Eisenberg Warum die Staufer Lehmgrube so wichtig für die Natur ist

 Markus Setzepfand, Matthias Kroner, Bernhard Schmitt, Udo Weller (mit Kamera) und Hendrik Geyer (Von links) erkunden das Leben
Markus Setzepfand, Matthias Kroner, Bernhard Schmitt, Udo Weller (mit Kamera) und Hendrik Geyer (Von links) erkunden das Leben in der Lehmgrube.

Was lebt in der Staufer Lehmgrube? Dieser Frage sind Naturliebhaber jetzt nachgegangen. Neben allerlei Tieren, die Freude machen, haben sie allerdings auch welche entdeckt, die in der Grube eigentlich nichts zu suchen haben.

Der Naturschutzverein Pollichia Donnersbergkreis und die Stiftung Natur und Umwelt in Mainz hatten zum Tag der Artenvielfalt in die Staufer Lehmgrube eingeladen. Das Grundstück gehört der Pollichia und liegt zwischen Eisenberg und Ramsen unterhalb von Stauf. Rund 20 Personen waren der Einladung gefolgt, allerdings fast ausnahmslos Fachleute auf ihrem Gebiet. Menschen, die „einfach nur“ an der Natur interessiert sind, waren keine gekommen, obwohl die Veranstaltungen des „forschenden Naturschutzvereins“ Pollichia grundsätzlich kostenlos sind.

Wie sieht es in der Lehmgrube aus?

Das Kernstück des Grundstücks ist die mit Wasser gefüllte Lehmgrube, eingebettet in üppiges Grün und vom Weg aus kaum zu sehen. „Die Grube hat je nach Jahreszeit einen unterschiedlich hohen Wasserstand, derzeit abnehmend, im Ufergebiet mit Verlandungsbereichen, die trocken fallen, aber auch mit im Wasser wachsenden Pflanzen“, erklärt Markus Setzepfand, Forstwirt und Baumwart. Neu entdecken konnten die Pollichia-Mitglieder und ihre Gäste das Sumpf-Labkraut, das mit seinen kleinen weißen Blüten im Uferbereich zu finden ist. „Auch Wasser-Sumpfkresse und Haarblättriger Wasserhahnenfuß, der gerne und gut in stehenden oder langsam fließenden Gewässern gedeiht, haben wir gesehen“, sagt Setzepfand. Charakteristisch und besonders reizvoll seien an dem Grundstück die vielen verschiedenen Standorte und Bodenbeschaffenheiten, von sumpfig und nass bis hin zu trocken sei alles dabei. So gibt es beispielsweise auch einige Brennnesselhecken, die auf einen mit genügend Stickstoff angereicherten Boden hindeuten und die ideal sind als Nahrung für die Raupen von Schmetterlingen. Etwas Fachwissen zum Angeben: Die Raupen des Tagpfauenauges mögen die Triebspitzen von Brennnesseln, die von Mai bis August an der Sonne und windgeschützt wachsen, die Raupen des Admirals hingegen nagen von Juni bis September an den Blattstielen von Brennnesseln im Halbschatten. „Also ruhig auch im eigenen Garten mal einige Brennnesseln stehen lassen“, empfiehlt der Fachmann.

Was ist am Wegesrand zu sehen?

An den trockenen Wegrändern des Pollichia-Grundstücks findet sich das Kleine Mädesüß, das mit seinen charmant weißen Blüten auffällt. Die Amphibien aus dem Gewässer sind nicht zu überhören. Der im Februar verstorbene Michael Leible war ein besonderer Experte auf dem Gebiet der Amphibien und hatte schon vor Jahren festgestellt, dass in dem stillgelegten Sand- und Tonabbaugebiet auch Pionierarten wie die seltenen Gelbbauchunken, Kreuzkröten, Geburtshelferkröten und Wechselkröten vorkommen.

Welche Vögel gibt es?

Die Ornithologin Margrit Franke von der Pollichia konnte verschiedene Vögel an ihren Rufen ausmachen: einen Buntspecht und auch eine Nachtigall, einen Teichrohrsänger, einen Zilpzalp und auch eine Mönchsgrasmücke. „Gesehen haben wir einen Graureiher, ein Blesshuhn und ein Teichhuhn, wobei ich vergeblich einen Neuntöter gesucht, aber heute nicht gefunden habe, was nicht bedeutet, dass es ihn hier nicht gibt – wir haben ihn nur nicht gesehen oder gehört“, sagt die Fachfrau.

Spinne oder Insekten?

Der entscheidende Unterschied zwischen Spinnentieren und Insekten ist die Anzahl der Beine, weiß Hendrik Geyer von der Stiftung Natur und Umwelt (SNU) aus Mainz: Spinnen haben acht Beine, Insekten nur sechs. „Ich konnte heute eine Springspinne der Art Dunkler Sichelspringer finden, die sechs bis acht Millimeter groß ist und deren acht Augen charakteristisch für sie sind – sie kann 360 Grad rund sehen und mit einigen Augen sogar zoomen“, erklärt er. Interessant war auch seine Entdeckung einer Labyrinth-Spinne, die – gerne in Brombeerhecken – ein außergewöhnliches Netz mit einem Tunnel baut. „Sie erinnert mich immer an Aragog aus Harry Potter. Sie sitzt in ihrem Tunnel, wartet auf Beute, die sie sofort erkennt, weil dann das ganze Netz vibriert. Daraufhin kommt sie aus ihrem Tunnel und fängt die Beute“, so Geyer.

Welche Libellen werden entdeckt?

Die Hufeisen-Azurjungfer gehört zu den Libellenarten, die am Grundstück gesichtet wurden. „Die kleine blaue Libelle gehört zur Familie der Schlanklibellen mit einer Flügelspannweite von maximal fünf Zentimetern, auffällig ist ein schwarzes U auf ihrem Hinterleib“, sagt Geyer. Die große Pechlibelle hat auf ihrem Hinterleib ein blaues Segment, das scharf abgegrenzt ist vom schwarzen Rest, die Große Königslibelle hat auch einen blauen Hinterleib, aber einen grünen Kopf und Torax, der aussieht, als habe er eine Nase – sie ist eine der größten Libellen in Mitteleuropa und ein großer Jäger, sie frisst auch andere Libellen. Beide Libellenarten konnten am Grundstück gesichtet werden, ebenso wie die Federlibelle, erkennbar an den markanten Borsten an den Beinen.

Gibt’s auch Schmetterlinge?

Na klar doch. Einer der Pollichia-Experten vor Ort war Udo Weller, seit 17 Jahren Mitglied der Pollichia und deren Rechnungsführer. Sein Fachgebiet sind Schmetterlinge, von denen er den Besuchern auf dem naturbelassenen, sieben Hektar großen Grundstück einige zeigen konnte. „Mein Schwerpunkt sind Bläulinge, von denen wir heute einige entdecken konnten, aber auch das Kleine Wiesenvögelchen, den Schachbrettfalter, das Große Ochsenauge, den Schlehenzipfelfalter, das Fünf-Fleck-Widderchen und den Dickkopf-Falter, der einen auffällig breiten Kopf hat, haben wir heute gesehen“, fasst er zusammen.

Was machen die Fische da?

„Leider mussten wir auch eine negative Beobachtung machen: Jemand hat widerrechtlich Kois, große Goldfische oder Zierkarpfen hier ausgesetzt, die natürlich den Amphibienlaich auffressen“, sagt Matthias Kroner, stellvertretender Vorsitzender der Pollichia Donnersbergkreis. Insgesamt waren die Mitglieder der Pollichia und Hendrik Geyer von der Stiftung Natur und Umwelt in Mainz zufrieden mit ihren Entdeckungen. Letztere werden nun in der Meldeplattform „Artenfinder“ eingetragen und so dem amtlichen Naturschutz zur Verfügung gestellt. Artenfinder ist eine Plattform für Tier-, Pflanzen und Pilzbeobachtungen, auf der naturinteressierte Personen in Rheinland-Pfalz Artenbeobachtungen melden können.

Internet

https://pollichia-donnersberg.de

https://snu.rlp.de/de

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