Frankenthal „Ihn sieht man sonst nur im Fernsehen“

Ab heute wird bei den Nibelungen-Festspielen in Worms Dieter Wedels letzte Inszenierung „Hebbels Nibelungen – born this way“ vorm Dom aufgeführt. Medienvertreter bekamen jetzt bei einer Probe erstmals das ganze Stück zu sehen. Mit dabei: zehn RHEINPFALZ-Leser, die bei unserer Sommertour drei Tage vor der Premiere einen Blick auf Erol Sander und Kollegen werfen konnten.

Fast alle Sommertour-Teilnehmer sind schon mal bei den Nibelungen-Festspielen gewesen und freuen sich darauf, in diesem Jahr bei einer Probe dabei sein zu können. Auch wenn bei einer Medienprobe das Dauerklicken der Kameras die Anweisungen, die Dieter Wedels Mitarbeiter in ihre Funkgeräte sprechen, weit übertönt. Zwölf Kamerateams vom Fernsehen sind laut Monika Liegmann, Pressesprecherin der Wormser Nibelungen-Festspielgesellschaft, an diesem Abend vor Ort. Hinzu kommen unzählige Pressefotografen und Vertreter der schreibenden Zunft. Sie alle dürfen schon heute einen Blick auf die komplette Inszenierung werfen. Denn bei der Premiere am Freitag sind Kameraaufnahmen während der Aufführung nicht erlaubt. Einen ersten Höhepunkt erreicht das Klicken der Fotoapparate, als Intendant und Regisseur Dieter Wedel mit dunkler Sonnenbrille über die Bühne läuft und an einem Tisch im vorderen Teil der 1300 Zuschauer fassenden Tribüne Platz nimmt. Das weckt auch das Interesse unserer Leser. „Ihn sieht man ja sonst nur im Fernsehen“, meint eine der Damen, die den Moment mit ihrer Handykamera festhält. Regieassistent Joern Hinkel erklärt, dass das Stück nun erst zum zweiten Mal unter Aufführungsbedingungen durchgespielt wird: „Alle Schauspieler tragen ihre Kostüme, seit gestern steht das Licht, heute kommen noch die Filmeinspielungen hinzu.“ Bevor es losgeht, hat Hinkel noch eine gute Nachricht: „Laut jüngstem Wetterbericht bleibt es trocken.“ Und so entfaltet der eigentliche Star der Festspiele, der romanische Dom, im Licht der untergehenden Sonne seine volle Wirkung. Auch die bei Besuchern der Kathedrale weniger beachtete Nordfassade, vor der in diesem Jahr nach langer Zeit einmal wieder gespielt wird, bietet eine perfekte Kulisse für den Nibelungenstoff. Da stören selbst die Martinshörner nicht, die zwischendurch die Stimmen der Schauspieler übertönen. Entgegen der Prognose von Hinkel hält Wedel das Stück an keiner Stelle an. Der Regisseur, der das Bühnengeschehen nahezu regungslos verfolgt, lässt knapp drei Stunden lang durchspielen, unterbrochen nur von einer 25-minütigen Pause, die es auch während der regulären Aufführungen geben wird. „Ob Wedel wohl zufrieden war?“, fragt sich RHEINPFALZ-Leserin Ingrid Flohr-Prüfer aus Bobenheim-Roxheim, die jedes Jahr die Nibelungen-Festspiele besucht. Man kann es nicht einmal erahnen. Am Ende stecken Wedel und Hinkel die Köpfe zusammen und diskutieren. „Richtig zufrieden ist er als Regisseur eigentlich nie“, sagt hinterher Liegmann über ihren als Perfektionisten geltenden Chef. Dass er seine Schauspieler an keiner Stelle unterbrochen hat, sei aber ein gutes Zeichen, meint die Pressesprecherin. Den RHEINPFALZ-Lesern hat es jedenfalls gefallen. Ein Sonderlob gab es für Erol Sander, der den finsteren König Etzel spielt. Auch wenn wir vor der Premiere keine Details über die Inszenierung nennen dürfen – so viel sei verraten: Als Reiter macht Sander, der bei den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg mehrere Jahre den Winnetou gegeben hat, eine gute Figur. Liegmann verweist auf die Werbewirksamkeit des seit 2002 gespielten und deutschlandweit beachteten Großereignisses für Worms: „Jedes Jahr erzielen die Festspiele eine Medienrendite von 60 bis 80 Millionen Euro.“ Interessierten rät sie, sich mit dem Ticketkauf zu beeilen: „Wir sind schon jetzt gut ausgelastet.“ (gnk)

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