Frankenthal Polizei „zwitschert“ bald mit Bürgern

Seit August 2013 ist Polizeipräsident Jürgen Schmitt im Amt. Nicht nur sein Büro im Präsidium Rheinpfalz in der Ludwigshafener Wittelsbachstraße ist renoviert worden. Der Neue hat auch in der Polizeiarbeit eigene Akzente gesetzt: etwa mit einem Pilotprojekt gegen prügelnde Familienväter, einem Arbeitskreis für Sicherheit oder dem Einsatz sozialer Netzwerke wie Twitter.

Der alte Teppichboden ist aus dem Büro des Polizeipräsidenten verschwunden, das Parkett ist wieder zu sehen. An den Wänden hängen neue Bilder – moderne Kunst. Polizeipräsident Jürgen Schmitt will auch die Polizeiarbeit modernisieren. Im Oktober startet ein Pilotprojekt, das deutschlandweit Beachtung findet. Es geht darum, Gewalt gegen Frauen und Kinder einzudämmen, prügelnde Familienväter zu stoppen. „Die Ausgangsfrage ist: Kann man Gewaltexzesse bis hin zu Tötungsdelikten verhindern?“, erläutert Schmitt. Dazu soll ein Netzwerk zwischen Polizei, Staatsanwaltschaft, Jugendamt und Beratungsinstitutionen geknüpft werden. Wenn etwa die Polizei mehrfach verständigt wird, weil in einer Familie die Fäuste fliegen, dann soll das Netzwerk aktiv werden. „Das Jugendamt kann sich beispielsweise erkundigen, ob Lehrern in der Schule bei den Kindern der betroffenen Familie etwas aufgefallen ist.“ Die Polizei könne prüfen, ob Familienmitglieder wegen übermäßigen Alkoholkonsums bekannt sind. „Wir wollen gemeinsam für jeden Fall überlegen, was man tun kann“, so Schmitt. In Wien gebe es bereits ein solches Netzwerk. „Die Kollegen dort haben hervorragende Erfahrungen gemacht. Das Gewaltniveau in den betroffenen Familien konnte deutlich reduziert werden.“ Die Verzahnung von Sozial- und Polizeiarbeit sei in Skandinavien schon weit fortgeschritten. Für Schmitt ist das der richtige Weg. „Dass wir wie in Finnland Sozialarbeiter auf jeder Polizeidienststelle sitzen haben, ist aber noch Zukunftsmusik. Es fehlt auch an Geld“, räumt der 57-Jährige ein. Keine Kosten hat der von Schmitt ins Leben gerufene Arbeitskreis SOS (Sicherheit, Ordnung, Sauberkeit) verursacht. Polizei und Stadtverwaltung treffen sich regelmäßig, um etwa über die Streifenpräsenz oder den Einsatz von Reinigungstrupps an bestimmten Orten der Stadt zu sprechen. Auch wie Stadtverwaltung und Polizei Demonstrationen von Neonazis begegnen, ist ein Thema. Dass aus dem Arbeitskreis vorzeitig die Überlegungen für einen Trinkertreff am Berliner Platz nach außen in die Öffentlichkeit getragen wurden, hat den Polizeipräsidenten geärgert. „Wir müssen das erst mal grundsätzlich diskutieren und dann der Öffentlichkeit die Handlungsmöglichkeiten vorstellen. Erst dann ist eine Debatte sinnvoll. Ich persönlich tue mir mit so einem Treff schwer. “ Für sehr sinnvoll hält der Polizeipräsident den Einsatz sozialer Netzwerke wie Twitter oder Facebook in der Polizeiarbeit. „Twitter ist bestens geeignet, um an die Bevölkerung kurze Sachstände durchzugeben“, verdeutlicht Schmitt. Er führt als Beispiel das Explosionsunglück in Harthausen an, bei dem die Polizei bei der Evakuierung des Dorfs nur auf Radio- und Lautsprecherdurchsagen zurückgreifen konnte. Doch auch bei Volksfesten wie dem Dürkheimer Wurstmarkt oder FCK-Heimspielen in Kaiserslautern könne den Besuchern per Twitter schnell mitgeteilt werden, ob ein Parkplatz überfüllt sei oder ein Unfall eine Zufahrtsstraße blockiere. Noch diesen Monat soll der Twitterdienst starten. Außerdem soll es jeden Monat ein Video geben, das beispielsweise auf Änderungen bei Verkehrsregeln aufmerksam macht. Jürgen Schmitt will ab 2015 über die sozialen Netzwerke eine Dialogplattform zwischen Bürgern und Polizei schaffen. So sollen sich Eltern, die etwa mit Rasern vor einer Kita Probleme haben, per Internet an die Polizei wenden können, die wiederum Geschwindigkeitskontrollen veranlassen könnte. Jürgen Schmitt hat noch viele Ideen. Mit seinem ersten Amtsjahr ist er zufrieden. Er sei Chef einer jungen motivierten Truppe, die Zusammenarbeit mit den Kommunen laufe prima. „Es macht viel Spaß, hier Polizeipräsident zu sein“, sagt der Saarländer. (mix)

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