Frankenthal Frivoles vom Friedhof

Man hat sie schon einzeln im Theater Alte Werkstatt erlebt, am Samstag waren sie gemeinsam auf der Bühne mit musikalischem Theaterkabarett: Alice Hoffmann und Bettina Koch zogen in ihrem Programm „Die Ähn und das Anner“ oft nicht ganz jugendfrei vom Leder.

In der Pfalz haben sie beide Migrationshintergrund: Bettina Koch alias Elvira Notnagel stammt aus Hessen und ist „die Ähn“, „das Anner“, wie schon am Artikel erkennbar, stammt natürlich aus dem Saarland. Alice Hoffmann, sonst bekannt als Vanessa Backes oder Hilde Becker, und natürlich outfitmäßig in Kittelschürze, rosa Strickjacke und bewaffnet mit ihrer Megahandtasche, lernt auf dem Friedhof die modisch fragwürdig aufgebrezelte Elvira kennen, die hier mit ebenso großem Einkaufs-Ungetüm auf Witwerschau verweilt. Hier reflektieren beide Damen über das Thema Nummer eins: Geld. „Ohne Kohle is nix los“ heißt es schließlich schon im Eingangslied. Hessisch trifft also auf Saarländisch, quasi-mondän auf quasi-altbacken. Sie könnten verschiedener nicht sein – und gleichen sich doch so. Beide Frauen sind frustriert („Burn-out ist was für Anfänger, ich bin schon bei Fuck-off“), betrachten den Friedhof als „Fassbock“, Pardon Facebook, für ältere Frauen. Eigentlich will Hoffmann ja gar nicht unter die Gürtellinie gehen, was natürlich nicht eingehalten wird, sehr zum Vergnügen der Zuschauer im berstend vollen Saal. Und schnell kommen die Damen von der Dehydrierung und daraus resultieren Faltenbildung („wer morgens zerknittert aufwacht, hat tagsüber jede Menge Entfaltungsmöglichkeiten“) zur Eigenurinbehandlung, einem Tipp aus der Rentner-Bravo, der Apothekenrundschau, und stellen anschaulich die Pipi-Pappe, das Wegwerfurinal für die Frau, in verschiedenen Ausführungen vor. Bettina Koch hat schon mal den einen oder anderen schlüpfrigen Männerwitz dabei und denkt gerne über die eigene Beerdigung nach, bei der der Pfarrer ein George-Clooney-Verschnitt sein muss. Hoffmann stellt die Feier nach deren Wünschen nach und intoniert überraschend gekonnt eine Arie aus Orpheus und Eurydike. Aber das Totsein hält Koch nicht lange aus, lieber rappen die beiden zu „Ich wär so gerne Millionär“ von den Prinzen was das Zeug hält und geben sich „jung bis 80 Jahre“ im Hip-Hop-Style, bis das böse Wort „Motherf...“ von Hoffmann laut gebrüllt als „Wasserkacker!“ den Endpunkt des Songs setzt. Und schon sind die beiden in der Steinzeit gelandet, während sie überlegen, woher eigentlich das Geld kommt („mit Bezahlen verplempere man ja das meiste“). Bettina Koch hat große Fähigkeiten im Töpfern, also biete sie „Dippe“ an, die sie gegen andere Ware tauschen möchte, will aber die Flechtsandalen von Hoffmann nicht. Also erfindet die so nebenbei die Kloschüssel, tut sich mit der Partnerin zusammen und macht nun das große Geld mit ihrer „Hilderoy & Koch“-Firma. Außerdem erörtern die Damen das Aussterben der Dinosaurier, die „zu viel Panzer, aber zu wenig Hirn“ haben. Aber das sei ja heute bei den Saudis, Amis und Deutschen nicht anders. Wie schwer es ist, an einen Kleinkredit in einer Bank zu kommen, die Millionen verschiebt, zeigte der nächste Sketch, in dem Alice Hoffmann den knallharten Bankangestellten gibt und den Kreditwunsch in einen Knebelvertrag ummünzt. „Geld ist eben ein Fiasko“ sinniert Koch, was Hoffmann mit „Pfui“ quittiert, denkt sie doch schon wieder in der untersten Schublade. Zum Höhepunkt kommen die beiden dann in einer in Rotlicht getauchten Ehebettszene, in der sie schlechten Sex zelebrieren, bei dem das Publikum natürlich kreischt. Damit das aber nicht als Letztes hängen bleibt („schlecht für’s Karma, ka-ma net mache“), gibt’s noch mal Musik, und das Publikum wird zum Tanzen aufgefordert.

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