Donnersbergkreis Zeitmaschine, Clowns und Athleten

Zum ersten Mal macht der Circus Roncalli in Worms Station. Noch bis morgen heißt es auf dem Festplatz: Manege frei. Zur Premiere am Mittwochabend war das rund 1500 Zuschauer fassende Zelt fast komplett gefüllt. Nach zweieinhalb kurzweiligen Stunden Varieté, Akrobatik und Clownerie gab es für die Künstler des Jubiläumsprogramms „Salto Vitale“ stehenden Applaus.

Die Aufführung beginnt schon vor der eigentlichen Show. In dem mit tausenden Glühbirnen erleuchteten Zelt werden die Besucher von den Künstlern begrüßt. Die machen Späße mit ihnen, malen rote Herzen auf Wangen und rote Punkte auf Nasen, stehen für Selfies bereit, überschütten Gäste hinterrücks mit Konfetti oder laden sie zum Mitjonglieren ein. Sobald das Licht ausgeht, ist es mucksmäuschenstill. „Herzlich willkommen an der Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit“, sagt zur Begrüßung Yann Rossi, laut Roncalli einer der letzten klassischen Weißclowns. Und weiter: „Werden Sie Kind, werden Sie Clown. Manege frei, das Spiel beginnt!“ Das Spiel dauert gut zweieinhalb Stunden und taugt tatsächlich bestens dazu, den hektischen Alltag kurz zu vergessen. Da ist Jimmy Saylon mit seiner verblüffenden Steampunk-Zeitmaschinen-Nummer. Der italienische Illusionist, dessen Assistentinnen sich wie von Geisterhand vermehren, verschwindet mitten in der Manege, um im nächsten Moment im hintersten Rang wieder aufzutauchen. Da beweist Andrej Ivakhnenko im roten Igelkostüm auf dem Schlappseil absolute Schwindelfreiheit. Victor Minasov macht in einem riesigen Luftballon Turnübungen und zelebriert später im Programm mit Ehefrau Elena die womöglich schnellsten Kleiderwechsel der Welt. Kelly und Alexandra Saabel verschmelzen bei ihrer akrobatischen Handstandnummer. Und wenn sich die Spanier Yves und Ambra Nicols katzengleich in goldenen Tüchern zur Zeltkuppel emporwinden, halten alle die Luft an. „Salto Vitale“ sei eine Art „Best of“ der bisherigen Programme des Circus und laufe parallel zu einer weiteren deutschlandweiten Tournee, erklärt Roncalli-Pressesprecherin Meike Schütte der RHEINPFALZ in der Pause. Die Kombination aus Kleinkunst, Varieté, klassischer Zirkusartistik und Komik, die das 1975 von Bernhard Paul gegründete Unternehmen bietet, nennt sie marketinggerecht „Circuskunst zwischen gestern und morgen“. Auf Wildtiere wird komplett verzichtet. In der Show treten nur Pferde und Hunde auf. Das Publikum, das muss so sein, wird kräftig eingebunden. Der fantastische Gabor Vosteen, virtuoser Blockflötist und galanter Komiker, bittet erst mit fünf Flöten, gleichzeitig geblasen, zum Ein-Mann-Konzert, um dann wahllos ausgewählten Zuschauern in der Manege Flötentöne beizubringen. Solche Späße treffen gerne prominente Zuschauer auf den Logenplätzen. In diesem Fall ist es Sascha Kaiser, Geschäftsführer der städtischen Kultur- und Veranstaltungsgesellschaft, der mit Minibecken Luftsprünge machen muss. Vosteen ist der Publikumsliebling. Erst recht, wenn der Schlacks ohne seinen dunklen Anzug – das Becken nur von Blockflöten bedeckt – mit dem Roncalli-Ballett den Bananentanz aufführt. Auch während der Umbauten bleibt kaum ein Auge trocken. Da schleudert Sergej Maslenikov, Pausenclown im besten Sinne, einen Besen in die Zuschauer, lässt aber nicht los. Später zwingt er eine Frau in der ersten Reihe zur Wassertopf-Jonglage. Was diese nicht weiß: Maslenikov verstöpselt den Topf heimlich, bevor er ihn umwirft. So kriegt die Arme zwar einen riesigen Schreck, bleibt aber trocken. Das Publikum ist begeistert und lässt sich beim Finale gerne von den Künstlern zum Wiener Walzer auffordern. Als Yann Rossi ganz zum Schluss das Lied vom traurigen alten Clown anstimmt, wird es melancholisch. Dann ist die Show vorbei, und es geht wieder raus in den Alltag. Termine Der Circus Roncalli gastiert auf dem Wormser Festplatz. Weitere Aufführungen finden noch am heutigen Samstag, 15.30 und 19.30 Uhr, und morgen, Sonntag, 11 und 15 Uhr, statt. Karten sind an der Circuskasse, im Internet unter www.roncalli.de oder unter Telefon 01806 150555 erhältlich.