Frankenthal Zwölf Uhr mittags

Matthias Luckey schlüpft in die Rolle Gunters.
Matthias Luckey schlüpft in die Rolle Gunters.

Nach den Proben für „Siegfrieds Erben“, der Hauptinszenierung der Nibelungen-Festspiele 2018, haben nun auch die Proben für „Last Exit: Hunnenland“ begonnen. Das Stück des Österreichers Maximilian Lang ging als Gewinner aus dem Autorenwettbewerb im vergangenen Jahr hervor. Bei einem Pressegespräch im Wormser Theater stellten sich die Beteiligten vor und gaben allererste Einblicke in die Inszenierung.

Zum zweiten Mal seit Beginn der Intendanz von Nico Hofmann war 2017 ein Wettbewerb ausgeschrieben, der zum Vorschein bringen sollte, was junge Dramatiker heute noch mit dem Nibelungenstoff anfangen können. Das vorgegebene Thema lautete „Rache“. 37 Autoren zwischen 18 und 35 Jahren nahmen teil, fünf kamen in die engere Auswahl, bevor zuletzt die Entscheidung für „Last Exit: Hunnenland“ fiel. Die Jury um Autor Albert Ostermaier, dessen Trilogie in den vergangenen Jahren in Worms gespielt wurde – „GemEtzel“, „Gold“ und „Glut“ – würdigte besonders die spannende Dramaturgie, die schnörkellose Sprache und den außergewöhnlichen Ansatz: „Maximilian Lang hat den Mut, die blutrünstige Geschichte um den Meuchelmord Siegfrieds und die Rache seiner Witwe in einem Showdown zu verdichten, wie man das von Hollywood kennt.“ Das Dreipersonenstück spiele zum letztmöglichen Wendepunkt, kurz vor dem großen Blutbad am Ende der Nibelungensage, erläutert Dramaturgin Julia Fischer. Sieben Jahre sind seit Siegfrieds Tod vergangen, als Hagen und Gunter um zwölf Uhr mittags bei brütender Hitze Etzels Hof im Hunnenland erreichen. Die Männer stehen am Tor und warten darauf, eingelassen zu werden. Auf der anderen Seite steht Kriemhild, die Gastgeberin, die auf Rache sinnt und zugleich zaudert. Soll sie wirklich die Männer töten, die ihren geliebten Mann Siegfried ermordet haben? Oder wiegt die Erinnerung an eine glückliche Kindheit mit ihrem Bruder Gunter schwerer? Unterdessen tragen auch Gunter und Hagen Kämpfe miteinander aus, die sich seit Langem angestaut haben. Das Duell bleibt in der Schwebe, das Tor vorerst verschlossen. „Genau in diesem Moment befinden wir uns, in diesem Warten und Ausharren“, so Fischer. „Es ist ein Moment, in dem die Zeit stillsteht, in dem noch mal alles möglich sein könnte“, ergänzt Thomas Laue, der künstlerische Leiter der Festspiele. Vor dem Finale stehen damit die Fragen, wie es so weit kommen konnte und ob es eine Möglichkeit gibt, das Unglück noch abzuwenden. Sind die Figuren, allesamt mit Schuld beladen, zu sehr in ihrem Fatalismus gefangen, und ist ihre Geschichte nicht längst zu groß für eine Umkehr aus eigenem Willen? „Wir schauen quasi der Entscheidung zu, ob das große Blutbad am Ende geschehen wird“, so Fischer. Inszenieren wird die 28-jährige Hamburger Regisseurin Charlotte Sprenger, die zuletzt mit verschiedenen Arbeiten auf sich aufmerksam gemacht hat, eine Außenspielstätte des Schauspiels Köln führte und mit „Alles, was ich nicht erinnere“ nach dem Roman von Jonas Hassen Khemiri zum renommierten Münchener Nachwuchsfestival „Radikal jung“ eingeladen war. „Was ich an dem Stück spannend finde, ist, dass man gar nicht so richtig weiß, wer da jetzt mit wem redet“, erklärt Sprenger. „Reden die mit sich selbst, reden die miteinander? Es sind eigentlich Monologe und Dialoge zugleich.“ Dabei seien Kriemhild, Gunter und Hagen gewissermaßen Gefangene der Geschichte wie ihrer eigenen Ikonenhaftigkeit. „Im Stück kommt ganz stark zum Ausdruck, dass diese drei gar nicht wissen, wer sie sind, wo sie stehen und ob es das Richtige ist, was sie tun.“ Drei Absolventen der Berliner Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch spielen den Showdown: der Berliner Johannes Benecke, derzeit am Schauspiel Köln, als Hagen, Matthias Luckey, demnächst in der Hauptrolle des Kinofilms „Männerfreundschaften“ zu sehen, als Gunter und die Bensheimerin Kara Schröder als Kriemhild. Die Karriere der 27-Jährigen begann in der Region, als sie 2007 an einer Stückentwicklung mit Texten aus Archiven der Gedenkstätte KZ Osthofen teilnahm. Bis zur Uraufführung proben sie im Wormser Theater und in einer Halle der Karnevalsgesellschaft Wormser Narhalla. Termine Aufführungen von „Last Exit: Hunnenland“ am Samstag, 21. Juli, und Sonntag, 22. Juli, 20 Uhr, im Wormser Theater. Karten unter www.nibelungenfestspiele.de.

Kara Schröder ist als Kriemhild zu sehen.
Kara Schröder ist als Kriemhild zu sehen.
Johannes Benecke spielt den Hagen.
Johannes Benecke spielt den Hagen.
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