglich An- und Abreise sowie Schreiben eines Berichtes. Dennoch macht der gebürtige Altleininger das gern: „Ich wäre froh gewesen, wenn mir damals ein Mentor zur Seite gestanden hätte.“ Schiri wurde Noll, der aktiv beim TuS Altleiningen gekickt hat, im Sommer 1984 über einen Schulfreund, der schon länger mit der Trillerpfeife Spiele geleitet hat. Nach der Grundausbildung an der Sporthochschule Edenkoben – Noll hat noch kreisintern bei Peter Schakewitsch in Carlsberg „gelernt“ – gibt es permanente Fortbildungen und monatliche Pflichtsitzungen, in denen Regeländerungen erläutert werden. „Manche Neuerungen sind ziemlich unsinnig“, meint Maik Noll. Vor der Saison werden die Leitlinien schriftlich abgefragt, und jeder der gegenwärtig 260 Schiedsrichter im Fußballkreis muss einen Cooper-Test zum Nachweis seiner Ausdauer machen: Ein Zwölf-Minuten-Lauf, bei dem die zurückgelegte Strecke gemessen wird. Man müsse relativ fit sein für den Job des Unparteiischen und ein dickes Fell haben, sagt der zweifache Vater, der in seiner Hochzeit etwa fünf Spiele pro Woche gepfiffen hat. Ein Schiri habe keine Verschnaufpause auf dem Feld und niemanden, der seine Fehler ausbügelt. Vors Sportgericht sei er zwar noch nicht gezerrt worden, verbale Attacken kämen aber vor. Als junger Schiri – er stand kurz vor dem Abitur – ist Noll sogar mal tätlich angegriffen worden. Bei einem Finale Altleiningen – Weisenheim am Berg habe er nach einer Roten Karte einen Faustschlag ins Gesicht bekommen. Ein erfahrener Kollege habe damals die Partie zu Ende geführt. „Dieses Erlebnis hat mich in meiner Karriere ein ganzes Jahr zurückgeworfen: Ich hab freiwillig lieber wieder Jugend gepfiffen.“ Inzwischen hat allerdings gerade bei den Spielen der kleinen Kicker die Aggressivität zugenommen. „Es sind heute deutlich mehr Eltern auf dem Platz als früher“, berichtet Noll. Diese im Zaum zu halten, sei oft schwierig, insbesondere für die teilweise erst 14-jährigen Nachwuchs-Schiedsrichter. „Da sind wir als Mentoren sehr wichtig, um die Jungen wieder aufzubauen.“ Grundsätzlich müsse man das Gemoser im Stadion ausblenden, sonst könne man keine gute Arbeit erbringen. „Ich klappe die Ohren zu und konzentriere mich auf das Spiel“, sagt er. Natürlich komme es vor, dass man „im Eifer des Gefechts“ mal eine falsche Entscheidung trifft. „Da muss man dann den Mut haben, diese zu revidieren.“ Je höher die Spielklasse, desto ruhiger wird es auf dem Platz und auf der Tribüne. „Weiter oben wird die Leistung des Schiedsrichters anerkannt“, so Noll, der sich an besonders schöne Begegnungen erinnert: Damals leitete er ein Freundschaftsspiel des Erstligisten 1. FC Nürnberg, damals trainiert von dem Tiefenthaler Wolfgang Wolf, gegen den VfR Hettenleidelheim. Oder die Partie der Altleininger gegen die Traditionsmannschaft des 1. FC Kaiserslautern. „Die Profis sind fair“, findet Maik Noll. Guter Fußball sei in der Regel auch bei Relegationsspielen zu erleben. Die Begegnungen seien ebenso ruhig wie spannend, findet der kaufmännische Angestellte und sagt: „Es knistert dann immer richtig.“ (abf)

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