Frankenthal Scharfer Blick unter trübem Himmel

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„Fotobilder“ zeigt Pfalzpreisträger Götz Diergarten vom 18. Februar bis 19. März im Frankenthaler Kunsthaus. In seinen Serien kehrt Diergarten das Besondere im Banalen heraus: Putz und Klinkerimitat, Fenster, Garagentore und Fallrohre verwandeln sich bei ihm zu einer Typologie der Alltagskultur. Eigens für Frankenthal ist er auch hier auf Motivsuche gegangen, erzählt er.

Diergarten scheint trübes Wetter zu lieben. Sonne verändert die Farben, wirft Schatten und lockt die Menschen auf die Straße. Die aber kann der Fotograf für seine Projekte nicht brauchen. Kulissenhaft wirken seine superscharfen Ausschnitte menschenleerer Gebäudeteile. So kam das Frostwetter Diergarten wohl auch zu pass, als er im Januar durch Frankenthal streifte. „Überall sind Motive zu entdecken“, sagt er. „Ich will Dinge zeigen, die auch die Frankenthaler sehen, aber nicht wahrnehmen.“ Das ist seine Mission: unseren Blick zu sensibilisieren für das Gewohnte unserer Umgebung. Wenn Diergarten der Architektur mit seiner digital ertüchtigten Hasselblad auf dem Stativ zu Leibe rückt, inszeniert er seine Motive. Frontale Ansicht, diffuses Licht und enger Ausschnitt – seine Arbeiten nach strengen bildnerischen Vorgaben sind geprägt vom klaren, dokumentarischen Stil seines Lehrers Bernd Becher. Nur die Farbe verleiht den einzelnen Aufnahmen eine eigene Prägung: an individuell bemalten Dächern von Strandkabinen oder an Fassaden und Sockeln benachbarter Häuser mit unterschiedlichem Anstrich. 2010 erhielt Diergarten den Pfalzpreis für Bildende Kunst. 1972 in Mannheim geboren, wuchs er in der Nähe von Winnweiler auf. Bis 2005 unterhielt er ein Atelier am Donnersberg. Heute lebt und arbeitet er in Frankfurt. Er hat Freie Kunst und Fotografie an der Kunstakademie Düsseldorf studiert und lernte an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Zürich. Diergarten wurde das England-Stipendium des Landes Rheinland-Pfalz zuerkannt, das Hasselblad-Stipendium und ein Aufenthalt im Künstlerhaus Schloss Balmoral. Seit dem Pfalzpreis habe es etliche Retrospektiven seiner Arbeiten in der Pfalzgalerie, in der sanierten Alten Post in Pirmasens und in Speyer gegeben, sagt Diergarten. Das Frankenthaler Kunsthaus sei zwar vom Rahmen her kleiner, dennoch habe er sich etwas Neues einfallen lassen wollen. Eins der Motive aus Frankenthal lieferte ihm das Hochhaus in Sichtweite des Kunsthauses – Ansichten von Vorder- und Rückseite will er mitten in einen der Ausstellungsräume hängen. Doch noch tüftelt er am Konzept der Ausstellung. Er arbeite gerne auf den letzten Drücker, erzählt Diergarten. So sind einige der Frankenthal-Motive noch nicht abgezogen. Fünf bis zehn Bilder habe er in petto. Im Mittelpunkt wird sein U-Bahn-Projekt Metropolis stehen. In 18 der europäischen Hauptstädte mit U-Bahn hat er dafür fotografiert. Eine jede Metro besitze ihren eigenen Charakter: In Lissabon finden sich die traditionellen portugiesischen Fliesen, in Skandinavien habe man den nackten Stein belassen, in den die Röhren gehauen sind, Prag führe mit langen Rolltreppen östlicher Prägung tief in den Untergrund. Hängen will er die Aufnahmen nach den vier Himmelsrichtungen – wie, darüber brüte er noch. Auch über die Befestigung. Das Schnursystem im Kunsthaus reiche für seine Pläne nicht. Jetzt experimentiert er mit speziellem Kleber. Von der Hasselblad aufs iPhone umgestiegen ist Diergarten bei einem „Projekt, das keins war“. Nicht konzeptionell, sondern eher beiläufig entstanden Fotos einer Pilgerreise, die er im Vorraum zeigen will, teils mit Monitoren. Öffnungszeiten „Fotobilder“ von Götz Diergarten im Kunsthaus Frankenthal, Hans-Kopp-Straße 22, vom 18. Februar bis 19. März, geöffnet dienstags bis sonntags 14 bis 18 Uhr. Zur Vernissage am Freitag, 17. Februar, um 18.30 Uhr hält Bea Dieker, Schriftstellerin und Künstlerin, eine Laudatio. Musik: Sabine Hund und Guido Paliot.

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