Frankenthal „Wurde schon in Fäkalsprache beleidigt“

„Du gehörst am nächsten Baum aufgehängt.“ Dieser Satz stand mehrfach in Briefen – adressiert an Aydan Özoguz. Die Sozialdemokratin ist Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung. Bodo Ramelow bekam vor Kurzem sogar konkrete Morddrohungen. Der linke Ministerpräsident von Thüringen hatte sich wiederholt gegen Ausländerfeinde positioniert. Es sind wohl Extremfälle. Eine Umfrage vor Ort zeigt: Auch hiesige Politiker sehen sich Beleidigungen und Drohungen ausgesetzt.

„Die Beleidigungen kommen weniger im direkten Gespräch, sondern eher in Briefen und Mails bei mir an“, sagt der noch bis Jahresende amtierende Frankenthaler Oberbürgermeister Theo Wieder (CDU). Auf der Straße werde er deshalb selten angemacht. „Und wenn das so ist, versuche ich, deeskalierend einzugreifen“, sagt der Christdemokrat. Er sieht den Grund für solche Aktionen darin, dass einige Menschen denken, dass die Politik für ihr Leben verantwortlich sei, wie er sagt. „Das liegt daran, dass die Politik sich gerne in den Medien so präsentiert, als hätte sie immer einen Gestaltungsraum, obwohl da nicht immer einer ist. Das weckt bei manchen Menschen eine Erwartungshaltung, die nicht immer erfüllbar ist“, sagt der 59-Jährige. Wenn heftige Beleidigungen in Briefen und Mails stünden, die nicht anonymisiert seien, nehme er auch mal deutlich Stellung. „Aber ich hatte noch kein Erlebnis, nach dem ich schlaflose Nächte hatte.“ Martin Haller war noch keinen Beleidigungsattacken ausgesetzt, sagt der SPD-Landtagsabgeordnete aus Lambsheim. „Die Menschen in der Vorderpfalz tragen das Herz auf der Zunge, das finde ich gut. Bisher war immer alles im Rahmen“, sagt der 31-Jährige. Wenn man in die Politik gehe, könne man eh nicht jedermanns Liebling sein. Der Beigeordnete des Rhein-Pfalz-Kreises geht davon aus, dass er auch in Zukunft nicht beschimpft werden wird. Bei Christian Baldauf sieht das etwas anders aus. „Drei- bis viermal im Jahr werde ich schon in Fäkalsprache beleidigt“, sagt der Landtagsabgeordnete der CDU. Das komme aber immer auf den Veranstalter und die Zeit an, denn im Wahlkampf werde man öfter angemacht. Die Schimpfwortpalette ist offenbar groß: Von „Arschloch“ bis „Politikhure“ sei fast alles dabei, sagt Baldauf. Körperlich sei er noch nie angegangen worden, aber „in der Vergangenheit gab es Äußerungen, die meine körperliche Integrität in Frage gestellt haben“, sagt der Frankenthaler, der im Bundesvorstand der CDU sitzt. Er wünsche sich, dass die Leute sehen, dass Politiker keine Wunder vollbringen können. „Aber man muss sich für jedes Problem einsetzen. Das hat etwas mit Glaubwürdigkeit zu tun. Aber man kann eben nicht immer etwas machen“, sagt der 47-Jährige. Michael Müller (SPD), Bürgermeister der Gemeinde Bobenheim-Roxheim, musste sich etwas Vergleichbares noch nicht anhören. „Manchmal kommt eine Mail, die etwas deftiger formuliert ist, aber nicht beleidigend.“ Das Schlimmste, was er bisher gelesen habe, sei der Vorwurf, dass der Gemeinderat korrupt sei. Er ist der Ansicht, dass man zwischen Kommunal- und Spitzenpolitikern unterscheiden müsse. In den Gemeinden gebe es kein „die da oben“. Man sei immer ansprechbar. (ansc/Archivfotos: Bolte)

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