Frankenthal Saubere Sache

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Es hat gewiss einige Überwindung gekostet, bei Minusgraden zum Rathausplatz zu laufen und dort die Überreste von Böllern und Raketen einzusammeln. Doch die Mitglieder der Ahmadiyya Muslim Jamaat Frankenthal haben sich an Neujahr aufgerafft und zehn Müllsäcke mit Hinterlassenschaften der Silvesternacht gefüllt .

Während einige ausdauernde Nachtschwärmer am frühen Morgen nach Hause kamen und andere sich nur zum Gassigehen mit dem Hund nach draußen wagten, waren 20 Mitglieder der Gemeinde bereits in Aktion. Erst wurde gemeinsam gebetet, dann zusammen gefrühstückt, bevor es kurz vor sieben Uhr zum Rathausplatz ging, wie Faraz Ahmed, Jugendbeauftragter der Gemeinde erzählte. In dicke Jacken, Handschuhe und Mützen gehüllt, waren sie mit Greifzangen und mit den Händen zugange, füllten große Säcke. Wegen des Frosts war das absolut nicht angenehm, bestätigten die Helfer. Doch diese selbst gestellte Aufgabe ist für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen sozusagen Ehrensache, wie Umair Khalid sagte. Die Aktion werde seit rund 20 Jahren bundesweit durchgeführt, in Frankenthal seit 1995. Damit wolle man den Bürgern etwas zurückgeben für die gute Aufnahme. Die Gemeinde hat derzeit 180 Mitglieder in Frankenthal, überwiegend mit Wurzeln in Pakistan. Bei der Putzaktion würden bewusst Kinder mitgenommen, da sie früh lernen sollen, dass Integration bedeute, zu geben und zu nehmen, wie Khalid betont. Der jüngste „Aufräumer“ diesmal war ein Siebenjähriger. Alle Aktiven sprechen gut Deutsch und legen Wert auf Bildung, was Khalid zufolge der wichtigste Schlüssel für ein gutes Miteinander sei. Schon während der Arbeit hörten sie den städtischen Kehrdienst anrollen, der gleich die Müllsäcke mitnahm. „Wir waren schnell, weil wir gefroren haben“, sagte Faraz. Dass dem so war, sah man an den dampfenden Bechern, die am Bahnhof geholt wurden, weil natürlich noch kein Café geöffnet hatte. Für das neue Jahr wünschen sich die Mitglieder, dass ihre geplante Moschee ab Frühjahr gebaut werden kann. Die Grundsteinlegung hatte im August vergangenen Jahres stattgefunden (wir berichteten). Angesichts der jüngsten Terroranschläge betonten die Anwesenden: „Das ist nicht unser Islam, das hat mit der Religion nichts zu tun.“ Khalid fügte hinzu: „Wir haben unsere Heimat hier und wir wünschen uns, dass wir als Deutsche betrachtet werden, denn die meisten von uns sind Deutsche.“ Die Gemeinde sei jederzeit offen für den Dialog mit Menschen jeder Konfession. |ma

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