Donnersbergkreis „un mir fangen äfach an“

„Das ist die klarste Kritik der Welt, wenn jemand neben das, was ihm missfällt, einer was Eigenes, Besseres stellt“ – das Zitat von Emanuel Geibel prangt in schönen, bunten Lettern an der Giebelseite des Saales im Obergeschoss der alten Gerbacher Schule. Wie passend für das, was sich am Samstag dort abspielt und schon im Vorfeld für vielfältigen Gesprächsstoff in der rund 600 Einwohner zählenden Appeltalgemeinde sorgte (wir berichteten).

Die Gemengelage ist derzeit ebenso komplex wie einfach. Es tut sich viel im Dorf. Die Straßen in Gerbach werden ausgebaut, ein Dorfmittelpunkt wird geschaffen, die Appeltalhalle ist saniert. Schon jetzt ist Geld Mangelware und wird es erst recht nach Abschluss der genannten Maßnahmen sein. Die Wunschliste ist ebenso lang und groß wie die Vorgaben, die von Behörden gemacht werden. Abhilfe kann Eigenleistung schaffen, denn zumindest in bescheidenem Rahmen finden sich immer wieder Geld- und Sachspender. Auf der anderen Seite stehen neben Europa- auch Kommunalwahlen an. In Gerbach gibt es für das Amt des Ortsbürgermeisters neben dem Amtsinhaber Klaus Hofmann mit Götz Klose einen Gegenkandidaten. So weit zur Ausgangslage für eine Bürgerversammlung, bei der der Herausforderer im Vorfeld seine Sorgen geäußert hatte, dass der Saal mit einer Kapazität von maximal 60 Plätzen nicht ausreichen würde. Am Samstag werden neben den sieben erschienenen Gemeinderatsmitgliedern gerade einmal 15 Stühle für Besucher gebraucht. Und einer davon ist sehr schnell verwaist. Denn Ratsmitglied Gunter Schilling verlässt die seiner Meinung nach nicht legitimierte Versammlung nach wenigen Minuten. Nicht ohne lauthals kundzutun, dass er sich als Ratsmitglied einmal mehr „verarscht“ vorkomme. Unter anderem, weil seit drei Jahren der Beschluss, Wiesengräber auf dem mit Sankt Alban betriebenen Friedhof noch immer nicht umgesetzt sei. Eigentlicher Zweck der Bürgerversammlung: Vorstellung der Projekte, für die in der Gemeinde wegen fehlender Mittel „manpower“, sprich Helfer, gefragt sind. Klaus Hofmann stellt die Projekte Punkt für Punkt vor. Und fragt, wer sich denn für welche Maßnahme vorstellen könne, seine Arbeitskraft einzubringen. Von den Spielplätzen im Dorf und auf dem Schneebergerhof über den Friedhof der beiden Höfe, wo es bei Beerdigungen zu Verkehrsbehinderungen durch parkende Fahrzeuge kommt, bis hin zu den Pflanzinseln in der Höhenstraße, deren Anzahl sich nach dem Ausbau der Landes- und der Kreisstraße vergrößern wird. Die Diskussion um die Pflanzinseln sind symptomatisch für den Nachmittag. Es werden vielfältige Klagen vorgebracht. Von der Arbeit durch herabfallendes Laub, von Missachtung, wenn nur niedrig bepflanzt und die Fläche einfach überfahren wird, von wucherndem Unkraut oder zu Tode gestutzten Bäumen. Und überhaupt: Es gebe ein absolut uneinheitliches Erscheinungsbild, weil eben jeder mache, was er gerade für richtig hält. Der ursprüngliche Sinn der Pflanzinseln, dass die Autofahrer dort ihre Geschwindigkeit reduzieren müssen, ist offensichtlich kaum der Rede wert. Es werden aber auch konkrete Vorschläge gemacht, wie die Sache in geordnete Bahnen gelenkt werden kann. Etwa durch ein vom Gemeinderat zu erarbeitendes Konzept, das von freiwilligen Paten umgesetzt und wiederum vom Rat überprüft werden soll. Das, so Hofmann, funktioniere in den Hofgemeinschaften auf Schneeberger- und Althof, wo es bei der Pflege der Grünanlagen keinerlei Probleme gebe. Und wie sieht’s in der Appeltalhalle aus? Nicht zuletzt dank 1750 freiwillig geleisteter Arbeitsstunden einer im Kern sechs bis acht Personen zählenden Truppe ist die Halle energetisch saniert und auch äußerlich in ein Schmuckstück verwandelt worden, zudem wurden die Installationen auf einen zeitgemäßen Standard gebracht. Doch nun droht der Halle – außerhalb des reinen Sportbetriebs – für andere Veranstaltungen das Aus. Grund: Das Gesundheitsamt hat Auflagen mit sofortiger Vollzugsanordnung gemacht. Die 4500 Euro, die aus Veranstaltungserlösen und Spenden auf einem Sonderkonto angesammelt worden sind, reichen dafür aber bei weitem nicht aus. „Dann machschd Du de Hallechef un ich iwwernemm federführend de Spielplatz, jeder vunn uns zwää suchd sich e paar Leit un mir fangen äfach an.“ Den Vorschlag von Gerhard Glanz in Richtung des ersten Beigeordneten Günter Hill hört Hofmann gerne. Vielleicht geht ja auch der ein oder andere Blick zum eingangs erwähnten Zitat: „Das ist die klarste Kritik der Welt, wenn jemand neben das, was ihm missfällt, einer was Eigenes, Besseres stellt.“

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